Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen
ganz schnell Ihre Rechte verlesen. Zu Ihrer Absicherung und zu meiner.«
Der Detective zog die schwenkbare Tischplatte über das Bett und legte ein kleines Tonbandgerät darauf.
»Was soll das heißen, zu Ihrer Absicherung? Wogegen müssen Sie sich absichern? Was soll der Quatsch, Renner?«
»Ich muss das tun, um meine Ermittlungen gegen jegliche juristische Anfechtungen zu schützen. Ich werde von jetzt an alles aufzeichnen.«
Er drückte auf eine Taste des Recorders, und ein rotes Licht ging an. Er nannte seinen Namen sowie Uhrzeit, Datum und Ort der Vernehmung. Er wies Pierce aus und las ihm von einer kleinen Karte, die er aus seiner Geldbörse zog, seine Rechte vor.
»So, sind Sie sich über diese Rechte, wie ich sie Ihnen gerade vorgelesen habe, im Klaren?«
»Habe sie in meiner Jugend zur Genüge zu hören bekommen.«
Renner zog eine Augenbraue hoch.
»Im Kino und im Fernsehen«, fügte Pierce hinzu.
»Bitte, beantworten Sie die Frage, und sparen Sie sich, wenn möglich, Ihre schlauen Bemerkungen.«
»Ja, ich bin mir über meine Rechte im Klaren.«
»Gut. Sind Sie dann einverstanden, dass ich Ihnen ein paar Fragen stelle?«
»Bin ich ein Verdächtiger?«
»Ein Verdächtiger in was?«
»Keine Ahnung. Das würde ich gern von Ihnen hören.«
»Tja, genau das ist der Punkt, nicht? Schwer zu sagen, was wir hier haben.«
»Trotzdem glauben Sie, mir meine Rechte vorlesen zu müssen. Zu meiner Absicherung natürlich.«
»Ganz recht.«
»Was wollen Sie wissen? Haben Sie Lilly Quinlan gefunden?«
»Daran arbeiten wir. Sie wissen nicht zufällig, wo sie ist, oder?«
Pierce schüttelte den Kopf, und infolge der Bewegung fühlte sich sein Inneres etwas schwabbelig an. Er wartete, bis es sich legte, bevor er zu sprechen begann.
»Nein, aber ich wüsste es gern.«
»Ja, es würde die Sache um einiges erleichtern, wenn sie einfach zur Tür hereinkäme, nicht?«
»Ja. War das ihr Blut auf dem Bett?«
»Das muss sich noch zeigen. Erste Untersuchungen haben ergeben, dass es menschliches Blut ist. Aber wir haben keine Blutprobe von Lilly Quinlan, mit der wir es vergleichen könnten. Aber ich glaube, ich weiß, wie ich ihren Arzt rausbekomme. Dann wird sich zeigen, was er alles an Unterlagen und vielleicht auch Proben hat. Eine Frau wie sie hat wahrscheinlich regelmäßig eine Blutuntersuchung machen lassen.«
Renner spielte darauf an, vermutete Pierce, dass sich Lilly regelmäßig auf Krankheiten hatte untersuchen lassen, die durch Geschlechtsverkehr übertragen wurden. Trotzdem deprimierte ihn die Bestätigung des ohnehin Offensichtlichen – dass es menschliches Blut war, was er auf dem Bett entdeckt hatte – noch mehr. Als verflüchtigte sich die letzte schwache Hoffnung, die er für Lilly Quinlan gehabt hatte.
»Lassen Sie mich jetzt die Fragen stellen«, sagte Renner. »Was ist mit dieser Robin, die Sie mal erwähnt haben? Haben Sie sich mit ihr getroffen?«
»Nein. Ich war die ganze Zeit hier.«
»Mit ihr gesprochen?«
»Nein. Sie?«
»Nein, wir konnten sie nicht erreichen. Wir haben ihre Telefonnummer von der Website – wie Sie gesagt haben. Aber bisher haben wir immer nur ihre Mailbox dran bekommen. Wir haben ihr sogar eine Nachricht hinterlassen, wo ein Kollege, der gut in so was ist, so getan hat, als wäre er, Sie wissen schon, ein Kunde.«
»Angewandte Psychologie.«
»Ja, angewandte Psychologie. Aber auch auf diesen Anruf hin hat sie sich nicht gemeldet.«
Pierce erlitt einen Schwindelanfall. Auch Nicole hatte immer wieder versucht, Lucy anzurufen, ebenfalls ohne Erfolg. Vielleicht hatte Wentz sie sich geschnappt – und hatte sie unter Umständen immer noch in seiner Gewalt. Jetzt musste er sich entscheiden. Er konnte weiter vor Renner herumtänzeln und ihm einen Schleier aus Lügen vorhalten, um sich selbst zu schützen. Oder er konnte versuchen, Lucy zu helfen.
»Und, haben Sie die Adresse rausgefunden, die zu der Nummer gehört?«
»Es ist ein Handy.«
»Und die Rechnungsadresse?«
»Das Handy ist auf einen ihrer Stammkunden zugelassen. Er sagt, es handele sich dabei um eine Gefälligkeit seinerseits. Er bezahlt ihre Telefonrechnung und die Miete ihrer Fickbude, und dafür kriegt er jeden Sonntagnachmittag eine Gratisnummer, wenn seine Frau im Lucky in der Marina einkaufen geht. Obwohl man da eigentlich eher von einer Gefälligkeit dieser Robin reden muss, wenn Sie mich fragen. Der Kerl ist ein richtig fetter Sack. Wie dem auch sei, sie ist Sonntagnachmittag nicht in der
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