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Jack Taylor fährt zur Hölle

Jack Taylor fährt zur Hölle

Titel: Jack Taylor fährt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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lange her, seitdem mir ein Priester irgend gutgetan hat.«
    Er drehte sich um, beugte das Knie vor dem Altar und war weg. Ich wollte gehen, und am Hauptportal war eine Nonne, die Traktate ordnete. Sie sah mich böse an. Ich sagte:
    »Entschuldigung?«
    »Was?«
    »P. Tom, wie heißt der mit Nachnamen?«
    »Es gibt keinen P. Tom.«
    Ich beschrieb ihn, und sie sagte:
    »Sind Sie schwerhörig? In dieser Gemeinde gibt es keinen solchen Priester.«

»Warum sollte ich keine paranoiden Züge haben, so,
wie ich gelebt habe? Im Lauf meines Lebens hat mir meine Miniparanoia mehr als einmal genau dieses Leben gerettet.«
    Edward Bunker, Memoirs of a Renegade

I ns Bailey’s kam ich erst am späten Nachmittag zurück. Wenn man durch die Shop Street geht, hat man es besser nicht eilig. Man trifft auf seine Vergangenheit, auf Überbleibsel einer fragwürdigen Gegenwart und auf Vorboten der düsteren Zukunft. Die Vergangenheit wird von Schulfreunden repräsentiert, die alt, durchhin und heimlichtuerisch wirken. Die Gegenwart tanzt in einem Wirbel aus Regen, Flüchtlingen und verlorenen Pennern, die Zukunft kündigt sich durch die Anzahl von Handys und durch hieroglyphische Texte an. Die Wirkung ist allgemeine Verwirrung.
    Vor Jahren beherrschte ein Rundfunkprogramm namens Dear Frankie die Ätherwellen. Frankie klang wie Bette Davis an einem ganz besonders schlechten Tag. Das ganze Land kannte die Sendung. Probleme, die man ihr einsandte, schienen normaler, lösbarer zu werden. Ihre Antworten waren knapp, ätzend, und mit einer längeren Debatte war sowieso nicht zu rechnen. Zwischendurch Werbung und ein bisschen Sinatra. Man konnte sie nicht als etwas Erhabenes wie das Gewissen der Nation bezeichnen, aber sie schien tatsächlich eine Kombination von guter Laune mit beißendem Witz zu liefern. Hinter der Schroffheit, meinte man, war es ihr ernst.
    Lange her, seit man sagen konnte, es gibt jemanden, dem ist es nicht scheißegal.
    Während der schrecklichen Vorfälle meines vorherigen Falles hatte ganz kurz ein helles Licht geschienen. Ich hatte ein junges Mädchen namens Laura kennengelernt, ein sehr junges Mädchen. In den Zwanzigern, und wenn man fünfzig wird, ist jünger kaum noch denkbar.
    Schlimmer, sie war sehr leidenschaftlich.
    Ich kann nicht sagen, dass ich total entbrannt gewesen wäre, aber ich habe sie bestimmt sehr gern gemocht. Ihr gelang das fast Unmögliche, sie schaffte es, dass ich mich mit mir selbst wohlfühlte. Was Drogen und Alkohol spendeten, war bloß vorübergehende Erleichterung von den Dämonen. Sie sorgte für ein ganz natürliches Gefühl. Wer weiß, was daraus hätte werden können. Ich stand am Abgrund des tragischsten Urteils in meinem Leben. Außerdem war ich kaum über meine eilige Scheidung hinweggekommen. Diese Erklärungen reichen nicht hin, aber so stellte es sich damals für mich dar.
    Ihre Mutter machte mir öffentlich eine Szene, sagte:
    »Sie sollten sich was schämen. Laura ist jung genug, Ihre Tochter zu sein.«
    Stand ich zu ihr, habe ich gekämpft, verkündet, ich sei bereit, alles zu tun, um Laura zu behalten?
    Oder tat ich eher den Teufel?
    Ich schlich davon wie ein verbrühtes Kind. Schlimmer noch: Ich rief Laura an und sagte ihr, ich hätte eine andere kennengelernt.
    Tapfe r … , was?
    Seitdem hatte ich sie ein paarmal gesehen, nur auf die Entfernung. Einmal, in der Nähe vom Supermac’s, war sie stehen geblieben, aber ich hatte auf dem Absatz kehrtgemacht, war eilig abgehauen. Die Zeit heilt die meisten Wunden, oder sie erreicht eine Übereinkunft, nach der man funktionieren kann. Keine Anzahl von Jahren kann je die Schäbigkeit meines Benehmens tilgen.
    Ich habe versucht, mich, zusammen mit meinem ganzen anderen Müll, auch damit abzufinden. Bringt’s nicht. Tritt immer wieder hervor aus dem Lagerhaus der Schande, steht dann allein da und schreit:
    »Du hast dich beschämend verhalten.«
    Der Finger regt sich, schreibt, und hat geschrieben er, so regt er sich von dannen nimmermehr.
    Kafka schrieb in seinen Tagebüchern:
    Derjenige, der mit dem Leben nicht lebendig fertigwird, braucht die eine Hand, um die Verzweiflung über sein Schicksal ein wenig abzuwehre n – es geschieht nur sehr unvollkomme n – mit der andern Hand aber kann er eintragen, was er sieht, denn er sieht mehr als die andern.
    Aus alledem habe ich etwas ganz Simples gelernt:
    Manchmal bin ich ein ziemliches Arschloch.
    Als ich zurück ins Bailey’s kam, war ich restlos erschossen. Mrs Bailey war hinter

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