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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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die sie aufnehmen und transportieren würden. Das war der Bereich der molekularen Computertechnik, in dem Pierce schon vor langem die größten Chancen für Amedeo Tech gesehen hatte.
    Im Labor entwarfen und bauten Pierce und die Mitglieder seines Teams eine breite Vielfalt von Blumenketten aus molekularen Schaltern, die raffiniert zu logischen Schaltungen verknüpft wurden, die den Grundbaustein der Computertechnik bilden. Die meisten Patente, die Pierce und Amedeo hatten, lagen in diesem Bereich oder auf dem verwandten Gebiet molekularer RAMs. Einige wenige andere Patente hielten sie für die Entwicklung von Überbrückungsmolekülen, das Gerüst aus stabilen Karbonröhren, mit denen eines Tages die Hunderttausende von Nanobasisschaltkreisen zu einem Computer verbunden würden, so klein wie ein Dime und so leistungsstark wie ein digitaler Truck.
    Bevor er mit der Durchsicht der neuen Patentanmeldungen begann, lehnte sich Pierce in seinen Sessel zurück und blickte an der Wand hinter seinem Computerbildschirm hoch. Dort hing eine Karikatur von Pierce, wie er mit fliegendem Pferdeschwanz und weit aufgerissenen Augen, als hätte er gerade eine sensationelle Entdeckung gemacht, ein Mikroskop hielt. Die Überschrift lautete: »Henry hört ein Hu!«
    Sie war von Nicole. Sie hatte sie einen Künstler am Pier zeichnen lassen, nachdem Pierce ihr von seiner schönsten Kindheitserinnerung erzählt hatte: sein Vater, wie er ihm und seiner Schwester Geschichten vorlas oder erzählte. Bevor sich seine Eltern getrennt hatten. Bevor sein Vater nach Portland gezogen war und eine neue Familie gegründet hatte. Bevor Isabelle auf die schiefe Bahn geraten war.
    Damals war sein Lieblingsbuch Horton hört ein Hu! von Dr. Seuss gewesen. Es handelte von einem Elefanten, der auf einem Staubkörnchen eine eigene Welt entdeckt. Eine Nanowelt, und das schon lange, bevor jemand an Nanowelten dachte. Viele der Verse aus dem Buch kannte Pierce immer noch auswendig. Und er dachte bei der Arbeit oft an sie.
    In dem Buch wird Horton von den Tieren des Dschungels ausgestoßen, weil niemand an seine Entdeckung glaubt. Am meisten verfolgt wird er von den Affen – der so genannten Wickersham-Sippe –, aber am Ende rettet er die winzige Welt auf dem Staubkorn vor den Affen und beweist den anderen Tieren ihre Existenz.
    Pierce machte die Packung Oreos auf. In der Hoffnung, der Zucker würde ihm helfen, sich zu konzentrieren, aß er zwei Kekse auf einmal.
    In freudiger Erwartung begann er, die Anträge zu lesen. Die Patente würden Amedeo und die Wissenschaft einen großen Schritt weiter bringen. Pierce wusste, sie würden die Welt der Nanotechnologie revolutionieren. Und er musste lächeln bei dem Gedanken an die Reaktion seiner Konkurrenten, wenn ihnen ihre Spionageleute die nicht markengeschützten Seiten der Anträge kopierten oder wenn sie in den wissenschaftlichen Fachzeitschriften von der neuen Proteusformel lasen.
    Die Patentanmeldungen schützten eine Formel für zelluläre Energieumwandlung. In den allgemein verständlichen Begriffen, die im Summary des ersten Antrags verwendet wurden, wollte sich Amedeo das Patent für ein »Energieversorgungssystem« sichern, das die Energie für die biologischen Roboter lieferte, die eines Tages im Blutkreislauf der Menschen patrouillieren und dort die Pathogene zerstören würden, die die Gesundheit ihrer Wirte bedrohten.
    In Anspielung auf den Film … die fantastische Reise nannten sie die Formel Proteus. In dem Film aus dem Jahr 1966 geht ein Ärzteteam an Bord eines Unterseeboots mit dem Namen Proteus , das darauf mit Schrumpfstrahlen so stark verkleinert wird, dass es in die Blutbahn eines Menschen injiziert werden kann, wo es ein inoperables Blutgerinnsel im Gehirn sucht und zerstört.
    Der Film war reine Sciencefiction, und alles deutete darauf hin, dass Schrumpfstrahlen für immer dem Reich der Fantasie angehören würden. Dagegen lag die Idee, Krankheiten und Pathogene im Körper mit biologischen oder zellulären Robotern zu bekämpfen, die sich gar nicht so sehr von der Proteus unterschieden, zwar noch in weiter Ferne, aber durchaus im Bereich des wissenschaftlich Machbaren.
    Seit dem Aufkommen der Nanotechnologie waren ihre potenziellen medizinischen Anwendungsmöglichkeiten schon immer der verlockendste Aspekt dieses Forschungsbereichs gewesen. Noch faszinierender als der Quantensprung in Sachen Rechnerleistung war die Möglichkeit, Krebs, Aids und jede beliebige andere Krankheit zu heilen. Die

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