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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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gefunden.
    »Wir sollten uns jetzt die Anwältin vornehmen«, sagte Linsky. »Schließlich kann ohne sie nichts passieren. Sie ist der Drehund Angelpunkt. Sie gibt die Richtung vor.«
    »Das erhöht den Einsatz«, erklärte der Zec.
    »Der ist schon ziemlich hoch.«
    »Vielleicht kommt der Soldat nicht wieder.«
    »Schon möglich«, sagte Linsky. »Aber es geht darum, was er zurückgelassen hat. Im Kopf der Anwältin.«
    »Ich denke darüber nach«, sagte der Zec. »Ich rufe dich wieder an.«
    »Sollen wir weitersuchen?«
    »Müde?«
    Linsky war erschöpft, und sein Rückgrat schmerzte unerträglich.
    »Nein«, log er. »Ich bin nicht müde.«
    »Sucht also weiter«, meinte der Zec. »Aber schick mir Raskin her.«
     
    Etwa ab der Stelle, wo der Highway auf Stelzen geführt wurde, ging Reacher auf fünfzig herunter. Er blieb in der mittleren Spur und ließ die hinter der Bibliothek vorbeiführende Abzweigung rechts liegen. Er fuhr noch zwei Meilen nach Norden weiter und verließ den Highway, um auf die vierspurige Straße zu gelangen, die an den Autohändlern und dem Geschäft für Autozubehör vorbeiführte. Er folgte der County Road nach Osten und bog dann nach Norden auf Jeb Olivers Rural Route ab. Wenig später umgab ihn tiefe ländliche Stille. Die Bewässerungsarme drehten sich langsam, und die Sonne ließ die Tröpfchen in Regenbogenfarben schillern.
    Das Kernland. Mit all seinen Geheimnissen.
    Er brachte den Wagen neben dem Briefkasten der Olivers zum Stehen. Der Mustang konnte die Fahrspur bis zum Haus unmöglich bewältigen. Ihr erhöhter Mittelgrat hätte alles unter dem Wagenboden weggerissen. Die Radaufhängungen, den Auspuff, die Stoßdämpfer, das Differenzial und was sich sonst noch dort unten befand. Das hätte Ann Yanni ganz und gar nicht gefallen. Deshalb stieg er aus und ließ den Wagen, wo er war: niedrig und geduckt und in der Sonne blau glitzernd. Er ging langsam die Fahrspur entlang und spürte unter seinen dünnen Sohlen jeden größeren Stein, sogar jeden Kiesel. Jeb Olivers roter Dodge schien nicht bewegt worden zu sein. Er stand weiter an seinem Platz und war mit einer braunen Staubschicht bedeckt, in der herablaufender Tau dünne Rinnsale hinterlassen hatte. Aus dem alten Farmhaus drang kein Laut. Das Tor der Scheune war geschlossen und mit dem Bügelschloss gesichert.
    Reacher ignorierte die Haustür. Er ging um das Haus herum zur rückwärtigen Veranda. Jebs Mutter saß wieder in ihrer Hollywoodschaukel. Sie trug dasselbe Kleid wie zuvor, aber diesmal hatte sie keine Flasche. Nur ein manisches Starren in ihren weit aufgerissenen Augen. Sie hatte einen Fuß untergeschlagen und benutzte den anderen, um ungefähr doppelt so schnell zu schaukeln wie beim letzten Mal.
    »Hallo«, sagte sie.
    »Jeb noch nicht wieder da?«, fragte Reacher.
    Sie schüttelte nur den Kopf. Reacher hörte wieder das Rieseln der Bewässerungsanlagen, das Quietschen der Hollywoodschaukel, das Knarren des Bretts im Verandaboden.
    »Besitzen Sie eine Waffe?«, fragte er.
    »Davon halte ich nichts«, antwortete sie.
    »Haben Sie ein Telefon?«
    »Gesperrt«, sagte sie. »Ich bin ihnen Geld schuldig. Aber ich brauche sie nicht. Jeb lässt mich sein Handy benutzen, wenn ich telefonieren muss.«
    »Gut«, sagte Reacher.
    »Was, zum Teufel, ist daran gut? Jeb ist nicht hier.«
    »Genau das ist gut daran. Ich breche jetzt das Scheunentor auf und will nicht, dass Sie die Cops anrufen, während ich das tue. Oder mich erschießen.«
    »Das ist Jebs Scheune. Da dürfen Sie nicht rein.«
    »Ich wüsste nicht, wie Sie mich daran hindern könnten.«
    Er kehrte ihr den Rücken zu und ging die Fahrspur entlang weiter. Sie beschrieb einen leichten Bogen und führte dann direkt auf das zweiflüglige Scheunentor zu. Wie die Scheune selbst bestanden die Torflügel aus alten Planken, die in hundert Sommern und Wintern abwechselnd durchglüht und durchweicht worden waren. Reacher berührte sie mit den Fingerknöcheln und spürte eine trockene Hohlheit. Aber das Schloss war fabrikneu, ein Bügelschloss aus Stahl, wie es Fahrradkuriere in Großstädten benutzten. Eine Hälfte der U-förmigen Stange führte durch zwei schwarze Stahlbügel, die auf der Innenseite des Tors festgeschraubt waren. Reacher griff nach dem Schloss. Rüttelte daran. Schwerer Stahl, von der Sonne warm. Das Ganze ziemlich massiv. Unmöglich, es zu durchtrennen oder aufzusprengen.
    Aber jedes Schloss war nur so stark wie das Material, auf dem es angebracht war.
    Reacher

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