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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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gegenüber der Tür, links von der Mitte, in Augenhöhe.
    Wir fanden ein Fach mit dem Etikett ›Kliner‹. Direkt zwischen drei Fächern mit der Aufschrift ›Klan‹ und einem mit der Aufschrift ›Klippspringer gegen den Staat Georgia‹. Ich steckte meinen Finger in die kleine Schlaufe. Zog das Fach heraus. Es war schwer. Ich gab es Finlay. Wir liefen zum Rosenholzbüro zurück. Stellten das Fach auf den Schreibtisch. Öffneten es. Es war voll mit alten, vergilbten Unterlagen.
    Aber es waren die falschen. Sie hatten nichts mit Kliner zu tun. Überhaupt nichts. Es war ein acht Zentimeter dicker Stapel alter Memos des Police Departments. Zeug über Einsätze. Zeug, das schon vor Jahrzehnten hätte weggeworfen werden müssen. Ein Stück Geschichte. Vorgehensweisen, die zu befolgen waren, wenn die Sowjetunion eine Rakete auf Atlanta abschoß. Vorgehensweisen, die zu befolgen waren, wenn ein Schwarzer vorn im Bus sitzen wollte. Eine Menge altes Zeug. Aber keine der Überschriften fing mit K an. Nicht ein Wort betraf Kliner. Ich starrte auf den acht Zentimeter hohen Stapel und fühlte, wie der Druck sich weiter aufbaute.
    »Irgend jemand ist uns zuvorgekommen«, sagte Roscoe. »Sie haben das Zeug über Kliner herausgenommen und gegen diesen Müll ausgetauscht.«
    Finlay nickte. Aber ich schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte ich. »Das ergibt keinen Sinn. Sie hätten das ganze Fach herausgeholt und in den Müll geworfen. Das hier hat Gray selbst getan. Er mußte die Unterlagen verstecken, konnte es aber nicht über sich bringen, seine Ordnung im Aktenraum zu ruinieren. Also hat er den Inhalt des Fachs genommen und statt dessen dieses alte Zeug hineingelegt. So blieb alles schön ordentlich. Du hast doch gesagt, daß er ein penibler Bursche war, oder?«
    Roscoe zuckte die Schultern.
    »Gray soll es versteckt haben?« fragte sie. »Das könnte schon sein. Er hat auch seine Waffe in meinem Schreibtisch versteckt. Er versteckte ganz gern etwas.«
    Ich sah sie an. Irgend etwas in ihren Worten hatte eine Alarmglocke bei mir in Gang gesetzt.
    »Wann hat er dir die Waffe gegeben?« fragte ich sie.
    »Nach Weihnachten«, sagte sie. »Nicht lange, bevor er starb.«
    »Dann stimmt da etwas nicht«, sagte ich. »Der Mann war ein Detective mit fünfundzwanzig Jahren Diensterfahrung, richtig? Ein guter Detective. Ein älterer, geachteter Mann. Warum sollte ein Mann wie er beschließen, daß seine Privatwaffe ein Geheimnis bleiben müsse? Das war nicht sein wirkliches Problem. Er gab dir die Schachtel, weil er etwas anderes damit verstecken wollte.«
    »Er hat die Waffe versteckt«, beharrte Roscoe. »Das habe ich dir doch gesagt.«
    »Nein, das glaube ich nicht. Die Waffe war nur Tarnung, um sicherzustellen, daß du die Schachtel in deinen Schreibtisch einschließt. Er mußte die Waffe nicht verstecken. Ein Mann wie er hätte einen nuklearen Sprengkopf als Privatwaffe haben können. Die Waffe war nicht das große Geheimnis. Das große Geheimnis war etwas anderes in der Schachtel.«
    »Aber es ist nichts anderes in der Schachtel«, sagte Roscoe. »Mit Sicherheit keine Unterlagen.«
    Wir sahen uns einen Moment lang an. Dann liefen wir zum Eingang. Durch die Tür und zu Roscoes Chevy auf dem Parkplatz. Holten Grays Schachtel aus dem Kofferraum. Öffneten sie. Ich gab Finlay die Desert Eagle. Untersuchte die Patronenschachtel. Nichts drin. Sonst war nichts in der großen Schachtel. Ich schüttelte sie aus. Überprüfte den Deckel. Nichts. Ich zerlegte die Schachtel in ihre Einzelteile. Zwang die verklebten Seiten auseinander und drückte den Pappboden heraus. Nichts. Dann nahm ich den Deckel auseinander. Unter einer Ecklasche versteckt fand ich einen Schlüssel. Auf die Innenseite geklebt. Wo er nie entdeckt worden wäre. Wo er sorgfältig von einem inzwischen toten Mann versteckt worden war.
    Wir wußten nicht, wofür der Schlüssel war. Wir ließen alles im Polizeirevier außer acht. Und alles in Grays Haus. Wir hatten das Gefühl, daß diese Plätze für einen derart vorsichtigen Mann ein zu großes Risiko bedeutet hätten. Ich starrte auf den Schlüssel und spürte, wie der Druck zunahm. Schloß meine Augen und stellte mir vor, wie Gray die Ecke dieses Deckels lockerte und den Schlüssel darunterklebte. Wie er die Schachtel Roscoe gab. Beobachtete, wie sie sie in ihre Schublade legte. Beobachtete, wie die Schublade sich schloß. Beobachtete, wie sie sie zuschloß. Und stellte mir vor, wie er sich dann entspannte. Ich verwandelte

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