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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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rechnete sich aus, dass er weniger als dreißig Minuten würde warten müssen, wenn Emerson tüchtig war. War er sehr tüchtig, würden es weniger als zwanzig Minuten sein. War er dagegen nur durchschnittlich, konnte bis zu einer Stunde verstreichen. Er lehnte an dem Müllbehälter und vertrieb sich die Zeit. Obwohl es noch nicht dunkel war, herrschte nur wenig Verkehr auf den Straßen. Lediglich ein paar Leute waren noch unterwegs. Er beobachtete und wartete. Dann lenkte ihn der an den weggeworfenen Schuhkartons haftende Geruch von neuem Leder ab. Er begann an Schuhwerk zu denken. Vielleicht war er gut beraten, wenn er sich in nächster Zeit ein neues Paar Schuhe zulegte. Er streckte einen Fuß aus und begutachtete ihn. Die Bootsschuhe, die er jetzt trug, waren weich und leicht und hatten dünne Sohlen. Ideal für Miami. Weniger gut für seine jetzige Umgebung. Vielleicht würde er sich schon bald festere Schuhe wünschen.
    Dann sah er wieder nach unten. Trat einen Schritt zurück, stellte die Füße nebeneinander, machte wieder einen Schritt nach vorn und verharrte in dieser Stellung. Versuchte das gleiche mit dem anderen Fuß. Während er seine Schuhe betrachtete, hatte er irgendwas im Hinterkopf. Etwas, das Bellantonios Beweismaterial betraf. Etwas aus diesen Hunderten von bedruckten Blättern.
    Schließlich blickte er wieder auf, weil er aus dem Augenwinkel heraus eine Bewegung vor dem zwei Blocks entfernten Hoteleingang wahrgenommen hatte. Er sah die Motorhaube eines Streifenwagens. Sie schob sich in sein Blickfeld und senkte sich kurz nach unten, als das Fahrzeug bremste und hielt. Dann tauchten zwei uniformierte Cops auf dem Weg zur Drehtür auf. Reacher sah auf seine Uhr. Dreiundzwanzig Minuten. Er lächelte. Emerson war gut, aber nicht unglaublich gut. Die Cops verschwanden durch die Drehtür. Sie würden geradewegs zur Rezeption marschieren. Die dort Dienst tuende Hotelangestellte würde ihnen bereitwillig Huttons Zimmernummer nennen. In der Mitte Amerikas bestand das Personal am Empfang von Hotels im Allgemeinen nicht aus Aktivisten der Bürgerrechtsbewegung. Und die Gäste waren morgen wieder fort, anders als die hiesige Polizei.
    Die Cops würden also zu Hutton hinauffahren und bei ihr anklopfen. Hutton würde sie einlassen. Schließlich hatte sie nichts zu verbergen. Die Cops würden sich in ihrer Suite umsehen und wieder verschwinden. Das ganze würde maximal zehn Minuten dauern.
    Reacher schaute erneut auf die Uhr und wartete.
    Nach acht Minuten kamen die Cops wieder aus dem Marriott. Sie blieben vor der Drehtür stehen: zwei winzige Gestalten in der Ferne. Einer der Männer sprach mit schief gelegtem Kopf in sein Kragenmikrofon, meldete den Misserfolg und holte neue Anweisungen ein. Der nächste mögliche Aufenthaltsort. Die nächste Person, mit der er Umgang gehabt hatte. Alles nur Routine. Viel Spaß heute Abend, Jungs, dachte Reacher. Ich werde mich jedenfalls amüsieren. Das steht verdammt fest. Er beobachtete, wie sie wegfuhren, und blieb für den Fall, dass sie in seine Richtung kamen, noch eine Minute in Deckung. Dann verließ er die Mauernische und machte sich auf den Weg zu Eileen Hutton.
     
    Grigor Linsky wartete in seinem Wagen auf der Feuerwehrzufahrt am Rand des Parkplatzes eines Supermarkts, auf der eine riesige orangerote Schaufensterwerbung für äußerst preiswertes Hackfleisch genau hinter ihm aufragte. Alt und verdorben, dachte Linsky. Oder voller Keime. Die Art Nahrung, für die der Zec und ich früher gemordet hätten . Und gemordet entsprach der Wahrheit. Linsky machte sich keine Illusionen. Überhaupt keine. Der Zec und er waren böse Menschen, die durch schlimme Erfahrungen noch böser geworden waren. Das gemeinsam erlittene Leid hatte ihnen weder Anstand noch Würde verliehen. Ganz im Gegenteil. Männer mit Anstand und Würde, die in ihre Situation gerieten, waren binnen Stunden gestorben. Aber der Zec und er hatten wie Kanalratten überlebt, indem sie alle Zurückhaltung aufgegeben, mit Zähnen und Klauen gekämpft, Stärkere denunziert und über Schwächere geherrscht hatten.
    Und sie hatten dabei gelernt. Was einmal funktionierte, funktionierte immer wieder.
    In seinem Rückspiegel beobachtete Linsky, wie Raskins Auto auf ihn zu rollte. Es war ein Lincoln Town Car, das alte kantige Modell, schwarz und staubig, mit Schlagseite wie ein von Torpedos getroffenes Schlachtschiff. Es hielt hinter Linskys Cadillac, und Raskin stieg aus. Seine Erscheinung entsprach genau dem, was

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