Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht
Gucci-Sandalen berührten den Teppichboden nicht mehr.
»Ich habe Ihnen gerade ein Kompliment gemacht«, stellte Hobie fest. »Sollten Sie sich nicht irgendwie dazu äußern? Höflich?«
Er verstärkte den Druck. Der Stahl grub sich ins Fleisch ihrer Kehle. Ihr linker Fuß stand nicht mehr auf dem Boden.
»Danke«, keuchte sie.
Der Druck des Hakens ließ nach. Ihr Blick kehrte in die Horizontale zurück, ihre Absätze berührten wieder den Boden. Sie keuchte laut, atmete heftig ein und aus.
»Eine sehr schöne Frau.«
Er nahm den Haken von ihrer Kehle. Der Stahl berührte ihre Taille. Folgte der Kurve ihrer Hüfte, glitt über ihren Oberschenkel tiefer. Hobie starrte ihr weiter ins Gesicht. Die Pistole blieb gegen ihre Brust gedrückt. Der Haken drehte sich, und die flache Seite des Bogens verließ ihren Oberschenkel, den jetzt nur noch die Spitze berührte. Sie wanderte langsam tiefer. Marilyn spürte, wie sie von der Seide auf ihr nacktes Bein glitt. Sie war spitz. Nicht wie eine Nadel, sondern wie ein Bleistift. Sie hielt inne. Dann bewegte sie sich wieder nach oben. Er verstärkte den Druck etwas. Die Stahlspitze ritzte ihre Haut nicht. Das wusste Marilyn. Aber sie hinterließ eine Furche in ihrem festen Fleisch. Sie glitt höher, verhakte sich unter der Seide. Marilyn fühlte das kalte Metall auf der Haut ihres Oberschenkels. Der Haken bewegte sich weiter nach oben. Sie spürte, wie die dünne Seide sich im Stahlbogen des Hakens zusammenrollte. Der Haken glitt höher. Hinten rutschte der Kleidersaum über die Rückseite ihrer Oberschenkel hinauf. Sheryl regte sich auf dem Teppichboden. Der Haken bewegte sich nicht weiter, und Hobies schreckliches rechtes Auge blickte langsam zur Seite und nach unten.
»Greifen Sie in meine Jackentasche!«, befahl er.
Sie starrte ihn an.
»Mit Ihrer linken Hand in meine rechte Tasche.«
Sie musste dichter an ihn herantreten und zwischen seinen Armen nach unten greifen. Dabei kam sie seinem Gesicht nahe. Es roch nach Seife. Sie tastete nach seiner Jackentasche. Steckte ihre Hand hinein und schloss sie um einen kleinen Zylinder. Zog ihn heraus. Der Zylinder war eine angebrochene Rolle Gewebeband. Silbern. Schätzungsweise noch fünf Meter. Hobie trat von ihr zurück.
»Fesseln Sie Sheryl damit die Arme«, sagte er.
Sie bewegte ihre Hüften, damit der Kleidersaum wieder herunterrutschte. Hobie beobachtete sie dabei und lächelte. Sie sah zwischen der silbernen Rolle Gewebeband und der auf dem Teppichboden Liegenden hin und her.
»Drehen Sie sie um«, sagte er.
Das aus dem Wohnzimmer in die Diele fallende Licht ließ den Pistolenlauf glänzen. Sie kniete neben Sheryl nieder. Zog an der einen Schulter, drückte gegen die andere, bis sie wieder auf dem Bauch lag.
»Drücken Sie ihre Ellbogen zusammen«, sagte er.
Marilyn zögerte. Er hob erst die Pistole, dann den Haken und breitete dabei die Arme aus, um seine Überlegenheit zu demonstrieren. Sie verzog das Gesicht. Sheryl bewegte sich erneut. Ihr Blut bildete eine Lache auf dem Teppichboden. Es war dunkelbraun und klebrig. Marilyn benutzte beide Hände, um ihr die Ellbogen hinter dem Rücken zusammenzudrücken. Hobie beobachtete sie dabei.
»Richtig eng zusammen«, sagte er.
Mit einem Fingernagel löste sie das festgeklebte Ende des Gewebebands. Dann wickelte sie es knapp unterhalb der Ellbogen mehrmals um Sheryls Unterarme.
»Enger«, sagte er. »Um die ganzen Arme.«
Sie wickelte das Klebeband wieder und wieder um Sheryls Arme, bis die Fessel von den Handgelenken bis zu den Ellbogen reichte. Sheryl fing an, sich zu regen und schwache Abwehrbewegungen zu machen.
»Okay, setzen Sie sie auf«, sagte Hobie.
Marilyn zog sie in eine sitzende Position hoch. Ihr Gesicht war voller Blut. Ihre Nase sah unförmig aus und verfärbte sich blau. Ihre Lippen waren geschwollen.
»Kleben Sie ihr einen Streifen über den Mund«, sagte Hobie.
Sie benutzte ihre Zähne, um einen fünfzehn Zentimeter langen Streifen abzureißen. Sheryl blinzelte, schien ihre Umgebung wieder wahrzunehmen. Marilyn erwiderte ihren Blick mit einem unglücklichen Schulterzucken, in dem eine hilflose Bitte um Verzeihung lag, und klebte ihr das Band über den Mund. Das dicke silberne Klebeband war mit eingelegtem Gewebe verstärkt. Es glänzte, ohne rutschig zu sein. Marilyn rieb mit den Fingern darüber, damit es richtig klebte. Sheryls Nase begann zu blubbern, und sie riss in Panik die Augen auf.
»Gott, sie bekommt keine Luft!«, keuchte
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