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Jack Holborn

Jack Holborn

Titel: Jack Holborn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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über einen Stein gespannt, und bevor der Hammer fiel, fragte er: »Bist du sicher, daß du mich frei haben willst, Jack? Denke gut nach. Mister Fared meint, es sei besser, mich ein bißchen zappeln zu lassen. Und warum eigentlich nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf und wandte mich ab, während der Hammer sechs-, siebenmal zuschlug: bis er frei war.
    »Möchtest du die anderen an Bord verladen lassen?« hörte ich seine verdammte Stimme fragen. »Oder beabsichtigst du, sie wieder zu verkaufen? Wenn du das willst, bitte ich um eine Vergünstigung. Rette meinen Freund Shem – den Pygmäen. Das ist alles, worum ich bitte. Erspare ihm die Schande, verkauft zu werden.«
    (Das ist alles, wie? Das ist alles! Keine sonstigen Kleinigkeiten wie die Sonne für seinen Ringfinger, den Mond für seine Uhrkette?)
    »Komm, Junge, entscheide dich. Wenn wir laden wollen, müssen wir’s jetzt tun«, sagte Kapitän Farmer brüsk. »Wenn du verkaufen willst, verkaufe gleich.«
    »Entscheide dich, Jack.«
    »Was hattest du mit ihnen vor, Jack? Du mußt doch eine Vorstellung gehabt haben?«
    Vorstellung? Ja, vielleicht. In meinem Geistesblitz. Da waren keine Fragen offengeblieben. Alles war gelöst. Aber dieser Blitz war lange vergangen, und ich hatte davon nur noch die ausgebrannte Ruine. Was war zu tun? Was hatte ich vorgehabt? Mich auf den Westindischen Inseln mit meinen kräftigen Sechshundert als Farmer niederzulassen? Sie wieder zu verkaufen? Sie mit mir in die Heimat zu nehmen? Weiß der Himmel!
    »Mache deinen Verlust wieder etwas wett, Junge. Verkaufe!«
    »Komm, Jack. Verkaufe, dann hast du’s hinter dir. Verliere wie ein Mann, und wir fahren alle nach Hause.«
    Das war Mister Trumpets Rat. Dann zupfte Mister Thompson, der mich genau und traurig während des ganzen Trubels des Drängens und Versuchens angesehen hatte, Mister Trumpet beiseite.
    »Sagen Sie den Tausenden Lebewohl. Der junge Herr kann sich nicht zum Verkaufen entschließen. Das Mitleid hat ihm ein solches Loch in die Tasche gerissen, daß eine Million durchgefallen ist. Wo in aller Welt würde er dann kleine dreitausend hinstecken? Sir! Aber trösten Sie sich, guter Mister Trumpet, trösten Sie sich. Unser Freund ist vielleicht ein Narr, aber kein kleiner. Er ist der größte Narr, den ich je die Ehre hatte zu kennen: Sir?«
    Mister Thompsons Worte dröhnten so in meinen Ohren, daß ich mich kaum selber hörte, als ich Mister Fared und den Schmieden zurief: »Laßt sie alle frei! Bis auf den letzten Mann! Laßt auch sie zurück in die Heimat. Wir wollen wenigstens den Fliegen das Nachsehen geben.«
    Dann wandte ich mich an Mister Trumpet und fragte ihn, da ich wieder ein armer Schlucker war, ob er mir die Passage nach Hause bezahlen wollte.
    Da war es denn, daß der befreite Lord Sheringham die Güte hatte zu lächeln, und die Güte, mir die Hand auf die Schulter zu legen, und ich hatte die Güte, sie dort wegzuschlagen.
    Das allerletzte, das ich wollte, war Mitleid. Besser die haßerfüllte Wut der Kapitäne. (»Verrückter kleiner Idiot. Sollte ein Gesetz geben, sollte man verhindern –«), die Verachtung von Mister Fared und Sir Joseph, die Enttäuschung von Mister Trumpet und der tiefe, schwarze Kummer von Mister Thompson … Besser all das und mehr noch als das Mitleid von dem, den ich gerettet hatte.
    Alle schienen nun von mir wegzuschmelzen, denn da ich nichts mehr zu sagen oder zu geben hatte, war ich nicht mehr als ein schlechter Geschmack in ihrem Gedächtnis: der Narr, der den Fuß durch die Eierschale ihrer Reichtümer gestoßen hatte.
    Und wofür? Für Lord Sheringhams Mitleid, sechshundert flüchtige »Dankeschön« und einen Korral, der sich schnell von seinen Sklaven leerte.
    Lord Sheringham sah mich neugierig an. Dann sprach er zu dem Pygmäen, der nicht von seiner Seite gewichen war. »Shem, das ist Jack, von dem ich dir erzählt habe. Du und er habt viel Gemeinsames, finde ich, da ihr, jeder zu seiner Zeit, ähnlich gehandelt habt.«
     
    Nach diesem, der mein größter Augenblick hätte sein sollen, aber irgendwie bitter geworden war, gingen wir langsam und leer zum Hafenkai: zu Mister Thompson, um für meine Erwerbung einen Anzug zu kaufen, und zu Kapitän Farmer für eine Passage in die Heimat.
    Lord Sheringham und Mister Trumpet gingen voran und sprachen leise über den Tod von Mister Morris. Ab und zu blickten sie zurück, ob ich ihnen noch folgte – obwohl schwer zu begreifen ist, warum sie sich die Mühe machten, da ich nichts mehr

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