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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Baker!« rief ich. Er wechselte die Richtung und kam zu den Zellen. Blieb vor dem Gitter stehen. Dort, wo Miss Roscoe gestanden hatte.
    »Ich muß mal zur Toilette«, sagte ich. »Oder soll ich damit auch warten, bis ich im Staatsknast bin?«
    Er grinste. Widerwillig, aber er grinste. Er hatte einen goldenen Backenzahn. Das verlieh ihm ein schneidiges Aussehen. Machte ihn ein bißchen menschlicher. Er rief dem Typen an der Empfangstheke etwas zu - wahrscheinlich ein Codewort für den Vorgang nahm seine Schlüssel und betätigte das elektrische Schloß. Die Bolzen sprangen zurück. Ich fragte mich flüchtig, was sie bei einem Stromausfall machten. Konnten sie die Türen auch ohne Strom öffnen? Ich hoffte es. Wahrscheinlich gab es eine Menge Unwetter hier. Eine Menge umkippender Strommasten.
    Er stieß die schwere Tür in die Zelle herein. Wir gingen zum hinteren Teil des Mannschaftsraums. Zur gegenüberliegenden Seite des Rosenholzbüros. Dort war ein Gang, und davon gingen zwei Waschräume ab. Er langte an mir vorbei und stieß die Tür zur Herrentoilette auf.
    Sie wußten, daß ich nicht ihr Mann war. Sie paßten nicht mehr auf. Überhaupt nicht. Hier draußen im Gang hätte ich Baker niederschlagen und seinen Revolver abnehmen können. Überhaupt kein Problem. Ich hätte ihm die Waffe aus dem Halfter gezogen, bevor er auf dem Boden aufschlug. Mit Hilfe der Waffe hätte ich mir den Weg nach draußen und zu einem Streifenwagen freischießen können. Sie parkten alle direkt vor mir. Die Schlüssel steckten bestimmt. Ich hätte in Richtung Atlanta unterwegs sein können, bevor sie wirksame Maßnahmen ergriffen. Dann hätte ich verschwinden können. Überhaupt kein Problem. Aber ich ging nur in ihre Toilette.
    »Schließen Sie nicht ab«, sagte Baker.
    Ich schloß nicht ab. Sie unterschätzten mich gewaltig. Ich hatte ihnen erzählt, daß ich bei der Militärpolizei gewesen war. Vielleicht glaubten sie mir, vielleicht auch nicht. Vielleicht sagte ihnen das auch nicht viel. Aber das sollte es. Ein Militärpolizist hat mit Gesetzesbrechern aus dem Militär zu tun. Diese Gesetzesbrecher sind Soldaten. Gut ausgebildet in bezug auf Waffen, Sabotage und Kampf ohne Waffen. Ranger, Green Berets, Marines. Nicht nur Mörder. Ausgebildete Mörder. Extrem gut ausgebildete Mörder, mit hohen Kosten für die Öffentlichkeit. Also ist ein Militärpolizist noch besser ausgebildet. Für den Kampf mit und ohne Waffen. Baker hatte keine Ahnung. Hatte noch nicht darüber nachgedacht. Sonst hätte er für den Trip zur Toilette ein paar Gewehre auf mich richten lassen. Wenn er geglaubt hätte, ich sei ihr Mann.
    Ich zog den Reißverschluß zu und trat zurück in den Gang. Baker wartete. Wir gingen zurück zum Zellentrakt. In meiner Zelle lehnte ich mich in meine Ecke. Baker zog die schwere Tür zu. Betätigte mit seinem Schlüssel das elektrische Schloß. Die Bolzen rasteten ein. Er ging zurück in den Mannschaftsraum.
    In den nächsten zwanzig Minuten herrschte Ruhe. Baker arbeitete an seinem Schreibtisch. Roscoe ebenso. Der Wachhabende saß auf seinem Hocker. Finlay war mit Hubble im großen Büro. Über den Eingangstüren befand sich eine moderne Uhr. Zwar war sie nicht so elegant wie die im Büro, doch tickte sie genauso langsam. Stille. Halb fünf. Ich lehnte mich gegen die Gitterstäbe aus Titan und wartete. Stille. Viertel vor fünf.
    Die Zeit setzte kurz vor fünf wieder ein. Ich hörte im großen Rosenholzbüro den Lärm eines Tumults. Wie gebrüllt, wie geschrien wurde und wie Gegenstände aufschlugen. Jemand regte sich richtig auf. Ein Summer ertönte auf Bakers Schreibtisch, und die Gegensprechanlage knackte. Finlays Stimme. Angespannt. Sie bat Baker, ins Büro zu kommen. Baker stand auf und ging hinüber. Klopfte und trat ein.
    Die Glastüren am Eingang gingen mit saugendem Geräusch auf, und der fette Mann kam herein. Chief Morrison. Er ging direkt nach hinten zum Rosenholzbüro. Baker kam heraus, als Morrison hineinging. Er eilte hinüber zur Empfangstheke. Flüsterte aufgeregt einen langen Satz zum Wachhabenden. Roscoe trat hinzu. Sie steckten die Köpfe zusammen. Große Neuigkeiten. Ich konnte nicht hören, worum es ging. Sie waren zu weit weg.
    Die Gegensprechanlage auf Bakers Schreibtisch knackte wieder. Er steuerte erneut das Büro an. Die große Eingangstür öffnete sich noch mal. Die glühende Nachmittagssonne stand tief am Himmel. Stevenson betrat das Revier. Seit meiner Verhaftung hatte ich ihn nicht mehr gesehen.

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