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Jack Taylor fährt zur Hölle

Jack Taylor fährt zur Hölle

Titel: Jack Taylor fährt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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Wonne, die einen vom völligen Wahnsinn überzeugt. Dass man zum Beispiel singen kann. Und genau das tut man dann, man singt. Sehr viel verrückter wird es nicht.
    Aber der Nachteil: wenige brechen so zusammen wie die Kokser. Von himmelhoch zu einem Abstieg in die Hölle als solche, mit Dresche, Übelkeit, Paranoia. Der physische Teil ist auch keine Reklame: die eingebüßten Augen, das konstante Geschniefe und die Erosion der Nasenmembranen. Irgendwann ist die Nasenscheidewand komplett weggefressen.
    Schadenfroh führen die Revolverblätter die arme Daniella Westbrook vor, den Soap-Star. Vorher/Nachher-Fotos, ganz nah dran, die verheerte Nase. Wenn es schon keine Abschreckung ist, dann doch bestimmt ein Schuss vor den Bug des Glamours.
    Ich hatte den Dom erreicht und spürte das Bedürfnis nach einem Augenblick der Stille. Drückte die dicke Messingtür auf, und hinter mir fiel sie dröhnend zu. Die Reliquie der hl. Theresa hatte Mengen vom U2-Typus angelockt, aber jetzt war es ruhig. Ich ging durch einen Seitengang, und die Stationen des Kreuzwegs gaben den Takt meiner Füße vor. Kniete in einer Kirchenbank nahe dem Hauptaltar nieder.
    Ohne nachzudenken, begann ich:
    »Glóir don Athair …«
    Ich habe meine Gebete auf Irisch gelernt, und echte Resonanz brachten sie nur, wenn sie so aufgesagt wurden. ’türlich habe ich wie jeder andere verängstigte Katholik eine Schwäche für ein ordentliches lateinisches Geschmetter. Die leicht eingängige Majestät spricht meine bäuerliche Seele an. Der Dom wurde dort erbaut, wo früher das alte Gefängnis von Galway stand. Da saßen nicht nur Männer, sondern auch Frauen. Befremdlich hohe Strafen für kleine Vergehen, Vorbote der Bösartigkeit des Magdalenenstifts. Ein Priester kreuzte mein Gesichtsfeld, blieb stehen, sagte:
    »Was dagegen, wenn ich mich dazusetze?«
    Ich wollte sagen:
    »Es ist Ihre Mucke«,
    nickte aber nur. Er setzte sich in die Reihe vor mir. Er war in den frühen Vierzigern, groß, mit den dunklen Gesichtszügen eines spanisch-irischen Erbes. Ich blieb auf den Knien, hätte fast losgelegt:
    »Seit meiner letzten Beichte sind dreißig Jahre vergangen.«
    Aber er strahlte nichts Pfäffisches aus. Wenn überhaupt, hatte er eine Aura stiller Heiterkeit. Er sagte:
    »Es tut gut, sich mal einen Moment zu gönnen.«
    »Stimmt.«
    »Sind Sie Polizis t … , ein irgendwie verbrannter Polizist?«
    Er lächelte, und ich sagte:
    »Ausgebrannt.«
    »Das kenne ich.«
    Und er streckte die Hand aus, sagte:
    »Tom.«
    »Jack Taylor.«
    Ich spürte nicht den Drang zur angezüchteten »Herr Pfarrer«-Kniebeuge. Ich hatte sogar den Eindruck, dass er das gar nicht gut gefunden hätte. Er sagte:
    »Manchmal besteht meine Höchstleistung bereits darin, dass ich morgens aufstehe.«
    Ich war mit Lächeln dran. Und mit dem Spruch:
    »Gehört allerdings irgendwie zu Ihrem Job.«
    Er verdrehte die Augen gen Himmel. Da scheint noch eine zusätzliche Dimension hinzuzukommen, wenn ein Geistlicher das macht. Er sagte:
    »Predigten, sie sind der Schierling meines Lebens. Normalen, anständigen Menschen sagen, wie sie leben sollen, wo ihr Leben doch von der schroffen Wirklichkeit gebeutelt wird.«
    »Sie könnten ihnen die Wahrheit sagen.«
    Er war nicht schockiert, nicht einmal erstaunt, sagte:
    »Das habe ich, einmal.«
    »Und?«
    »Der Bischof hat mich kommen lassen.«
    »Oh, oh.«
    »Hat mich gefragt, ob ich Ungehorsam übe.«
    Ich dachte darüber nach, sagte:
    »Klingt wie bei der Polizei.«
    Er grinste, sagte:
    »Etwas sagt mir, dass Sie sich nicht richtig eingefügt haben.«
    »›Nicht richtig‹ stimmt. Ich hab jemandem aufs Maul gehauen.«
    Dem schmeckte er nach. Ich fragte:
    »Wie steht die Kirche heutzutage zum Selbstmord?«
    Er bedachte mich mit dem besorgten Blick. Ich hob die Hände, sagte:
    »Ich nich t … Ein Freund von mir hat sich aufgehängt.«
    Er bekreuzigte sich. Ich war nicht sicher, ob ich es ihm gleichtun sollte. Er sagte:
    »Sie stellen die falschen Fragen.«
    »Ja?«
    »Sollten Sie sich nicht fragen, wie Gott dazu steht?«
    »Wie steht Er dazu?«
    »Ich glaube, Gott bringt ein enormes Mitgefühl für jemanden auf, der in so schrecklicher Verfassung ist.«
    »Hoffe, Sie haben recht.«
    Er stand auf, streckte Hand aus, sagte:
    »Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Jack.«
    Ich nahm seine Hand, antwortete:
    »Sie haben mir gutgeta n … , Herr Pfarrer.«
    Großes Lächeln, dann:
    »Gehört angeblich irgendwie zu meinem Job.«
    »Tja, es ist ganz schön

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