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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Backsteinbürgersteige glühten, und die weiße Farbe blendete uns. Der ganze Ort sonnte sich in aller Ruhe in der Hitze des Sonntags. Er war menschenleer.
    Roscoe bog an der Grünfläche rechts ein in den Beckman Drive. Fuhr um das Rasenquadrat mit der Kirche herum. Die Autos waren weg und der Platz ruhig. Der Gottesdienst war vorüber. Der Beckman Drive weitete sich zu einer breiten, baumgesäumten Wohnstraße, die über eine kleine Anhöhe führte. Ein Flair von Reichtum herrschte hier. Es wirkte kühl, schattig und wohlhabend. Das meinen die Immobilienmakler mit ›gehobener Lage‹. Die Häuser waren nicht zu sehen. Sie lagen zurückgesetzt hinter breiten Grasböschungen, hinter hohen Bäumen und dichten Hecken. Ihre gewundenen Auffahrten entzogen sich jedem Blick. Gelegentlich konnte ich einen weißen Säulenvorbau oder ein rotes Dach sehen. Je weiter wir fuhren, desto größer wurden die Grundstücke. Hunderte von Metern lagen zwischen den Briefkästen. Riesige, alte Bäume. Ein gediegener Ort. Aber ein Ort mit Geheimnissen hinter den belaubten Fassaden. In Hubbles Fall mit einem schrecklichen Geheimnis, das ihn veranlaßt hatte, sich an meinen Bruder zu wenden. Einem Geheimnis, das meinen Bruder getötet hatte.
    Roscoe wurde an einem weißen Briefkasten langsamer und bog in die Zufahrt der Nummer fünfundzwanzig ein. Etwa eine Meile von der Innenstadt entfernt, auf der linken Seite, mit der Rückseite zur Nachmittagssonne. Es war das letzte Haus an der Straße. Weiter oben reckten sich ein paar Pfirsichbäume in die dunstige Luft. Wir fuhren langsam eine Auffahrt entlang, die sich um Grasböschungen wand. Das Haus war nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte. Ich hatte an ein großes, weißes Gebäude gedacht, wie ein normales Haus, nur größer. Dieses hier war prächtiger. Ein Palast. Es war riesig. Jedes Detail wirkte teuer. Eine breite Kiesauffahrt, große, samtige Rasenflächen, riesige, erlesene Bäume, und alles besprenkelt von der glühenden Sonne. Aber keine Spur von dem dunklen Bentley, den ich am Gefängnis gesehen hatte. Es sah aus, als wäre niemand zu Hause.
    Roscoe hielt in der Nähe der vorderen Haustür, und wir stiegen aus. Es war still. Ich hörte nur das schwere Raunen der Nachmittagshitze. Wir läuteten und klopften an die Tür. Keine Reaktion. Wir sahen uns an und gingen über eine Wiese um das Haus herum. Mehrere Morgen Rasenfläche und leuchtende Blumen umgaben einen Wintergarten. Davor eine breite Terrasse und eine langgezogene Rasenfläche, die zu einem riesigen Swimmingpool abfiel. Das Wasser leuchtete strahlendblau in der Sonne. Ich konnte das Chlor in der heißen Luft riechen.
    »Nicht schlecht«, sagte Roscoe.
    Ich nickte und überlegte, ob mein Bruder hiergewesen war.
    »Ich höre ein Auto«, sagte sie.
    Wir erreichten gerade rechtzeitig wieder die Vorderseite des Hauses, um zu sehen, wie der große Bentley zum Stehen kam. Die blonde Frau, die ich am Gefängnis gesehen hatte, stieg aus. Sie hatte zwei Kinder bei sich. Einen Jungen und ein Mädchen. Das war Hubbles Familie. Er liebte sie wahnsinnig. Aber er war nicht bei ihnen.
    Die blonde Frau schien Roscoe zu kennen. Sie grüßten einander, und Roscoe stellte mich vor. Die Frau schüttelte mir die Hand und sagte, sie heiße Charlene, aber ich könne sie Charlie nennen. Sie war eine teuer aussehende Frau, groß, schlank, mit gutem Knochenbau, sorgfältig angezogen, sorgfältig gepflegt. Aber ein Funken Entschlossenheit zeichnete wie ein Makel ihr Gesicht. Genug Entschlossenheit, daß ich sie mochte. Sie hielt meine Hand fest und lächelte, aber es war ein Lächeln, hinter dem sich eine Menge Anspannung verbarg.
    »Ich fürchte, das war nicht das beste Wochenende in meinem Leben«, sagte sie. »Aber es scheint, daß ich Ihnen großen Dank schulde, Mr. Reacher. Mein Mann sagt, Sie hätten ihm im Gefängnis das Leben gerettet.«
    Sie sagte es mit einer ziemlich eisigen Stimme. Aber das galt nicht mir. Das galt dem Umstand, der sie zwang, die Wörter ›mein Mann‹ und ›Gefängnis‹ im selben Satz zu sagen.
    »Schon in Ordnung. Wo ist er?«
    »Kümmert sich um irgendein Geschäft. Ich erwarte ihn etwas später zurück.«
    Ich nickte. Das war Hubbles Plan gewesen. Er hatte gesagt, er würde irgendeine Geschichte erzählen und dann versuchen, die Lage zu beruhigen. Ich fragte mich, ob Charlie darüber sprechen wollte, aber die Kinder standen schweigend neben ihr, und ich konnte sehen, daß sie in ihrer Gegenwart nicht reden

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