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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Zylinderträger zu öffnen, die hier vor teuren Apartmenthäusern herumstehen. Ich blickte auf die Waffe, blickte auf den Wagen und versuchte, eine Entscheidung zu treffen.
    »Steig in den Wagen«, sagte der Mann mit der Waffe leise. »Oder ich knall dich ab.«
    Ich stand da, und das einzige, was ich denken konnte, war, daß ich wahrscheinlich meinen Flug verpaßte. Ich versuchte, mich zu erinnern, wann der nächste Non-Stop-Flug ging. Um sieben Uhr, schätzte ich.
    »ln den Wagen«, sagte der Typ noch einmal.
    Ich war ziemlich sicher, daß er auf offener Straße nicht schießen würde. Es war eine kleine Waffe, aber sie hatte keinen Schalldämpfer. Sie würde einen Heidenkrach machen, und die Straße war voller Leute. Die Hände des anderen Typen waren leer. Vielleicht hatte er eine Waffe in seiner Tasche. Im Wagen war nur der Fahrer. Wahrscheinlich mit einer Waffe auf dem Sitz neben sich. Ich war nicht bewaffnet. Die Jacke mit dem Totschläger, dem Messer und der Desert Eagle war achthundert Meilen entfernt in Atlanta. Entscheidungen.
    Ich entschied mich, nicht in den Wagen zu steigen. Ich stand einfach da auf der Straße und setzte mein Leben aufs Spiel in der Annahme, daß der Typ nicht in der Öffentlichkeit schießen würde. Er stand da und hatte seinen Regenmantel geöffnet. Der Wagen hielt neben uns. Sein Partner stand auf meiner anderen Seite. Es waren kleine Männer. Selbst beide zusammen würden nicht gegen einen wie mich ankommen können. Der Wagen wartete im Leerlauf am Straßenrand. Niemand bewegte sich. Erstarrt standen wir dort, als stellten wir eine Art Szene in einem Schaufenster dar. Für die neuen Herbstmoden, alte Armeekleidung in Kombination mit Burberry-Regenmänteln.
    Ich stellte die beiden Typen vor ein großes Problem. In einer Lage wie dieser hat man nur eine Sekunde Zeit, seine Drohung in die Tat umzusetzen. Wenn man sagt, man schießt, dann muß man auch schießen. Schießt man nicht, hat man keine Macht mehr. Es wird offenbar, daß man geblufft hat. Schießt man nicht, zählt man auch nichts mehr. Und der Typ schoß nicht. Er stand einfach nur da, ganz verkrampft vor lauter Unentschlossenheit. Die Passanten liefen auf dem belebten Bürgersteig um uns herum. Der am Bordstein wartende Wagen erntete lautes Hupen.
    Es waren schlaue Typen. Schlau genug, mich nicht auf einer geschäftigen New Yorker Straße zu erschießen. Schlau genug auch, um zu wissen, daß ihr Bluff offenbar geworden war. Schlau genug, nie wieder eine Drohung auszusprechen, die sie nicht einhalten würden. Aber nicht schlau genug, um einfach zu gehen. Sie blieben stehen.
    Also wandte ich mich um, als würde ich einen Schritt von ihnen weg machen. Die Waffe unter dem Regenmantel stieß in meine Richtung. Ich kam der Bewegung entgegen und umfaßte das Handgelenk des kleinen Typen mit meiner linken Hand. Zog die Waffe hinter mich und umklammerte mit meinem rechten Arm fest die Schultern des Typen. Wir sahen aus, als würden wir zusammen Walzer tanzen oder als wären wir Liebende auf einem Bahnhof. Dann ließ ich mich vorwärtsfallen und drückte ihn gegen den Wagen. Die ganze Zeit quetschte ich sein Handgelenk, so fest ich nur konnte, grub meine Nägel in seine Haut. Es war die linke Hand, aber ich tat ihm weh. Mein Gewicht auf ihm erschwerte ihm das Atmen.
    Sein Partner hatte die Hand immer noch an der Wagentür. Sein Blick flog hin und her. Dann griff seine andere Hand zu seiner Tasche. Also riß ich mein Gewicht zurück, schleuderte die Waffenhand seines Partners herum und warf ihn gegen den Wagen. Und dann lief ich wie verrückt. Mit fünf Schritten war ich in der Menge verschwunden. Ich stieß und drängelte mich durch die Fußgänger. Sprang immer wieder in Toreingänge und wieder heraus und rannte durch den Verkehr über die Straße, daß Bremsen kreischten und Hupen ertönten. Die beiden Typen konnten eine Zeitlang mithalten, aber der Verkehr hielt sie schließlich auf. Sie riskierten nicht soviel wie ich.
    Ich bekam acht Blocks weiter ein Taxi und schaffte noch die Sechs-Uhr-Maschine von La Guardia nach Atlanta. Aus irgendeinem Grund dauerte der Rückflug länger. Wir brauchten zweieinhalb Stunden. Ich dachte die ganze Strecke über Jersey, Maryland und Virginia an Joe. Über North und South Carolina und über Georgia dachte ich an Roscoe. Ich wollte sie zurück. Ich vermißte sie wahnsinnig.
    Wir mußten durch zehn Meilen dicke Sturmwolken landen. Die Abenddämmerung in Atlanta war durch die Wolken zur tiefsten

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