Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
es gleichgültig, daß die meisten Bürger Nordirlands, ob Protestanten oder Katholiken, den Anschlag uneingeschränkt verurteilten. Seine Welt war die Revolution.
«Jeder kann mal Pech haben», bemerkte Miller verdrossen. Dieser verdammte Ryan!
«Aber es war fabelhaft gemacht. Es war in der Tat Pech, aber wir sind alle Sklaven des Schicksals.»
O'Donnell runzelte die Stirn. Sein Gast war ihm zu poetisch, und er hatte es satt, ständig daran erinnert zu werden, daß Mao persönlich Gedichte geschrieben hatte.
«Werden sie versuchen, Maureen rauszuholen?»
Darüber mußte Connolly lachen. «Nach dem, was ihr mit Sean gemacht habt? Wohl kaum. Wie habt ihr das bloß geschafft?»
«Man muß sich nur was einfallen lassen», war alles, was O'Donnell entgegnete. Seine Quelle hatte strikten Befehl, die nächsten zwei Monate gar nichts zu tun. Was ihn betraf, war Dennis' Antiquariat geschlossen. Die Entscheidung, ihn zu benutzen, um Informationen für die Befreiungsaktion zu bekommen, war nicht leicht gewesen. Das ist das Problem mit guten Informationen, hatten ihm seine Lehrer vor Jahren eingehämmert. Die wirklich wertvollen Dinge sind immer ein Risiko für die Quelle selbst. Es war paradox. Das nützlichste Material war oft zu gefährlich, um gebraucht zu werden, aber Informationen, die man nicht gebrauchen durfte oder konnte, waren wertlos.
«Na ja, seit der Aktion reden alle über euch. Sie haben mich hierher geschickt, um unsere Jungs über die Operation zu informieren.»
«Ach, wirklich?» sagte Kevin lachend. «Und was hält Mr. Doyle von uns?»
Der Besucher drohte ihm ironisch mit dem Zeigefinger. «Ihr seid ein konterrevolutionärer Faktor, der die Bewegung torpedieren will. Der Anschlag in der Mall hat drüben Empörung ausgelöst. Wir ... Entschuldigung, sie werden in einem Monat oder so einige von ihren Leuten nach Boston schicken, um den Yankees zu sagen, daß sie nichts damit zu tun hatten», berichtete Connolly.
«Geld - wir brauchen ihr verdammtes Geld nicht!» bemerkte Miller. «Und sie können sich ihre ‹moralische Unterstützung› sonstwo hinstecken, die ...»
«Wir dürfen die Amis nicht vor den Kopf stoßen», wandte Connolly ein.
O'Donnell hob das Glas zu einem Trinkspruch: «Zum Teufel mit den verdammten Amis!»
Miller trank seinen zweiten Whisky aus. Seine Augen waren weit geöffnet.
«Kevin, wir werden im Vereinigten Königreich eine Weile nichts unternehmen ...»
«In den Sechs Grafschaften auch nicht», sagte O'Donnell nachdenklich. «Wir verhalten uns jetzt mal eine Weile ganz still. Wir konzentrieren uns auf die Ausbildung und warten auf unsere nächste Chance.»
«Shamus, welchen Erfolg werden Doyles Leute in Boston haben?»
Connolly zuckte die Achseln. «Wenn man die Amis richtig vollaufen läßt, werden sie alles glauben, was man ihnen erzählt, und ihre Dollars hinblättern wie üblich.»
Miller lächelte kurz. Während die beiden anderen weiterredeten, schenkte er sich nach. Er war dabei, einen Plan zu schmieden.
Murray hatte in seiner langjährigen Dienstzeit eine ganze Reihe von Funktionen im Bureau gehabt. Zuerst hatte er als junger Agent Bankräuber gejagt, und später hatte er eine Zeitlang den Nachwuchs an der FBI-Akademie in Quantico, Virginia, in Fahndungsmethoden unterrichtet. Dabei hatte er regelmäßig betont, wie wichtig Intuition sei. Polizeiarbeit war immer noch ebensosehr eine Kunst wie eine Wissenschaft. Das FBI hatte enorme wissenschaftliche Hilfsmittel, um Indizien und Spuren zu verarbeiten, es hatte für alles eine schriftlich fixierte Prozedur, aber letzten Endes war das alles kein Ersatz für den Grips eines erfahrenen Agenten. Murray wußte, daß Erfahrung das A und O war - die Art, wie man Indizien zusammenfügte, das Gefühl dafür, was in der gesuchten Person vorging, der Instinkt, den man entwickelte, um ihren nächsten Schritt vorauszusagen. Aber Intuition war fast noch wichtiger als Erfahrung. Die beiden Dinge wirkten zusammen, bis man sie kaum noch voneinander trennen konnte.
Aber man muß aufpassen, sagte er sich, während er von der Botschaft nach Hause fuhr. Die Intuition kann leicht verrückt spielen, wenn man nicht genug Fakten hat, an denen man sich festhalten kann.
Warum hatte Jimmy die Bemerkung über Amerika gemacht?
Fakt: Die ULA brach alle Regeln. Fakt: Keine irische Terrororganisation hatte je eine Aktion in den Vereinigten Staaten durchgeführt. Mehr Fakten gab es nicht. Wenn sie eine Operation in Amerika durchführten...
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