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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Der Lärm war ohrenbetäubend.
    Pierce sah es zwar nicht, aber er hörte, dass Renner das Feuer erwiderte. Von rechts kamen Schüsse, und er warf sich instinktiv nach links. Er rollte sich über den Boden, und als er in Renners Richtung schaute, sah er, wie der Detective zu Boden ging und dicke Blutstropfen gegen die Wand hinter ihm spritzten. Als er sich in die andere Richtung drehte, sah er, dass Wentz weiter auf ihn zukam. Er saß in der Falle. Wentz war genau zwischen ihm und der Tür zur Schleuse.
    »Licht!«
    Im Labor wurde es dunkel. Wentz’ letzte zwei Schüsse wurden von zwei Lichtblitzen begleitet, dann setzte vollkommene Dunkelheit ein. Um nicht an derselben Stelle zu sein, an der Wentz ihn zuletzt gesehen hatte, wälzte sich Pierce sofort wieder nach rechts. Er richtete sich auf alle viere auf und verharrte in vollkommener Reglosigkeit, während er versuchte, seine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Er lauschte auf Geräusche, die nicht von ihm kamen.
    Rechts hinter sich konnte er einen tiefen, kehligen Laut hören. Er kam entweder von Renner oder Zeller. Verletzt. Pierce durfte nicht nach Renner rufen, denn das hätte Wentz verraten, wohin er seinen nächsten Schuss richten musste.
    »Licht!«
    Es war Wentz, aber der Voice-Reader war nur auf die Stimmen der Laboranten eingestellt. Auf Wentz’ Stimme reagierte er nicht.
    »Licht!«
    Immer noch nichts.
    »Zwei-Meter? Es muss hier auch einen Schalter geben. Such den Lichtschalter.«
    Es kam keine Antwort oder sonst ein Geräusch.
    »Zwei-Meter?«
    Nichts.
    »Zwei-Meter, verdammte Scheiße!«
    Wieder keine Antwort. Dann hörte Pierce schräg rechts vor sich ein Scheppern. Wentz war gegen irgendetwas gestoßen. Dem Geräusch nach zu schließen, war er mindestens fünf Meter entfernt. Wahrscheinlich befand er sich in der Nähe der Schleuse und suchte seinen Begleiter oder den Lichtschalter. Pierce wusste, dass ihm nicht viel Zeit blieb. Der Lichtschalter war zwar nicht direkt neben der Schleusentür, aber nur zirka zwei Meter von ihr entfernt an der Schalttafel für die Elektrik.
    Pierce drehte sich um und kroch lautlos, aber rasch zum Mikroskoptisch zurück. Er erinnerte sich an die Pistole, die der Detective Zeller abgenommen hatte.
    Als er den Tisch erreichte, streckte er den Arm nach oben und tastete mit der Hand über die Tischplatte. Seine Finger fuhren durch etwas Dickes und Feuchtes, und dann berührten sie etwas, was sich eindeutig als Nase und Lippen identifizieren ließ. Zuerst zuckte er angewidert zurück, doch dann fasste er sofort wieder hin und ließ seine Finger über das Gesicht nach oben wandern, über die ganze Schädeldecke bis an den Hinterkopf, wo sie den Haarknoten fanden. Es war Zeller. Und wie es schien, war er tot.
    Nach kurzem Zögern setzte Pierces Hand die Suche fort, bis sich seine Finger endlich um die kleine Pistole schlossen. Er drehte sich in Richtung Schleuse. Dabei stieß er mit dem Schienbein unter dem Tisch gegen einen Abfalleimer, sodass dieser scheppernd umfiel.
    Pierce zog den Kopf ein und rollte sich über den Boden. Im selben Moment krachten auch schon zwei Schüsse durch das Labor, und zweimal sah er für Sekundenbruchteile Wentz’ Gesicht im Dunkeln aufleuchten. Pierce erwiderte das Feuer nicht, er war zu sehr damit beschäftigt, aus Wentz’ Schussfeld zu kommen. Er hörte das unverkennbare flopp flopp der für ihn bestimmten Kugeln, die am anderen Ende des Laserlabors in die Kupferverkleidung schlugen.
    Um besser kriechen zu können, steckte Pierce die Pistole in die Tasche seiner Jeans. Wieder konzentrierte er sich darauf, sich und seine Atmung zu beruhigen, bevor er schräg nach links robbte.
    Er streckte die Hand aus, bis er die Wand berührte, und versuchte sich zu orientieren. Dann kroch er lautlos an der Wand entlang weiter, bis er den Durchgang zum Leiterlabor erreichte, was er daran erkannte, dass es stärker nach verbranntem Karbon roch. Von dort steuerte er auf das dahinter liegende Bildgebungslabor zu.
    Als er langsam aufstand, lauschte er angespannt auf irgendwelche Geräusche in seiner unmittelbaren Nähe. Nach einer Weile kam vom anderen Ende des Raums ein metallisches Schnalzen. Pierce erkannte darin das Geräusch eines Magazins, das aus einer Pistole entfernt wurde. Er hatte nicht viel Erfahrung mit Schusswaffen, aber das Geräusch schien zu dem zu passen, was er sich vorstellte: Wentz, der entweder nachlud oder nachsah, wie viel Schuss er noch in seinem Magazin hatte.
    »Hey, Schlauberger.«

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