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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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sein Ohr an die Tür. Nichts. Er öffnete sie. Der Empfangsbereich war düster und verlassen. Das Eichenholz schimmerte blass, und die Messingverzierungen blitzten hier und da. Er konnte das Aggregat des Kühlschranks in der Teeküche rechts hören. Er konnte kalten, abgestandenen Kaffee riechen.
    Die Tür zum Korridor war abgesperrt. Eine große, massive Tür, die den strengen Bauvorschriften entsprechend vermutlich feuerfest war. Sie war innen mit gekalkter Eiche verkleidet, aber in dem Spalt zwischen Türblatt und Rahmen konnte man sehen, dass sie aus Stahl bestand. Er rüttelte an der Klinke, aber die Tür bewegte sich nicht. Er blieb lange dort stehen und starrte durch das kleine Drahtglasfenster hinaus - zehn Meter von den Aufzügen und der Freiheit entfernt. Dann wandte er sich der Theke im Empfangsbereich zu.
    Von vorn war sie gut einen Meter hoch. Auf der Rückseite befanden sich Fächer, die Briefpapier, Umschläge, Ordner und sonstigen Bürokram enthielten, darüber war eine Schreibplatte montiert, auf der ein Telefon stand; ein komplizierter Apparat mit dem Hörer links und den Tasten rechts unter einer kleinen rechteckigen Anzeige. Darauf stand ein einziges Wort: AUS. Er nahm den Hörer ab, die Leitung war tot. Er drückte wahllos irgendwelche Knöpfe. Nichts. Er suchte die Konsole systematisch ab, ließ seinen Finger über alle Knöpfe gleiten und fand so den Knopf BETRIEB. Als er ihn drückte, wechselte die kleine grüne Anzeige zu CODE EINGEBEN. Als er auf gut Glück ein paar Zahlen eintippte, wurde sofort wieder AUS angezeigt.
    Unter der Schreibplatte befanden sich auch Schrankfächer. Alle mit kleinen Eichentüren, alle abgesperrt. Er rüttelte an ihnen und hörte ihre kleinen Schlossriegel in Metallrahmen klappern. Er ging in Hobies Büro zurück. Zum Schreibtisch. Auf den Sofas lag nichts. Seine Kleidungsstücke waren verschwunden, Auf dem Schreibtisch lag nichts. Alle Schubladen waren abgeschlossen. Er hockte sich davor und zog an den Griffen. Die Schubladen bewegten sich nur ein winziges Stück. Er sah den Abfallbehälter unter dem Schreibtisch: ein nicht sehr hoher Messingzylinder. Er sah hinein. Auf dem Boden lag seine leere Geldbörse, daneben das Foto von Marilyn mit der Rückseite nach oben. Das Papier war über und über mit dem Markennamen Kodak bedruckt. Er griff in den Abfallbehälter und drehte es um. Marilyn lächelte ihn an. Er hatte diese Aufnahme selbst gemacht. Sie trug das Seidenkleid. Den Sexyfummel, den sie sich hatte anfertigen lassen. Sie ahnte nicht, dass er die Sache mit der Maßanfertigung wusste. Das Atelier hatte angerufen, als er allein zu Hause war. Er hatte die Schneiderin gebeten, sich nochmals zu melden, und Marilyn in dem Glauben gelassen, er nehme ihr den Kauf von der Stange ab. Auf diesem Foto trug sie es zum ersten Mal. Sie lächelte etwas verlegen, obwohl ihre Augen spitzbübisch blitzten. Er hielt das Foto in der Hand und starrte es an; dann legte er es wieder in den Abfallbehälter, weil er keine Tasche hatte, in die er es hätte stecken können.
    Er stand ruckartig auf und ging um den Lederdrehsessel herum zu der Fensterwand. Schob die Lamellen der Jalousie mit beiden Händen auseinander und blickte hinaus. Er musste etwas unternehmen. Aber er befand sich im siebenundachtzigsten Stock. Von hier aus waren nur der Hudson River und New Jersey zu sehen. Keine Nachbarn gegenüber, denen man Hilfe suchend hätte zuwinken können. Überhaupt nichts gegenüber. Er ließ die Lamellen zurückschnappen, schritt mehrmals jeden Winkel des Büros und des Empfangsbereichs ab. Hoffnungslos. Er war hier gefangen. Fröstelnd und ins Leere starrend, blieb er mitten im Raum stehen.
    Er hatte Hunger und keine Ahnung, wie spät es war. Die Bürotür besaß kein Schloss, und er besaß keine Uhr. Die Sonne stand tief im Westen. Also früher Abend. Er schlich zur Bürotür. Horchte erneut. Nichts als das beruhigende Summen des Gebäudes und das leise Rattern des Kühlaggregats. Er ging vom Büro in die Küche. Er zögerte, bevor er auf den Lichtschalter drückte. Eine Leuchtstoffröhre flammte auf. Sie flackerte einige Sekunden lang, dann tauchte sie den Raum in fahles Licht und ließ dabei ein Brummen hören. Die kleine Küche war mit einem winzigen Spülbecken aus Edelstahl und einer ebenso winzigen Arbeitsplatte ausgestattet. Es gab abgespülte, auf dem Kopf stehende Kaffeebecher und eine Kaffeemaschine mit braunen Flecken von altem Kaffee. Unter der Arbeitsfläche ein winziger

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