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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Möglichkeit, im menschlichen Organismus winzige Systeme patrouillieren zu lassen, die auf chemischem Weg Pathogene aufspüren, identifizieren und eliminieren konnten, war der Gral der Wissenschaft.
    Die Crux allerdings – der Punkt, der einer praktischen Umsetzung am vehementesten entgegenstand, während bereits massenweise Forscher an molekularem RAM und integrierten Schaltungen arbeiteten – war die Frage der Energieversorgung. Wie ließen sich diese molekularen Unterseeboote mit einer natürlichen Energiequelle durch den Blutkreislauf bewegen, die vom Immunsystem des Organismus nicht abgestoßen wurde?
    Zusammen mit Larraby, seinem Chefimmunologen, hatte Pierce eine rudimentäre, aber in hohem Maß zuverlässige Formel entdeckt. Unter Zuhilfenahme wirtseigener Zellen – in diesem Fall wurden sie Pierce entnommen und dann zu Forschungszwecken in einem Inkubator repliziert – hatten die beiden Forscher eine Kombination von Proteinen entwickelt, die sich mit der Zelle verbanden und einen elektrischen Stimulus aus ihr zogen. Das hieß, die Energie zum Antrieb des Nanovehikels konnte von innen kommen und daher mit dem Immunsystem des Körpers kompatibel sein.
    Die Proteus-Formel war einfach, und darin lag ihre Schönheit und ihr Wert. Pierce nahm an, die gesamte weitere Nanoforschung im medizinischen Bereich würde auf dieser einen Entdeckung aufbauen. Die Experimente und die anderen Entdeckungen und Erfindungen, die zu einem Einsatz in der Praxis führen würden und bislang zwei Jahrzehnte oder noch weiter in der Zukunft angesiedelt worden waren, würden jetzt möglicherweise in der Hälfte der Zeit Realität werden.
    Die Entdeckung, die er drei Monate zuvor, mitten in seiner Trennungsphase mit Nicole, gemacht hatte, war eindeutig der aufregendste Moment seines Lebens gewesen.
    »Für dich warn die Häuser ganz schrecklich klein«, flüsterte Pierce, als er die Durchsicht der Patentanmeldungen beendete. »Aber wir sind ja klein und passen prima hinein.«
    Die Worte von Dr. Seuss.
    Pierce war zufrieden mit den Patentanmeldungen. Wie üblich war es Kaz im Einführungsteil jedes Antrags hervorragend gelungen, wissenschaftlichen Fachjargon mit einer auch für Laien verständlichen Ausdrucksweise zu kombinieren. Der Hauptteil bestand jedoch aus streng wissenschaftlichen Erläuterungen und grafischen Darstellungen der Formel. Diese Seiten waren von Pierce und Larraby verfasst und von beiden Forschern wiederholte Male durchgesehen worden.
    Nach Pierces Meinung konnten die Patentanmeldungen eingereicht werden. Er war aufgeregt. Ein solches Patentepaket in die Nanowelt einzubringen würde für einige Publicity und damit auch für steigendes Investoreninteresse sorgen. Zuerst wollten sie ihre Entdeckung jedoch Maurice Goddard vorstellen und sich seiner finanziellen Beteiligung an dem Projekt versichern, bevor sie die Erfindungen zum Patent anmeldeten. Wenn alles nach Plan lief, würde Goddard merken, dass er einen knappen Vorsprung und nicht viel Zeit zum Überlegen hatte, und entsprechend reagieren, sprich: als Hauptgeldgeber der Firma unterzeichnen.
    Pierce und Charlie Condon hatten das Ganze sehr geschickt eingefädelt. Goddard würde die Entdeckung vorgeführt bekommen. Er würde Gelegenheit erhalten, sich im Elektronenrastermikroskop selbst davon zu überzeugen. Danach bekäme er vierundzwanzig Stunden Zeit, um sich zu entscheiden. Pierce wollte ein Minimum von zwölf Millionen Dollar über einen Zeitraum von drei Jahren. Genug um die Forschung schneller und weiter voranzutreiben als jeder andere Konkurrent. Und als Gegenleistung bot er Goddard einen zehnprozentigen Anteil an der Firma.
    Pierce schrieb ein paar anerkennende Worte auf eine gelbe Haftnotiz und befestigte sie auf dem Deckblatt der Proteus-Anträge. Danach schloss er sie wieder im Safe ein. Am Morgen würde er sie per Werttransport an Kazs Kanzlei in Century City schicken. Keine Faxe, keine E-Mails. Vielleicht würde Pierce sie sogar selbst abliefern.
    Er lehnte sich zurück, schob sich ein weiteres Oreo in den Mund und sah auf die Uhr. Es war zwei Uhr. Eine Stunde war vergangen, seit er im Büro war, aber sie war ihm wie zehn Minuten vorgekommen. Es war ein gutes Gefühl, wieder bei der Sache zu sein, ganz in seiner Arbeit aufzugehen. Er beschloss, sich das zunutze zu machen und im Labor richtige Arbeit zu erledigen. Er griff sich den Rest der Kekse und stand auf.
    »Licht.«
    Pierce war schon auf dem Flur und wollte gerade die Tür zuziehen, als in dem

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