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Jack Taylor fliegt raus

Jack Taylor fliegt raus

Titel: Jack Taylor fliegt raus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Bruen
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Stunde lang sitzen. Den Kopf gesenkt und so gut wie leer. Langsam drehte ich mich um und fokussierte den Blick auf die irdene Flasche. Ich könnte schwören, dass sie sich bewegte. Auf mich zu. Ich sagte laut:
    »Christus sei Dank, so was brauche ich nicht.«
    Begann mich zu fragen, wie das roch. Ging hinüber und nahm die Flasche. Schwer. Schraubte den Verschluss auf und schnupperte dran. Wow, wie Äthylalkohol. Stellte die Flasche wieder hin, ohne den Verschluss, sagte:
    »Atmen lasse n … Oder macht man das bei Wein?«
    Ging in die Küche, überlegte, dass ein Tee mit tonnenweise Zucker gut wäre. Eine Stimme ganz hinten im Hinterkopf versuchte zu sagen:
    »Du bist in der Zone.«
    Ich schnitt ihr das Wort ab. Öffnete den Küchenschrank, und da war das Glas von Roches. Ich sagte:
    »No way, José«, und ließ es in den Spülstein fallen. Zerbrach nicht, und ich sagte: »Du störrischer Schweinehund.«
    Nahm einen Hammer und zerklopfte es in tausend Stücke. Eine fliegende Glasscherbe traf mich an der linken Augenbraue. Ich warf den Hammer in den Spülstein und ging zurück nach nebenan. Ging an den Wandschrank, nahm den Gin und trank aus der Flasche.

» ICH
BIN’S ,
GANZ
OBEN ,
MA !«
    James Cagney in Sprung in den Tod

U m das Konto ausgeglichen zu halten, sollte ich meine Mutter erwähnen. Ann hatte gesagt:
    »Du sprichst viel über deinen Vater. Ich weiß, dass du ständig an ihn denkst, aber über deine Mutter sagst du nie was.«
    »Belassen wir es dabei.«
    Knapp.
    Mein Vater hielt große Stücke auf Henry James. Es war eine unwahrscheinliche Wahl. Ein Mann, der im Westen Irlands bei der Bahn arbeitet, liest einen Amerikaner aus einer total anderen Welt. Er sagte:
    »James scheint so fein und stilvoll, aber darunter lauer t … «
    Er sprach nicht weiter. Dies »lauert« war Verlockung genug für ein Kind der Finsternis.
    In Maisie sagt das neunjährige Kind:
    »Ich glaube nicht, dass meine Mutter viel von mir hält.«
    Ich wusste, dass meine Mutter nicht viel grá, nicht viel Liebe, übrighatt e … , für niemanden. Sie ist das Schlimmste, was es gibt, ein Snob, und sie ist aus Leitrim! Nichts und niemand warihr je gut genug. Wahrscheinlich nicht einmal sie selbst. Tief unten könnte ich vielleicht verstehen, dass sie ein verzweifelt unglücklicher Mensch ist, aber das wäre mir sterbenswurscht.
    Und eine Klappe.
    Keine Meckerziege, ein Abbruchunternehmen.
    Hackt
    hackt
    hackt
    auf einen ein. Höhlt langsam Vertrauen und Wertschätzung aus. Ihre Tirade an mich hin:
    »Aus dir wird nie was, genau wie dein Vater.«
    »Wie sind die Helden so tief gefallen!«
    Ausgerechnet! Aus Leitrim. Kein Wunder, dass ich soff.
    »Dein Vater ist ein kleiner Mann, in einer kleinen Uniform, mit einem kleinen Job.«
    Als Kind hatte ich Angst vor ihr. Später hasste ich sie. Als ich zwanzig und älter war, verachtete ich sie, und jetzt ignoriere ich sie.
    In den letzten fünf Jahren hatte ich sie vielleicht zweimal gesehen.
    Beide Male Katastrophen.
    Irgendwann verfiel sie auf Valium und fiel dann eine Zeit lang einfach nur noch um. Dadurch wurde die Klappe etwas entschärft. Danach war es ein Stärkungswein. Becherweise das Zeugs. Wodurch sie immer einen Kleinen sitzen hatte.
    Sie liebte Priester.
    Das kommt auf ihren Grabstein. Sagt alles, was man wissen muss. Nonnen mögen Priester natürlich auch, aber da ist das Pflicht. Fester Bestandteil ihres Vertrags.
    Meine Mutter hatte immer einen zahmen Geistlichen im Schlepptau. Es hieß, der aktuellste wäre P. Malachy. Der mit den Major-Zigaretten. Sie war auch regelmäßige Kirchgängerin, unterstützte karitative Bruderschaften, war ein Novenen-Groupie. Ich habe sie zeitweise mit einem braunen Skapulier über der Bluse gesehen. Überließ nichts dem Zufall.
    Hin und wieder habe ich nach Charakterzügen gesucht, die sie entlasten konnten.
    Gibt keine.
    Im späteren Leben war ich genau, was sie brauchte. Ein ungeratener Sohn, der ihr zu öffentlichem Martyrium verhalf. Sie konnte gar nicht verlieren. Nachdem ich bei der Polizei rausgeschmissen worden war, schwitzte sie aus jeder Pore Frömmigkeit aus. Ihre Erkennungsmelodie:
    »Wirf nie wieder deinen Schatten auf meine Schwelle.«
    Bei der Beerdigung meines Vaters benahm sie sich skandalös daneben. Brach am Grab zusammen, plärrte auf der Straße herum, Riesenkranz von vulgären Ausmaßen.
    In der Art.
    Hüpfte natürlich in die Witwentracht und trug seitdem immer Schwarz. Ihre Kirchgeh-Frequenz erhöhte sich womöglich noch.

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