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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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dieser Mann die Fotos gemacht hat. Dadurch könnten wir ihn weiterer Verbrechen anklagen, sobald wir ihn gefasst haben. Und deshalb erbitten wir die Herausgabe seiner Besitztümer. Im Grunde, meine Herren, ziehen wir doch am selben Strang.«
    Der Lieutenant blieb für einen langen Moment stumm. Dann sagte er zu Sweetzer: »Lassen Sie sich eine Quittung geben.«
    Sweetzers Unterkiefer fiel nach unten, aber er folgte seinem Lieutenant. Nachdem die beiden verschwunden waren, trat ich ganz nahe an Thorson heran.
    »Wenn Sie das nächste Mal Vorhaben, mich so zu benutzen, dann fragen Sie mich gefälligst vorher«, flüsterte ich. »Das hat mir gar nicht gefallen.«
    Thorson grinste.
    »Der gute Ermittler bedient sich sämtlicher Instrumente, die gerade verfügbar sind. Und Sie waren gerade verfügbar.«
    »Stimmte das mit den Fotos und der Kamera-Analyse?«
    »Hat sich doch gut angehört, oder etwa nicht?«
    Die einzige Methode, wie Sweetzer etwas von seinem Stolz retten konnte, bestand darin, uns weitere zehn Minuten warten zu lassen. Endlich erschien er mit einem Karton und schob ihn über den Tresen. Dann forderte er Thorson auf, eine Quittung zu unterschreiben. Thorson wollte vorher den Karton öffnen, aber Sweetzer legte die Hand auf den Deckel, um ihn daran zu hindern.
    »Es ist alles da drin«, sagte Sweetzer. »Unterschreiben Sie endlich die Quittung. Ich habe viel zu tun.« Thorson, der den Krieg gewonnen hatte, ließ ihn die letzte Schlacht gewinnen und unterschrieb die Quittung. »Ich vertraue Ihnen. Es ist bestimmt alles da drin.«
    »Wissen Sie, früher wollte ich einmal FBI-Agent werden.«
    »Seien Sie nicht traurig. Viele Leute bestehen den Test nicht.«
    Sweetzers Gesicht lief rot an.
    »Das war es nicht«, sagte er. »Ich war nur zu dem Schluss gekommen, dass ich lieber ein Mensch bleiben wollte.«
    Thorson hob die Hand und zeigte mit einem Finger wie mit einer Waffe auf ihn.
    »Ein guter Schuss«, sagte er. »Schönen Tag noch, Detective Sweetzer.«
    Auf dem Rückweg zum Wagen konnte ich der Versuchung nicht widerstehen. »Vermutlich haben Sie noch nie davon gehört, dass man mit Zucker mehr Fliegen fangen kann als mit Zitronensaft.«
    »Weshalb Zucker an die Fliegen verschwenden?«, sagte er.
    Er öffnete den Karton erst, als wir im Wagen saßen. Er enthielt die bereits erwähnten Gegenstände in Plastikbeuteln und außerdem einen versiegelten Umschlag mit der Aufschrift: NUR FÜR DAS FBI BESTIMMT. Thorson riss den Umschlag auf und zog ein Foto heraus. Es war ein Polaroid, allem Anschein nach mit einer Tatortkamera aufgenommen: eine Nahaufnahme vom Hintern eines Mannes und Händen, die ihn gepackt hielten und so auseinander zogen, dass der After deutlich zu sehen war. Thorson betrachtete das Foto für einen Moment, dann warf er es auf den Rücksitz.
    »Das ist merkwürdig«, sagte er. »Wie kommt Sweetzer auf die Idee, ein Bild von seiner Mutter dazuzulegen?«
    Ich lachte kurz auf, dann sagte ich: »Das ist das anschaulichste Beispiel von behördlicher Zusammenarbeit, das mir je begegnet ist.«
    Aber Thorson ignorierte die Bemerkung oder hatte sie gar nicht gehört. Sein Gesicht wurde sehr ernst, und er holte den Plastikbeutel mit der Kamera aus dem Karton. Er drehte sie in den Händen, betrachtete sie von allen Seiten, und ich sah, wie sich seine Miene verdüsterte.
    »Diese verdammten Arschlöcher«, sagte er langsam. »Haben die ganze Zeit darauf gesessen.«
    Ich schaute ebenfalls auf die Kamera. Irgendetwas an ihr war merkwürdig. Sie sah aus wie eine Polaroid, war aber mit einer 35-mm-Linse ausgerüstet.
    »Was ist? Stimmt etwas daran nicht?«
    »Wissen Sie, was das ist?«
    »Nein. Was?«
    Thorson antwortete nicht. Er drückte auf einen Knopf und schaltete die Kamera ein. Dann betrachtete er das Display auf der Rückseite.
    »Keine Fotos«, sagte er.
    »Was ist es?«
    Er antwortete nicht. Er verstaute die Kamera wieder in dem Karton, verschloss ihn und ließ den Motor an.
    Thorson jagte den Wagen vom Polizei-Parkplatz herunter und dann die Straße entlang wie ein Feuerwehrfahrzeug bei Großalarm. Er fuhr aufs Gelände einer Tankstelle am Pico Boulevard, bremste und sprang hinaus. Er rannte zum Telefon und wählte eine auswärtige Nummer, ohne Münzen einzuwerfen. Während er auf Antwort wartete, holte er einen Stift und ein Notizbuch aus der Tasche.
    Ich sah, wie er sich etwas notierte, nachdem er ein paar Worte in den Hörer gesprochen hatte. Als er daraufhin wieder kostenlos eine lange

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