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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Labor. Larraby und Grooms waren schon da, und die anderen Laboranten trudelten ein. Man konnte die Luft förmlich knistern spüren vor Spannung. Niemand konnte sich der Aufregung angesichts der bevorstehenden Präsentation entziehen.
    Brandon Larraby war ein großer, hagerer Mann, der dem Brauch, einen weißen Kittel zu tragen, etwas abgewinnen konnte. Damit stand er bei Amedeo ganz allein da. Pierce hielt es für eine Frage der Autosuggestion; sah man wie ein richtiger Wissenschaftler aus, machte man auch richtige Wissenschaft. Pierce war es egal, was Larraby oder sonst jemand anhatte, solange nur die Leistung stimmte. Und das stand im Fall des Immunologen Larraby völlig außer Zweifel. Larraby war ein paar Jahre älter als Pierce und achtzehn Monate zuvor von der Pharmaindustrie zu Amedeo gestoßen.
    Sterling Grooms arbeitete von allen Vollbeschäftigten am längsten für Pierce und Amedeo Technologies. Als Pierces Laborchef hatte er bereits drei Umzüge mitgemacht, angefangen bei dem alten Lagerhaus am Flughafen, wo Amedeo das Licht der Welt erblickt und Pierce das erste Labor noch ganz allein eingerichtet hatte. In Nächten nach einer besonders langen Laborschicht unterhielten sich die beiden Männer manchmal mit nostalgischer Wehmut über die »alten Zeiten«. Da spielte es keine Rolle, dass diese alten Zeiten weniger als zehn Jahre zurücklagen. Grooms war nur zwei Jahre jünger als Pierce und nach Abschluss seiner Promotion an der UCLA in die Firma eingetreten. Trotz zweier Abwerbungsversuche von Konkurrenzunternehmen hatte Pierce ihn halten können, indem er ihm Anteile an der Firma, einen Sitz im Vorstand und eine Beteiligung an den Patenten gab.
    Um neun Uhr zwanzig überbrachte Charlie Condons Assistentin die Nachricht: Maurice Goddard war eingetroffen. Die Vorstellung konnte beginnen. Pierce hängte den Hörer des Labortelefons auf und sah Grooms und Larraby an.
    »Elvis ist im Gebäude«, sagte er. »Können wir?«
    Beide Männer nickten ihm zu, und er nickte zurück.
    »Dann wollen wir diese Fliege mal totklatschen.«
    Das war ein Spruch aus einem Film, der Pierce gefallen hatte. Er grinste. Cody Zeller hätte es kapiert, aber Grooms und Larraby sahen ihn nur verständnislos an.
    »Egal. Ich gehe sie holen.«
    Pierce ging durch die Schleuse und fuhr mit dem Aufzug in den Verwaltungsbereich hoch. Sie waren im Sitzungssaal. Condon, Goddard und Goddards rechte Hand, Justine Bechy, die Charlie Pierce gegenüber Just Bitchy nannte. Sie war eine Juristin, die Goddard den Rücken freihielt und das Tor zu seinen Investitionsreichtümern mit dem alles niederwalzenden Einsatz eines Dreizentnerlineman bewachte, der für den Schutz seines Quarterback zuständig ist. Mit ihnen saß noch Jacob Kaz, der Patentanwalt, an dem großen, langen Tisch, während Clyde Vernon etwas abseits stand, der Inbegriff jederzeit einsatzbereiter Security, falls sie benötigt werden sollte.
    Goddard sagte gerade etwas über die Patentanmeldungen, als Pierce den Raum betrat und seine Anwesenheit mit einem lauten Hallo ankündigte, das jedes Gespräch beendete und zuerst die Blicke, dann die Reaktionen der Anwesenden auf sein verunstaltetes Gesicht lenkte.
    »O mein Gott«, entfuhr es Bechy. »Henry!«
    Goddard sagte nichts. Er sah ihn nur an und hatte, fand Pierce, den Anflug eines erstaunten Lächeln auf den Lippen.
    »Henry Pierce«, sagte Condon. »Der Mann weiß, wie man sich in Szene setzt.«
    Pierce schüttelte Bechy, Goddard und Kaz die Hand und zog sich auf der den Gästen gegenüberliegenden Seite des breiten, polierten Tisches einen Stuhl heraus. Er tippte auf Charlies teuren Anzugärmel, warf Vernon einen Blick zu und nickte. Vernon nickte zurück, aber es sah so aus, als kostete es ihn einige Überwindung. Pierce wurde einfach nicht schlau aus diesem Kerl.
    »Vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für uns genommen haben, Henry«, sagte Bechy in einem Ton, der andeutete, dass es keine Selbstverständlichkeit war, dass das Treffen wie geplant stattfinden konnte. »Wir hatten keine Ahnung, dass Sie so schwer verletzt sind.«
    »Alles nur halb so wild. Sieht schlimmer aus, als es ist. Ich bin seit gestern wieder im Labor und arbeite. Obwohl ich nicht weiß, ob so ein Gesicht und das Labor so gut zusammenpassen.«
    Niemand schien seine bemühte Frankensteinanspielung mitzubekommen. Ein weiterer Fehlversuch für Pierce.
    »Gut«, sagte Bechy.
    »Sie hatten einen Autounfall, hat man uns gesagt.« Es waren Goddards erste Worte seit

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