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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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von einer steifen Brustwarze hing. Für die beiden war es ein Job gewesen, ein Termin. Sie waren sich vor diesem eingefangenen Moment nie begegnet.
    Er studierte den Ausdruck in den Gesichtern der zwei Frauen, die Art, wie sie sich ansahen, und er konnte keinen Hinweis entdecken, dass das Ganze, wie er wusste, nur Show war. In ihren Mienen wirkte es vollkommen echt, und das war, was seine Erregung weckte. Das Burgverlies und alles andere war mühelos als Vorspiegelung zu durchschauen, aber ihre Gesichter nicht. Nein, die Gesichter erzählten dem Betrachter eine andere Geschichte. Sie verrieten, wer das Sagen hatte und wer sich unterwarf, wer oben war und wer unten.
    Pierce sah das Foto lange an, und dann betrachtete er jedes Foto der Serie, bevor er den Computer ausmachte.

 
     
     
     
     
     
     
     
     
    27
    Am Mittwochabend schaffte es Pierce nicht mehr nach Hause. Obwohl er sich Charlie Condon gegenüber so zuversichtlich geäußert hatte, hatte er das Gefühl, wegen seines Krankenhausaufenthalts im Labor deutlich in Rückstand geraten zu sein. Außerdem war es keine verlockende Vorstellung, in sein Apartment zurückzukehren, wo ihn ein blutiges Chaos und umfangreiche Aufräumarbeiten erwarteten. Deshalb verbrachte er die Nacht damit, im Kellergeschoss von Amedeo Tech die Arbeiten, die Larraby und Grooms in seiner Abwesenheit durchgeführt hatten, zu überprüfen und seine eigenen Proteus-Experimente zu machen. Wie immer verhalf ihm der erfolgreiche Ausgang der Experimente vorübergehend zu frischer Energie. Aber in den Stunden vor Tagesanbruch befiel ihn doch tiefe Müdigkeit, und er ging ins Laserlabor, um dort zu schlafen.
    Das Laserlabor, in dem die genauesten Messungen vorgenommen wurden, hatte dreißig Zentimeter dicke Betonwände und war außen mit Kupfer und innen mit einer dicken Schaumgummischicht verkleidet, um von außen kommende Erschütterungen und Funkwellen abzuhalten, damit sie die im Nanobereich liegenden Messergebnisse nicht verfälschten. Bei den Laborratten hieß es der Erdbebenraum, weil es wahrscheinlich der sicherste Ort des Gebäudes, möglicherweise sogar von ganz Santa Monica war. Die bettgroßen Polsterelemente waren mit Klettbändern an den Wänden befestigt. Es war bei übermüdeten Laborratten allgemein üblich, ins Laserlabor zu gehen, sich ein Polster von der Wand zu ziehen und, solange das Labor nicht benutzt wurde, auf dem Boden zu schlafen. Einige Angehörige des Laborteams hatten sogar spezielle, mit ihren Namen gekennzeichnete Polster, die im Lauf der Zeit die Körperkonturen ihrer Benutzer angenommen hatten. Wenn sie sich an ihrem Platz an der Wand befanden, erweckten die verbeulten Polster den Eindruck, als hätte im Labor eine wüste Schlägerei oder ein Wrestlingturnier stattgefunden, bei dem Körper gegen die Wände geschleudert worden waren.
    Als Pierce nach zwei Stunden Schlaf aufwachte, fühlte er sich ausgeruht und bereit für Maurice Goddard. Im Umkleideraum im ersten Stock gab es Duschen, und Pierce hatte immer Sachen zum Wechseln in seinem Fach. Sie waren nicht unbedingt frisch gewaschen, aber auf jeden Fall ansehnlicher als die Kleider, in denen er geschlafen hatte. Er duschte und schlüpfte in eine Bluejeans und ein beigefarbenes Hemd mit einem Muster aus kleinen Fächerfischen. Goddard und Condon und alle anderen würden sich für die Präsentation in Schale werfen, aber das war ihm egal. Dem Wissenschaftler stand es frei, auf derlei Äußerlichkeiten zu verzichten.
    Im Spiegel stellte er fest, dass die Wundnähte in seinem Gesicht röter und deutlicher zu erkennen waren als am Tag zuvor. Er hatte sich in der Nacht immer wieder das Gesicht gerieben, wenn die Wunden brannten und juckten. Doktor Hansen hatte ihn darauf hingewiesen, dass es dazu kommen würde, dass die Wunden jucken würden, wenn sie heilten. Hansen hatte ihm eine Creme gegen den Juckreiz gegeben, aber er hatte sie in der Wohnung gelassen.
    Pierce beugte sich weiter vor und betrachtete seine Augen im Spiegel. Das Blut in der Hornhaut des rechten Auges war fast vollständig verschwunden. Die violetten Blutergüsse unter beiden Augen verfärbten sich gelb. Er kämmte sich mit den Fingern das Haar zurück und grinste. Er fand, die Reißverschlüsse verliehen seinem Gesicht etwas Unverwechselbares. Dann überkam ihn Scham über seine Eitelkeit, und er war froh, dass niemand im Umkleideraum war und mitbekommen hatte, wie sehr er auf den Spiegel fixiert war.
    Um neun Uhr vormittags war er zurück im

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