Jack Reacher 01: Größenwahn
auf Grays Liste? Die letzten sechs Monate vor dem September vergangenen Jahres hat er die Anlieferungen verdoppelt. Er hat einen Vorrat im Lagerhaus aufgebaut. Er hat das ganze Jahr mit dem Vertrieb weitergemacht. Deshalb sind sie so in Panik. Sie sitzen auf einem riesigen Jahresvorrat von Falschgeld. Jetzt gibt die Küstenwache ihre Aktion auf, richtig? Also können sie wieder wie üblich importieren. Das wird ab Sonntag passieren. Das meinte Molly, als sie sagte, wir müßten bis Sonntag drinnen sein. Wir müssen ins Lagerhaus, solange der Rest vom Vorrat noch dort zu finden ist.«
KAPITEL 22
Finlay nickte. Er war überzeugt. Dann lächelte er. Er stand von der Bank im Schaufenster des Friseurladens auf und nahm Roscoes Hand. Schüttelte sie sehr feierlich.
»Gute Arbeit«, sagte er zu ihr. »Eine perfekte Analyse. Ich habe immer schon gesagt, daß Sie klug sind, Roscoe. Richtig, Reacher? Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß sie die Beste ist, die wir haben?«
Ich nickte und lächelte, und Roscoe wurde rot. Finlay hielt ihre Hand fest und hörte nicht auf zu grinsen. Aber ich konnte sehen, daß er ihre Theorie immer wieder durchging, auf der Suche nach ungeklärten Fragen. Er fand nur zwei.
»Was ist mit Hubble?« fragte er. »Wie paßt er da hinein? Sie würden doch keinen Bankmanager anheuern, damit er Lkws lädt, oder?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Hubble war früher Manager für Zahlungsmittel«, sagte ich. »Seine Funktion war, das Falschgeld loszuwerden. Er ließ es ins System fließen. Er wußte, wo man es einschleusen konnte. Wo es gebraucht wurde. Wie in seinem alten Job, nur umgekehrt.«
Er nickte.
»Und was ist mit den Klimaanlagen?« fragte er dann. »Sherman Stoller transportierte sie nach Florida. Das hat diese Frau doch erzählt. Wir wissen, daß das stimmt, weil Sie beide zwei alte Kartons in der Garage gefunden haben. Und sein Lkw war voll davon, als das Police Department von Jacksonville ihn durchsuchte. Was hatte es damit auf sich?«
»Legales Geschäft, schätze ich«, sagte ich. »Wie eine Tarnung. Es verbarg den illegalen Teil. Camouflage. Es diente als Erklärung für die Touren des Lkws zwischen Margrave und Florida. Sonst hätte man mit leerem Wagen in den Süden fahren müssen.«
Finlay nickte.
»Kluger Schachzug, finde ich«, sagte er. »Keine Touren mit leerem Wagen. Das ergibt Sinn. Man verkauft ein paar Klimaanlagen und macht in beide Richtungen Geld, richtig?«
Er nickte wieder und ließ Roscoes Hand los.
»Wir brauchen ein Muster von dem Falschgeld.«
Ich lächelte ihn an. Mir war plötzlich etwas klargeworden.
»Ich habe ein Muster«, sagte ich. Steckte die Hand in meine Tasche und zog mein dickes Bündel Hunderter heraus. Nahm einen vom hinteren und einen vom vorderen Teil des Bündels. Gab Finlay die beiden Banknoten.
»Das sind ihre Fälschungen?« fragte er.
»Es müssen Fälschungen sein. Charlie Hubble gab mir ein Bündel Hunderter für meine Unkosten. Sie hatte sie wahrscheinlich von Hubble. Dann habe ich den Typen, die mich am Dienstag gesucht haben, noch ein weiteres Bündel abgenommen.«
»Und deshalb sollen es Fälschungen sein?« fragte Finlay. »Warum?«
»Denken Sie nach«, sagte ich. »Kliner braucht Geld für seine Unkosten, warum sollte er da echtes benutzen? Ich wette, er hat Hubble mit Falschgeld bezahlt. Und ich wette, er gab diesen Latinos aus Jacksonville ebenfalls Falschgeld für deren Spesen.«
Finlay hielt die beiden Hunderter direkt ins helle Licht am Fenster. Roscoe und ich stellten uns neben ihn, um einen Blick darauf zu werfen.
»Bist du sicher?« fragte Roscoe. »Sie sehen echt für mich aus.«
»Es sind Fälschungen«, sagte ich. »Es muß so sein. Das ist doch klar. Fälscher mögen Hunderter. Alles Größere ist schwierig in Umlauf zu bringen, alles Kleinere lohnt die Mühe nicht. Und warum sollten sie echte Dollars ausgeben, wenn sie Wagenladungen von Falschgeld haben?«
Wir sahen uns die Scheine genau an. Sahen sie uns an, befühlten sie, berochen sie, rieben sie zwischen unseren Fingern. Finlay öffnete seine Brieftasche und zog einen eigenen Hunderter heraus. Wir verglichen die drei Banknoten. Ließen sie zwischen uns herumgehen. Konnten nicht den geringsten Unterschied feststellen.
»Wenn das Fälschungen sind, dann sind es verdammt gute«, sagte Finlay. »Aber was Sie sagen, ergibt Sinn. Wahrscheinlich ist die ganze Kliner-Stiftung mit Falschgeld finanziert. Millionen jedes Jahr.«
Er steckte seinen Hunderter zurück in
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