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Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niel Bushnell
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starrte nach unten.
    »Tut mir leid«, sagte Jack ängstlich. »Ich hab überhaupt kein Geld.« Er konnte seinen Blick nicht von der gruseligen leeren Augenhöhle abwenden.
    Harodon zeigte auf Jacks Füße und grunzte erneut.
    »Gib ihm deine Schuhe«, sagte Davey.
    Jack sah auf seine weißen Turnschuhe aus dem 21. Jahrhundert hinunter. »Aber die hab ich von meinem Dad.« Er musste wieder daran denken, wie gelähmt vor Hilflosigkeit er gewesen war, als Blaydon ihm das Handy abgezockt hatte – was schon eine Ewigkeit her zu sein schien.
    »Nun gib sie ihm schon!«
    Der gruselige Riese grunzte böse, und je mehr er seine Zähne fletschte, desto länger schienen sie zu werden. Widerstrebend löste Jack die Schnürsenkel und hielt ihm mit zitternden Händen die Turnschuhe hin. Harodon entriss sie ihm und ließ seine Finger über die Gummisohlen gleiten. Dann verschwand er und überließ es den beiden Jungen, die Aufzugtür zu schließen. Der Korb setzte sich mit einem Ruck in Bewegung
    »Jetzt krieg ich kalte Füße«, sagte Jack.
    »Psssst«, machte Davey.
    Der Aufzug kam mit einem Ruck zum Stehen. Davey zog die Metalltür auf. Vor ihnen war wieder eine einzelne Tür. Davey klopfte an und trat ein.
    Das Büro, in dem sie sich nun befanden, war eng und voller erstaunlicher Antiquitäten und Sammlerstücke. An zwei Wänden stand über Eck eine große dreiteilige Polstergarnitur, antik und wiederaufgearbeitet. Gleich daneben waren auf einem prächtigen Eichentisch die dazugehörigen sechs hochlehnigen Stühle zu einer wackeligen Pyramide aufgestapelt, die sich bedrohlich in Jacks Richtung zu neigen schien. Die nächste Ecke wurde von einem riesigen Kronleuchter beherrscht, dessen Kristallgefunkel ihn an eine kitschige Weihnachtsmannhöhle erinnerte. Überall standen stapelweise Ölgemälde in wuchtigen Bilderrahmen angelehnt wie riesige Dominosteine, die nur darauf warteten, angetippt zu werden, und vermittelten Jack ein Gefühl von Beengtheit und Unsicherheit.
    Im Herzen der Schatzhöhle saß ein junger Mann und las in einer Zeitung, die er auf einer Staffelei ausgebreitet hatte. Der Mann konnte noch keine dreißig sein, aber sein dunk les, narbenübersätes Gesicht deutete auf eine gewalttä tige Vergangenheit hin. Er trug sein Hemd offen, mit hochgerollten Ärmeln, darüber eine braune Weste. Der Mann sah Davey mit starrer, undurchschaubarer Miene an. Plötzlich hielt er eine große Pistole in der Hand – ohne dass Jack mitbekommen hatte, wie er sie zog. Er richtete sie auf Davey.
    »Du hast besser das Geld dabei, Davey-Boy.« Seiner Aus sprache war seine karibische Herkunft kaum noch anzu hören.
    Davey nahm die Hände hoch. »Immer mit der Ruhe, Titus, ich hab dir was Besseres mitgebracht.«
    »Dir darf man nicht über den Weg trauen.« Titus’ Blick zuckte zu dem Fremden in seinem Büro. »Wer ist das?«
    »Das ist Jack. Er hat die Gabe: Er ist ein Springer.«
    Titus lachte. »Das sagst du immer. Du hast mir weismachen wollen, du hättest die Gabe. Du hast mein Geld ge nommen und bist mit einem Auftrag losgezogen, den du gar nicht erfüllen konntest. Wenn du überhaupt irgendeine Gabe hast, dann die der Überzeugungskraft. Ich muss nicht mehr alle Tassen im Schrank haben, dass ich auf deine Prahlereien hereingefallen bin. Warum ich dir einen so wichtigen Auf trag überhaupt anvertraut habe, werde ich wohl selbst nie wissen.«
    Jacks Hoffnungen schwanden. Wohin er sich auch wendete, anscheinend verfing er sich jedes Mal in dem merkwürdigen Durcheinander von Daveys Leben. Er wäre am liebsten gegangen, aber Angst und Unsicherheit hielten ihn fest.
    Titus lächelte ohne jedes Gefühl. Sein Finger krümmte sich um den Abzug.
    »Titus«, flehte Davey. »Jack ist ein Springer, da bin ich mir sicher. Mit dem Finderlohn begleiche ich meine Schulden.«
    »Ich verfüge über Springer, Davey.«
    »Aber bloß ein paar. Du weißt, wie selten sie sind.« Davey lächelte plötzlich, als würde es die auf ihn angelegte Pistole gar nicht geben. »Aber wenn du ihn nicht willst, dann gehen wir vielleicht besser zur Konkurrenz. Will Aitken nimmt Jack bestimmt mit Kusshand. Ich hab den alten Aitken immer bewundert: ein Eins-a-Zimmermann.«
    Titus kniff die Augen zusammen. »Dann würde ich euch beide umlegen.«
    »Ja, er hat sich in deiner Gegend rumgetrieben, der alte Aitken, stimmt’s? Aber du willst doch keinen Revierkrieg, oder? Was du willst, ist neues Blut, wie Jack hier. Und der ist wirklich ein anderes Kaliber, Titus. Er

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