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Jack Taylor fährt zur Hölle

Jack Taylor fährt zur Hölle

Titel: Jack Taylor fährt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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verantwortlich machen. Ich wurde in die Polizeikaserne gebracht, unter Anklage gestellt und zu einer Zelle geführt. Sie hatte zwei Kojen. Auf der einen lag ein Mann, schlafend oder bewusstlos. Ich setzte mich auf meine, versuchte, Luft zu holen. Der Anzug hatte einen Riss im Ärmel und sah bereits aus, als hätte jemand drin geschlafen. Eine Wahnsinnsmüdigkeit fiel mich an, aber ich wollte nicht schlafen. Heiland, einschlafen und dann in einer Zelle aufwache n … Ich stand auf und ging ans Fenster. Durch die Gitterstäbe konnte ich eine Brandmauer sehen. Ich hatte am Morgen zwei Beruhigerchens genommen, ihre Wirkung war längst verflogen.
    Zitteranfälle mäanderten mir den Brustkorb hinauf, machten kehrt, liefen die Arme hinunter. Versuchte, ein Geräusch zu identifizieren, das ich hörte. Oh Gott, das eigene Zähneknirschen. Wenn ich hier je wieder rauskam, musste ich dringend ein Vollbad in E flüssig nehmen. Eine Stunde verging, und ich schritt auf und ab. Der Mann auf der anderen Koje schimpfte im Schlaf, ein steter, lauter Fluss von Obszönitäten, unterbrochen von Seufzern. Schwer zu sagen, was schlimmer war. Einmal fing er an, sich zu übergeben, und ich drehte ihn auf die Seite, damit er nicht erstickte. Er krallte sich in meinem Gesicht fest. Nachdem ich ihn umgedreht hatte, sank ich fast völlig erschöpft auf meine Koje. Der Geruch schieren Alkohols in der Luft konnte einem vollends den Rest geben. Ich spürte, wie sich in meinem Mund ein Knebel bildete, ein Würgen ankündigte. Und das an einem jener ganz seltenen Tage, an denen ich keinen Tropfen zu mir genommen hatte. Noch mehr Zeit verging, und die Zelle wurde dunkler. Dann schnipsten sich die Lichter an, badeten uns in ihrem unnachgiebigen Schein. Wieder schritt ich. Ein Beschließer erschien, begann die Tür aufzuschließen, sagte:
    »Sie werden verlangt.«
    Als ich losging, warnte er:
    »Jetzt nicht auf komische Gedanken kommen, alles klar?«
    Ich nickte.
    Er führte mich in einen Verhörraum, ging weg und schloss ab. Der Raum war mit einem Metalltisch, zwei Stühlen und einem ernsthaft missgebildeten Aschenbecher möbliert. Als ich unter Anklage gestellt wurde, waren meine Taschen ausgeleert, der Inhalt in einen Umschlag gesteckt worden. Für eine Zigarette hätte ich einen Mord begangen, für eine Pille schwere Körperverletzung, und von einem doppelten Scotch wollen wir gar nicht reden. Ich saß auf einem harten Stuhl, versuchte, nicht über meine Lage nachzudenken. Die Tür ging auf, und Clancy kam hereingeschneit. Ein scheißselbstzufriedenes Grinsen aufs Gesicht gemörtelt. Er schien in Hochstimmung, sagte:
    »Nanu, nanu, nanu.«
    »Das ist ein prima Text. Du solltest ihn aufschreiben und bei einer Feier im Golfklub damit Eindruck schinden.«
    Seine Uniform war perfekt gebügelt. Sein Grinsen wurde womöglich noch breiter. Er sagte:
    »Habe ich dir nicht gesagt, Burschi, irgendwann baust du richtig schlimme Scheiße, und dann hab ich dich.«
    »Ich nehme nicht an, dass dies die Voraussetzungen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens erfüllt.«
    Er legte die Hand hinters Ohr, fragte:
    »Wie bitte, Burschi? Laute r … Kannst gern auch schreien, keine Seele wird uns stören.«
    »Kriege ich keinen Anwalt, steht mir kein Telefonat zu?«
    Das gefiel ihm besonders gut, er antwortete mit der grässlichen Parodie eines amerikanischen Akzents:
    »›Wen wollen Sie denn anrufen?‹, wie der Yankee sagt.«
    Ich wartete ab. Als hätte ich die Wahl gehabt. Er sagte:
    »Der Mensch, den du durch das Fenster gehauen hast, da hättest du dir keinen Schlechteren aussuchen können.«
    »Ich habe mir vorher nicht seine Referenzen angesehen.«
    Schallendes Gelächter. Er schien sich wirklich königlich zu amüsieren, sagte:
    »Du bist ja gar nicht mit Geld zu bezahlen, Jack. Aber dein Freund, der Fensterheini, rate mal, wer das ist.«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Nun komm schon, rate.«
    »Ist doch mir so wurscht.«
    Seine Hand knallte auf den Tisch.
    »Etwas Interesse wäre aber durchaus angebracht. Er ist einer der Top-Geschäftsleute in der Stadt. Er war zum ›Mann des Jahres‹ nominiert.«
    Jetzt war ich mit einem halben Lächeln dran und antwortete:
    »Da war er doch in der Auslage schon mal nicht schlecht aufgehoben.«
    Jetzt setzte er sich hin. Den Tisch zwischen uns, bohrten sich seine Augen in meine. Er sagte:
    »Das Gefängnis wird dir nicht gefallen, Jack.«
    »Da hast du sicher recht.«
    »Genauer gesagt, du wirst dem Gefängnis nicht gefallen.

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