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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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wollte nicht alle meine Karten offenlegen. Wenn ich Hubble über etwas ausquetschen mußte, das er nur sehr ungern zur Sprache brachte, dann wollte ich das unter vier Augen tun. Vor allem wollte ich nicht, daß mir Finlay dabei über die Schulter sah. Vielleicht glaubte er ja, ich würde Hubble zu sehr unter Druck setzen. Und ich wollte definitiv nicht dazu gezwungen sein, Finlay bei einem Verhör über die Schulter zu sehen. Ich wollte es nicht ihm überlassen. Möglicherweise würde ich der Meinung sein, daß er ihn nicht stark genug unter Druck setzte. Außerdem würde Hubble eher mit mir als mit einem Polizisten reden. Er hatte mir ja schon einiges erzählt. Also mußte das, was Hubble wußte, mein Geheimnis bleiben. Vorerst zumindest.
    »Keine Ahnung, was Hubble weiß«, sagte ich. »Sie sind derjenige, der behauptet, daß er umgekippt ist.«
    Finlay sah mich über den Schreibtisch hinweg an. Ich konnte sehen, wie seine Gedanken eine neue Richtung einschlugen. Ich konnte mir ziemlich genau vorstellen, worum es ging. Ich hatte schon darauf gewartet. Es gibt eine Faustregel bei Mord. Die hat sich aus einer Menge Statistik und einer Menge Erfahrung ergeben. Die Faustregel lautet: Wenn du einen Toten hast, dann sieh dir zuerst genau seine Familie an. Denn unheimlich viele Morde werden von Verwandten begangen. Von Ehemännern, Ehefrauen und Kindern. Und Geschwistern. So lautet die Theorie. Finlay mußte sie in seinen zwanzig Jahren in Boston Hunderte von Malen in die Realität umgesetzt haben. Jetzt konnte ich sehen, wie er sie sich hier in Margrave durch den Kopf gehen ließ. Da mußte ich eingreifen. Ich wollte nicht, daß er darüber nachdachte. Ich wollte nicht noch mehr von meiner Zeit in einer Zelle verschwenden. Ich konnte mir vorstellen, daß ich sie für etwas anderes brauchen würde.
    »Sie sind doch zufrieden mit meinem Alibi, oder?« fragte ich.
    Er sah, worauf ich hinauswollte. Als wären wir Kollegen in einem komplizierten Fall. Er warf mir ein Lächeln zu.
    »Es hat sich als stichhaltig erwiesen«, sagte er. »Sie waren in Tampa, als die Sache hier passierte.«
    »Okay«, hakte ich nach. »Und ist Chief Morrison auch damit zufrieden?«
    »Er weiß noch nichts davon. Er hat noch nicht auf unsere Anrufe reagiert.«
    »Ich will nicht noch mehr ähnliche Fehler«, sagte ich. »Der fette Schwachkopf hat behauptet, er hätte mich drüben gesehen. Ich möchte, daß er weiß, daß das nicht mehr zieht.«
    Finlay nickte. Griff nach dem Telefon auf seinem Schreibtisch und wählte eine Nummer. Ich hörte das schwache Schnarren des Rufzeichens aus dem Hörer dringen. Es läutete eine lange Zeit und endete, als Finlay den Hörer wieder auflegte.
    »Nicht zu Hause, es ist eben Sonntag.«
    Dann zog er das Telefonbuch aus einer Schublade. Öffnete es bei H. Suchte Hubbles Nummer am Beckman Drive heraus. Wählte sie, mit dem gleichen Ergebnis. Ein langes Rufzeichen und niemand zu Hause. Dann versuchte er es mit der Nummer vom Mobiltelefon. Eine elektronische Stimme setzte an, um ihm mitzuteilen, daß das Telefon ausgeschaltet sei. Finlay legte auf, bevor die Ansage vorbei war.
    »Ich werde Hubble hierherbringen, sobald ich ihn gefunden habe«, sagte Finlay. »Er weiß etwas, was er uns erzählen sollte. Bis dahin kann ich nicht viel tun, oder?«
    Ich zuckte die Schultern. Er hatte recht. Es war eine ziemlich kalte Spur. Der einzige Funken, von dem Finlay wußte, war die Panik, die Hubble am Freitag gezeigt hatte.
    »Was werden Sie jetzt tun, Reacher?« fragte er mich.
    »Ich werde nachdenken.«
    Finlay sah mir ins Gesicht. Nicht gerade unfreundlich, aber sehr ernst, als wolle er einen Befehl oder einen Appell an mich richten, mit einem einzigen, ernsten Blick von Angesicht zu Angesicht.
    »Überlassen Sie das Ganze mir, okay? Sie werden sich ziemlich mies fühlen, und Sie werden wollen, daß der Gerechtigkeit Genüge getan wird, aber ich möchte hier keine Alleingänge sehen, klar? Dies ist Sache der Polizei. Sie sind Zivilist. Also überlassen Sie das mir, okay?«
    Ich zuckte die Achseln und nickte. Stand auf und sah beide an.
    »Ich mache mal einen kleinen Spaziergang.«
    Ich verließ die beiden und schlenderte durch das Großraumbüro. Trat durch die Glastür in den heißen Nachmittag hinaus. Spazierte über den Parkplatz und die weitläufige Rasenfläche davor bis hinüber zur Bronzestatue. Ein weiterer Tribut an Caspar Teale, wer auch immer er gewesen sein mochte. Derselbe wie auf der Grünfläche am Südrand der

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