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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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er war: ein zweitklassiger Moskauer Gangster. Anfang vierzig, stämmiger Körperbau, breites Gesicht, trüber Blick, billige Lederjacke. Nach Linskys Ansicht war er ein Blödmann, der jedoch den Endkampf der Roten Armee in Afghanistan überlebt hatte, was man irgendwie anerkennen musste. Massenhaft Leute, die schlauer als Raskin gewesen waren, hatten es nicht geschafft, heil oder überhaupt zurückzukommen. Das machte Raskin zu einem Überlebenskünstler, und auf diese Eigenschaft legte der Zec mehr Wert als auf jede andere.
    Raskin öffnete die Fondtür und stieg hinter Linsky ein. Er sagte kein Wort. Reichte nur vier Exemplare von Emersons Steckbrief nach vorn. Eine Sendung des Zec. Wie der an sie herangekommen war, wusste Linsky nicht bestimmt. Aber er konnte es sich denken. Das Phantombild war ziemlich gut getroffen. Es würde seinen Zweck erfüllen.
    »Danke«, sagte Linsky höflich.
    Raskin schwieg weiter.
    Wieder zwei Minuten später trafen Tschenko und Wladimir mit Tschenkos Cadillac ein. Tschenko fuhr. Tschenko fuhr immer. Er parkte hinter Raskins Lincoln. Drei große schwarze Limousinen in einer Reihe. Linsky musste unwillkürlich lächeln. Tschenko und Wladimir verließen ihr Gefährt und kamen nach vorn: der eine klein und schwarz, der andere groß und blond. Sie stiegen in Linskys Cadillac – Tschenko vorn, Wladimir hinten neben Raskin -, sodass sich im Uhrzeigersinn eine natürliche Rangfolge ergab: Linsky auf dem Fahrersitz, Tschenko neben ihm, dann Wladimir und zuletzt Raskin. Die instinktiv eingehaltene Hackordnung. Linsky lächelte erneut, während er drei Exemplare des Steckbriefs verteilte. Eines behielt er selbst, obwohl er keines brauchte. Er hatte Jack Reacher schon oft genug gesehen.
    »Wir fangen noch mal an«, erklärte er. »Ganz von vorn. Wir können davon ausgehen, dass die Polizei etwas übersehen hat.«
     
    Reacher zog die Brandschutztür auf, holte das zusammengefaltete Stück Karton aus dem Schloss und steckte es ein. Er betrat das Hotel und ließ das Türschloss hinter sich einrasten. Dann folgte er dem rückwärtigen Korridor zum Aufzug und fuhr in den dritten Stock hinauf. Klopfte an Huttons Zimmertür. Dabei ging ihm etwas durch den Kopf, was Jack Nicholson in einer Filmrolle als knorriger Oberst im Marinekorps über Anwältinnen der U.S. Navy gesagt hatte: Nichts geht über eine Frau, vor der man am nächsten Morgen salutieren muss.
    Es dauerte einige Zeit, bis Hutton aufmachte. Er vermutete, sie habe es sich wieder bequem gemacht, nachdem die Cops gegangen waren, und nicht erwartet, schon so bald wieder gestört zu werden. Aber dann wurde die Tür doch geöffnet. Sie trug einen Bademantel, kam anscheinend gerade aus der Dusche. Das Licht in ihrem Rücken umgab ihr Haar wie ein Heiligenschein. Im Gegensatz zu dem spärlich beleuchteten Korridor erschien ihm das Zimmer warm und einladend.
    »Du bist zurückgekommen«, sagte sie.
    »Hast du geglaubt, ich käme nicht?«
    Er betrat die Suite, und sie schloss die Tür hinter ihm.
    »Die Cops waren gerade da«, teilte sie ihm mit.
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich habe sie kommen und gehen gesehen.«
    »Wo warst du?«
    »Zwei Blocks entfernt neben einem Müllbehälter.«
    »Willst du dich waschen?«
    »Es war ein sehr sauberer Container. Hinter einem Schuhgeschäft.«
    »Willst du zum Abendessen ausgehen?«
    »Der Zimmerservice wäre mir lieber«, antwortete er. »Ich möchte mich nicht unnötig exponieren.«
    »Okay«, meinte sie. »Das klingt vernünftig. Also der Zimmerservice.«
    »Aber noch nicht gleich.«
    »Soll ich mich anziehen?«
    »Noch nicht gleich.«
    Sie hob die Augenbrauen.
    »Warum nicht?«, fragte sie.
    »Wir haben noch etwas aufzuarbeiten.«
    Sie sagte nichts.
    »Freut mich, dich wiederzusehen«, sagte er.
    »Du warst keine drei Stunden fort.«
    »Ich meine nicht heute«, erklärte er. »Insgesamt. Nach so langer Zeit.«
    Dann umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen. Grub die Fingerspitzen in ihr Haar, wie er’s immer getan hatte, und fuhr die Konturen ihrer Wangenknochen mit den Daumen nach.
    »Sollten wir das tun?«, fragte sie.
    »Willst du denn nicht?«
    »Es ist vierzehn Jahre her«, entgegnete sie.
    »Wie das Fahrradfahren«, sagte er.
    »Glaubst du, dass es wie früher ist?«
    »Sogar besser.«
    »Wie viel besser?«, fragte sie.
    »Wir waren immer gut«, sagte er. »Hab ich recht? Wie viel besser kann’s da noch werden?«
    Sie stand eine Weile völlig reglos da. Dann schlang sie die Hände um seinen Nacken

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