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Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht

Titel: Jack Reacher 03: Sein wahres Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Marilyn.
    Sie wollte das Klebeband wieder entfernen, aber Hobie trat ihre Hand weg.
    »Sie haben ihr das Nasenbein gebrochen«, sagte Marilyn. »Sie bekommt keine Luft.«
    Die Pistole zielte nach unten auf ihren Kopf. Mit ruhiger Hand gehalten. Aus kaum einem halben Meter Entfernung.
    »So stirbt sie!«, sagte Marilyn.
    »Das ist verdammt sicher«, bestätigte Hobie.
    Sie starrte entsetzt zu ihm auf. In Sheryls zertrümmerten Nasengängen blubberte und gluckste Blut. Ihre Augen drohten aus ihren Höhlen zu quellen. Ihre Brust hob und senkte sich krampfhaft. Hobie sah weiter Marilyn an.
    »Soll ich nett sein?«, fragte er.
    Sie nickte wild.
    »Sind Sie dann auch nett?«
    Sie hatte nur Augen für ihre Freundin. Sheryl wurde von Krämpfen geschüttelt, während sie nach Luft rang. Sie warf ihren Kopf hin und her. Hobie beugte sich zu ihr hinab und setzte seinen Haken so an, dass die Spitze übers Klebeband scharrte, als Sheryl ihren Kopf von einer Seite zur anderen warf. Dann stieß er zu und drückte die Spitze durch das silberne Gewebeband. Bewegte seinen Arm von links nach rechts. Zog den Haken wieder heraus. Im Klebeband blieb ein gezackter Schlitz zurück, durch den Luft eindrang. Der Streifen wurde eingesaugt und wieder ausgeblasen, während Sheryl keuchend nach Luft rang.
    »Ich war nett«, sagte Hobie. »Also sind Sie mir jetzt was schuldig, okay?«
    Sheryls Atemzüge pfiffen laut durch den Schlitz. Sie konzentrierte sich darauf. Sie starrte mit zusammengekniffenen Augen nach unten, als wolle sie sich davon überzeugen, dass sie wirklich Luft bekam. Marilyn beobachtete sie, neben ihr kauernd, starr vor Entsetzen.
    »Helfen Sie ihr in den Wagen«, sagte Hobie.

10
    Chester Stone war auf der Toilette im siebenundachtzigsten Stock allein. Tony hatte ihn gezwungen, dort hineinzugehen. Nicht mit Gewalt. Er hatte nur stumm auf die offene Tür gedeutet, und Stone war in seiner Unterwäsche, mit den schwarzen Socken und den glänzend geputzten Schuhen an den Füßen über den Teppich gehuscht. Dann hatte Tony seinen Arm gesenkt und ihn aufgefordert, dort drinnen zu bleiben, und die Tür hinter ihm geschlossen. Von draußen waren gedämpfte Geräusche zu hören gewesen, und nach ein paar Minuten verließen die beiden Männer offenbar das Büro, denn Stone hörte, wie Türen zufielen, bevor in der Nähe ein Aufzug surrte. Danach herrschte Stille.
    Er saß auf dem gefliesten Boden, lehnte mit dem Rücken an der mit grauem Granit verkleideten Wand und starrte ins Leere. Die Toilettentür war nicht abgesperrt. Das wusste er. Als sie sich geschlossen hatte, war kein Schlüssel umgedreht, kein Türknopf verriegelt worden. Ihm war kalt. Die Kälte kroch durch die dünne Baumwolle seiner Boxershorts. Er begann zu frösteln. Er war hungrig und durstig.
    Er horchte aufmerksam. Nichts. Er stemmte sich hoch und trat ans Waschbecken. Drehte den Wasserhahn auf und horchte erneut, während ein dünner Strahl Wasser herausfloss. Nichts. Er beugte den Kopf übers Becken und trank. Seine Zähne berührten das Metall des Wasserhahns, und er schmeckte das Chlor des Stadtwassers. Er behielt einen großen Schluck im Mund und umspülte damit seine trockene Zunge. Dann schluckte er das Wasser hinunter und drehte den Hahn wieder zu.
    Er wartete eine Stunde. Eine volle Stunde, in der er auf dem Boden saß, die unversperrte Tür anstarrte und auf die Stille horchte. Die Stelle, wo der Kerl ihn getroffen hatte, tat weh. Ein stechender Schmerz, wo die Faust von seinen Rippen abgeglitten war. Und eine leichte, schleichende Übelkeit in der Magengrube, wo der Schlag sein Ziel gefunden hatte. Er hielt seinen Blick auf die Tür gerichtet und versuchte, den Schmerz auszublenden. Die Geräusche der Aufzüge und der Klimaanlage, das Rauschen von Wasser in den Leitungen und die Windgeräusche an den Fenstern ergaben zusammen ein tiefes, nicht unangenehmes Summen, das knapp jenseits der normalen Hörschwelle lag.
    Er fror und war hungrig, hatte Schmerzen und Angst. Er rappelte sich auf, stand zusammengekrümmt da und horchte. Nichts. Er schlurfte über den Granit. Blieb mit einer Hand auf dem Türknopf stehen. Lauschte angestrengt. Noch immer nichts. Er öffnete die Tür. Das riesige Büro war düster und still. Leer. Er ging leise über den Teppich durch den Raum und blieb an der Tür zum Empfangsbereich stehen. Dort war er den mehrfach nebeneinander angeordneten Aufzügen näher. Er konnte die Kabinen in ihren Schächten auf und ab surren hören. Er legte

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