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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Gedanke vor: Was tue ich da?
    Es war eine gute und berechtigte Frage. Eigentlich sollte er den Computer ausmachen, sich am Montag eine neue Nummer zulegen und sich dann auf die Arbeit konzentrieren und das Ganze vergessen.
    Aber das konnte er nicht. Er schloss Lillys Seite und kehrte zur Homepage zurück. Dann klickte er wieder die Blonden Begleiterinnen an und verschob die darauf erscheinenden Thumbnails nach oben, bis er das Foto mit dem Namen Robin darunter fand.
    Er öffnete die dazugehörige Seite. Wie angekündigt, war die Frau namens Robin blond. Sie lag auf dem Rücken nackt auf einem Bett. Auf ihrem Bauch befand sich ein Haufen roter Rosenblätter, die strategisch so platziert waren, dass sie ihre Brüste und ihr Geschlecht teilweise verdeckten. Sie hatte ein rotes Lippenstiftlächeln. Unter dem Foto war ein blaues Band, das die Echtheit des Fotos bestätigte. Er scrollte weiter zum Begleittext.
     
    American Beauty
    Hallo, meine Herren. Ich heiße Robin und bin das Mädchen, von dem ihr schon immer geträumt habt. Ich bin ein naturblondes, blauäugiges All-American-Girl. Ich bin vierundzwanzig Jahre alt, 95–75–90 und fast 1,80 groß. Ich rauche nicht, aber ich stehe auf Champagner. Ich kann zu dir kommen, oder du kannst zu mir kommen. Es ist egal, weil ich dich nicht zur Eile drängen werde. Du bekommst die totale GFE. Und wenn du doppelten Spaß haben möchtest, solltest du unter Brünette die Seite meiner Freundin Lilly aufsuchen. Wir arbeiten im Team – an dir oder an uns selbst! Ruf einfach an. Du wirst garantiert auf deine Kosten kommen!
    Bitte nur VIPs.
     
    Unter dem Text standen eine Telefon- und eine Handynummer. Ohne sich viel dabei zu denken, schrieb Pierce sie auf seinen Notizblock. Dann scrollte er wieder zum Foto zurück. Robin war attraktiv, aber nicht auf Lillys unwiderstehliche Art. Sie hatte einen harten Zug um Mund und Augen und einen kälteren Blick. Sie entsprach mehr dem, was Pierce auf einer dieser Internetseiten zu finden erwartet hätte. Lilly nicht.
    Pierce las den Text noch einmal und überlegte, was eine »totale GFE« sein könnte. Er hatte keine Ahnung. Dann merkte er, dass der Text beider Internetseiten – Robins und Lillys – wahrscheinlich von derselben Person verfasst worden war. Darauf deuteten Ähnlichkeiten im Aufbau und in bestimmten Redewendungen hin. Beim Betrachten des Fotos fiel ihm außerdem auf, dass auf beiden Bildern dasselbe Messingbett verwendet worden war. Um es nachzuprüfen, ging er noch einmal auf Lillys Seite.
    Es war dasselbe Bett. Er wusste nicht, was das bedeutete, außer dass es bestätigte, dass die zwei Frauen zusammenarbeiteten.
    Der Hauptunterschied, der ihm anhand der zwei Texte auffiel, war, dass Lilly Kunden nur in ihrem Apartment empfing. Robin dagegen suchte die Kunden auf oder ließ sie zu sich kommen. Wieder wusste Pierce nicht, ob das in der Welt, in der sie lebten und arbeiteten, etwas zu bedeuten hatte.
    Er lehnte sich in seinen Sessel zurück, schaute auf den Computerbildschirm und überlegte, was er als Nächstes tun sollte. Er sah auf die Uhr. Es war fast elf.
    Abrupt beugte er sich vor und griff nach dem Telefon. Mit einem Blick auf seine Notizen wählte er die Nummer, die er von Robins Seite hatte. Er war schon dabei, die Geduld zu verlieren und nach dem vierten Läuten aufzulegen, als sich eine Frau mit einer rauchigen, schläfrigen Stimme meldete.
    »Äh, spreche ich mit Robin?«
    »Ja.«
    »Entschuldigung, habe ich dich geweckt?«
    »Nein, ich bin wach. Wer ist am Apparat?«
    »Ähm, ich bin Hank. Ich, äh, habe auf L. A. Darlings deine Seite gesehen. Rufe ich zu spät an?«
    »Nein, überhaupt kein Problem. Was ist Amedeo Techno?«
    Er merkte, sie hatte Anruferidentifizierung. Ihn durchfuhr ein Schock der Angst. Angst vor einem Skandal, Angst davor, dass Leute wie Vernon etwas Geheimes über ihn erfuhren.
    »Eigentlich heißt es Amedeo Technologies. Dein Display zeigt wahrscheinlich nicht den ganzen Namen an.«
    »Ist das, wo du arbeitest?«
    »Ja.«
    »Bist du Mr. Amedeo?«
    Pierce lächelte.
    »Nein, einen Mr. Amedeo gibt es nicht. Nicht mehr.«
    »Echt? Das ist aber schade. Was ist aus ihm geworden?«
    »Amedeo war Amedeo Avogadro. Er war ein Chemiker, der vor etwa zweihundert Jahren als Erster den Unterschied zwischen Molekülen und Atomen erkannte. Das war eine wichtige Entdeckung, aber er wurde fünfzig Jahre lang, bis nach seinem Tod, nicht ernst genommen. Er war bloß ein Mann, der seiner Zeit voraus war. Die

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