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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Keller. Ich fühlte mich schrecklich. Aber nicht so, wie ich mich gefühlt hätte, wenn ich es nicht getan hätte. Sie hätten es mit Hubble zu Ende gebracht, und dann hätten sie mit mir angefangen.

    Zum Frühstück aß ich nichts. Kein Appetit. Ich lag so lange in meinem Bett, bis ich mich besser fühlte. Hubble saß auf seinem Bett. Er wiegte sich vor und zurück. Und hatte noch immer nichts gesagt. Nach einer Weile ließ ich mich nach unten sinken. Wusch mich am Waschbecken. Leute kamen zur Tür und starrten herein. Verschwanden wieder. Die Nachricht hatte sich schnell herumgesprochen. Der Neue in der hintersten Zelle hatte einen Red Boy ins Krankenhaus geschickt. Das mußte man sehen. Ich war eine Berühmtheit.
    Hubble hörte auf, sich vor und zurück zu wiegen, und sah mich an. Öffnete seinen Mund und schloß ihn wieder. Öffnete ihn ein zweites Mal.
    »Ich halte das nicht aus«, sagte er.
    Das waren die ersten Worte, die ich seit seinem selbstsicheren Geplänkel über Finlays Lautsprecher von ihm zu hören bekam. Seine Stimme war leise, aber seine Feststellung klang bestimmt. Kein Gejammer, keine Beschwerde, sondern die Feststellung einer Tatsache. Er hielt das nicht aus. Ich sah zu ihm rüber. Überdachte eine Weile seine Feststellung.
    »Warum sind Sie dann hier?« fragte ich ihn. »Warum haben Sie das gemacht?«
    »Ich mache gar nichts«, sagte er. Erstaunt.
    »Sie haben etwas gestanden, was Sie nicht getan haben«, sagte ich. »Sie wollten es so.«
    »Nein«, erklärte Hubble. »Ich habe getan, was ich sagte. Ich tat es und erzählte es dem Detective.«
    »Blödsinn, Hubble«, sagte ich. »Sie waren ja noch nicht mal dort. Sie waren auf einer Party. Der Typ, der Sie nach Hause fuhr, ist Polizist, Herrgott noch mal! Sie haben es nicht getan, das wissen Sie auch, jeder weiß das. Erzählen Sie mir nicht so eine Scheiße.«
    Hubble sah zu Boden. Dachte einen Moment lang nach.
    »Ich kann es nicht erklären«, sagte er. »Ich kann nichts darüber sagen. Ich muß nur wissen, was als nächstes passiert.«
    Ich blickte ihn wieder an.
    »Was als nächstes passiert?« fragte ich. »Sie bleiben hier bis Montag morgen, und dann gehen Sie zurück nach Margrave. Und dann, schätze ich, läßt man Sie gehen.«
    »Sie lassen mich gehen?« fragte er. Als würde er mit sich selber diskutieren.
    »Sie waren noch nicht mal am Tatort«, sagte ich. »Das wissen sie. Man möchte vielleicht wissen, warum Sie gestanden haben, wenn Sie gar nichts getan haben. Und man wird wissen wollen, warum der Mann Ihre Telefonnummer bei sich hatte.«
    »Und wenn ich es ihnen nicht sagen kann?« sagte er.
    »Nicht sagen kann oder will?« fragte ich ihn.
    »Ich kann es ihnen nicht sagen. Ich kann niemandem etwas sagen.«
    Er sah weg und erschauerte. Er hatte große Angst.
    »Aber ich kann hier nicht bleiben«, sagte er. »Das halte ich nicht aus.«
    Hubble war ein Finanzmann. Die verteilen ihre Visitenkarten wie Konfetti unters Volk. Sprechen mit jedem, den sie treffen, über finanzielle Absicherung und Steuerparadiese. Alles, um an die hart verdienten Dollars einiger Männer zu kommen. Aber diese Telefonnummer war aus einem Computerausdruck gerissen. Nicht auf eine Visitenkarte gedruckt. Und in einem Schuh versteckt, nicht in eine Brieftasche gestopft. Und man spürte die Furcht des Typen wie eine Rhythmusgruppe im Hintergrund.
    »Warum können Sie es niemandem erzählen«, fragte ich ihn.
    »Weil ich nicht kann«, sagte er. Mehr würde er nicht sagen.
    Ich war plötzlich todmüde. Vor vierundzwanzig Standen war ich an einer Highway-Ausfahrt aus einem Greyhound gesprungen und eine neue Straße entlanggelaufen. War glücklich und mit großen Schritten durch den warmen Morgenregen gegangen. Hatte Leute gemieden, Einmischung vermieden. Kein Gepäck, kein Ärger. Freiheit. Ich wollte sie nicht von Hubble gefährden lassen, oder von Finlay, oder von irgendeinem großen Mann, dem in den kahlgeschorenen Kopf geschossen worden war. Ich wollte nichts damit zu tun haben. Ich wollte nur etwas Ruhe und Frieden und dann nach Blind Blake suchen. Ich wollte einen Achtzigjährigen finden, der sich erinnerte, ihn in einer Bar gesehen zu haben. Ich sollte mit dem alten Mann sprechen, der die Gefängnisgänge fegte, nicht mit Hubble. Diesem Yuppie-Arschloch.
    Er dachte scharf nach. Ich konnte sehen, was Finlay gemeint hatte. Ich hatte noch nie jemanden so deutlich sichtbar nachdenken sehen. Sein Mund bewegte sich geräuschlos, und er spielte mit seinen Fingern.

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