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Jackpot - wer traeumt, verliert

Jackpot - wer traeumt, verliert

Titel: Jackpot - wer traeumt, verliert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Knoesel
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bestes Hemd an, seine Lieblingsjeans, die Lederjacke – trotzdem fühlte er sich, als wäre er gerade aus einer Umkleidekabine getreten. Ungewohnt: in Zivilklamotten bei der Arbeit.
    »Wir haben eine richterliche Verfügung«, sagte er.
    »Trotzdem.«
    Er wusste immer noch nicht, warum diese Frau ausgerechnet ihn dabeihaben wollte. Weil er als Erster an der Unfallstelle war, nichts trank und sich in der Gegend auskannte? Das allein konnte es nicht sein.
    Eher, weil kaum einer mit ihr auskam und noch weniger Leute sie mochten. Wegen ihrer Beziehungen nach oben. Man sagte ihr sogar eine Affäre mit dem Polizeipräsidenten nach.
    Trotzdem, als Ermittlerin hatte sie eine gute Aufklärungsquote. Lernen konnte er bestimmt was von ihr.
    Beim ersten Klingeln war Sabrina wach, beim dritten an der Tür. Sie schaute durch den Türspion: Zeugen Jehovas? Fielen wahrscheinlich aus, so früh am Morgen. Also doch schon die Polizei. Mist.
    Sie öffnete die Tür – Angriff ist die beste Verteidigung.
    »Haben wir dich geweckt?«, sagte die Frau – mit Blick auf ihren Schlafanzug. »Hoffentlich rechtzeitig, heut ist doch noch Schule, oder?«
    »Ich hab später.«
    »Am letzten Schultag?«
    »Unsere Englischlehrerin ist krank.«
    »Du schaust auch ein bisschen schwach aus.«
    »Danke. Kommen Sie in einer Stunde noch mal, dann erkennen Sie mich nicht wieder. Ich bin nicht so der Morgentyp.«
    Die Frau lachte. »Das geht leider nicht, wir sind von der Polizei.« Sie zeigte ihr einen Ausweis.
    Den Sabrina ignorierte. »Und ich hab schon gedacht, Handwerker«, sagte sie.
    »Ich bitte dich, sehen wir so aus? Ich meine, er vielleicht. Aber ich?«
    Sabrina fragte sich, wie weit sie gehen konnte. Die Frau war ihr auf Anhieb unsympathisch. Aber sie war von der Polizei. Trotzdem sagte Sabrina – schon aus Prinzip: »Vielleicht Friseuse? Ist doch auch ein Handwerk.« Sie hatte nicht vor, sich einschüchtern zu lassen.
    Die Frau musterte sie unbeeindruckt. Um sie zu provozieren, waren wohl härtere Geschütze nötig. »Ist deine Mutter da, Elisabeth Kostic? Spricht man das Kostik oder Kostitsch?«
    Sabrina ließ den Blick zu dem Mann wandern. Der sah aus, als wüsste er nicht, wohin mit den Händen. Schließlich ließ er sie in seinen Hosentaschen verschwinden. »Warum fragen Sie nicht Ihren Kollegen? Oder kann der nicht sprechen?«
    »Ich unterhalt mich doch gerade mit dir«, sagte die Frau.
    »Meine Mutter müsste in einer Stunde zurück sein.«
    »Können wir hier auf sie warten?«
    »Im Hausflur? Von mir aus.«
    Die Frau lachte. Leise, entspannt, kalt. »Mir wäre es lieber, wenn du uns reinbittest«, sagte sie. »Natürlich könnten wir in der Zwischenzeit auch in Jürgen’s Pilsstüberl unten ein paar Heimlichraucher aufscheuchen. Aber in der Weihnachtszeit – bei der Kälte? Dann heißt es wieder: die böse, böse Polizei.« Die Frau schaute sie an, als würde sie ihr Gesicht scannen. Das tatsächlich nicht besonders gut ausgesehen hatte im Flurspiegel. »Ich meine, man könnte ja fast glauben, du hättest was zu verbergen.«
    »Vielleicht mag ich Polizisten einfach nicht«, sagte Sabrina, den Türgriff immer noch in der Hand.
    »Was denn – wegen der Anzeige damals? Die Mädchen sahen ziemlich übel aus auf den Fotos. Das kann man schon mal für Körperverletzung halten, finde ich, da muss ich die Kollegen in Schutz nehmen –« Die Frau schien noch etwas sagen zu wollen, unterbrach sich aber, als hätte sie gerade einen Ein-
fall gehabt. Dann sagte sie: »Hör mal, ich mach dir einen Vorschlag. Wir fangen noch mal von vorne an. Tun einfach so, als hättest du gerade erst die Tür aufgemacht. Dann bittest du uns herein, wir unterhalten uns nett – bis deine Mutter kommt. Bei euch im Wohnzimmer oder in der Küche, wie du willst.«
    »Und worüber?«, fragte Sabrina.
    »Siehst du – normalerweise ist das eine der ersten Fragen, die man uns stellt.«
    Sabrina führte die beiden ins Wohnzimmer und deutete auf die rechtwinklige Ikea-Couch, die fast den halben Raum einnahm. Dunkles Leder, dunkler Teppich, Wandtapete. Sie mochte keines der drei Zimmer hier, aber dieses am wenigsten.
    »Ich zieh mir nur was über, okay?«
    »Natürlich«, sagte die Frau. »Wir schauen uns so lang ein bisschen um.«
    »Dürfen Sie das denn?«
    »Wir dürfen sogar die ganze Wohnung auseinandernehmen.« Die Frau zeigte ihr einen Briefumschlag, den sie dann auf den Couchtisch legte.
    Sabrina blieb kurz stehen und fragte sich, wie viel die Frau wusste. Sie war

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