Jackpot - wer traeumt, verliert
ein halbes Kilo schwer. Ja – und er war ein guter Werfer, okay. Trotzdem! Es gab eine Menge Trotzdems .
Die Dunkelheit. Und dass er kaum Zeit hatte, sich zu konzentrieren. Dieses seltsame Geräusch in der Ferne, das er nicht einordnen konnte – war das die Autobahn? Es kratzte wie ein Ohrwurm, dessen Titel ihm entfallen war, an seinem Verstand. Dann die Distanz zum Ziel, zwanzig Meter bestimmt. Und dass er auf unebenem Untergrund stand und sich der Schnee in seine Hose fraß und die nasse Kälte an den Beinen ihn ablenkte. Dass er hinter einem Baum versteckt stand und erst eine Hundertachtzig-Grad-Drehung machen musste, bevor er überhaupt werfen konnte.
Eigentlich hatte er keine Chance. Er würde es aber versuchen. Weil ihm nichts Besseres einfiel. Aber es wäre ein absoluter Glückstreffer. Vielleicht nicht ganz so unwahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto, aber immer noch unwahrscheinlich genug.
»Fünf Sekunden. Ab jetzt!«, sagte der Typ, und Elom schloss die Augen, ging ein bisschen in die Knie, atmete ein. Dann kam er hinter dem massigen Baum hervor, drehte sich, holte aus, zog durch, ließ los und sah dem fliegenden Stein hinterher.
Der Stein traf den Typ mit einem dumpfen Geräusch, aber voller Wucht am Hinterkopf.
Der Typ sackte in sich zusammen und alle drei – Phil, Chris und Sabrina – starrten ihn jetzt fassungslos an, wie er da plötzlich am Boden lag.
Elom konnte selber nicht glauben, dass er getroffen hatte. Er stakste durch den Straßengraben am Feldrand auf die Allee. Erst als er das Blut sah, das vom Schädel in den Schnee sickerte, da dämmerte es ihm.
Er hob die Pistole auf, die neben der Blutlache lag. »Okay«, sagte er – mehr um sich selbst zu beruhigen. »Jetzt haben die Bullen wenigstens einen Grund, mich abzuschieben!«
Phil schaute zu Elom rüber, der neben Kriebls leblosem Körper kniete, dann schaute er wieder auf die Pistole in seiner Hand. Kriebl hatte recht gehabt. Er hätte nicht geschossen, er hatte nur geblufft. »Ist er tot?«, fragte er Elom.
»Er sieht jedenfalls ziemlich unfit aus.«
Chris wandte den Blick von Kriebl und sagte zu Elom: »Danke, Mann!«
»War ein Glückstreffer.«
Phil horchte in die Stille. »Hört ihr das?«, fragte er.
Keiner von ihnen rührte sich. Nach einem Augenblick sagte Sabrina: »Die Polizeisirenen sind nicht mehr da.«
»Polizeisirenen!«, sagte Elom. »Das war’s!«
»Sie haben sie abgeschaltet«, sagte Phil. Weil die Bullen aus der Stadt raus waren – und es keine Kreuzungen mehr gab, die sie gefährdeten. »Nicht mehr lange und die sind hier!«
»Dann beeilen wir uns mal!«, sagte Chris und ging voraus zum Friedhofstor.
Elom folgte ihm als Erster. »Hast du die Kohle wirklich im Grab deiner Mutter versteckt?«
Phil konnte sehen, wie Chris den Kopf schüttelte. »Der Boden war zugefroren.«
»Wie geht’s dir?«, fragte Sabrina.
»Ungefähr so, wie ich ausseh«, sagte Phil. »Ich hab ein paar Schmerztabletten geschluckt. Aber nicht genug.«
»Es tut mir so leid! Die Polizistin wollte, dass ich mit ihm rede – auf gut Glück, vielleicht verplappert er sich ja, meinte sie. Als sie mich zu ihm bringt, da –« Sie brach ab und sah ihn flehend an. »Ich hab nicht gewusst, dass er dir das antun wollte. Das musst du mir glauben.«
Chris und Elom blieben vor den Toiletten stehen, die gleich hinter dem Friedhofstor neben dem Gärtnerschuppen lagen. »Du hast die Kohle da drin versteckt?«, sagte Elom ungläubig.
»Über dem Klo ist ein Lüftungsschacht«, sagte Chris. »Hast du ein Fünf-Cent-Stück? Für die Schrauben.«
Elom fing an, zu lachen.
»Ich hab was Besseres«, sagte Phil und nahm das alte Lea-
therman-Tool ihres Vaters aus seiner Hosentasche. Er gab es Chris in die Hand und drückte die Türklinke des Männerklos.
Die Tür ließ sich nicht bewegen.
»Verdammt!«, sagte Chris.
»Vielleicht aufschießen?«, sagte Phil.
»Das ist zu laut«, sagte Sabrina. »Habt ihr nicht die Soldaten gesehen?«
»Wir haben keinen Schlüssel«, sagte Phil.
»Stimmt«, kam es von Chris. »Ein Schlüssel wär jetzt das Einzige, was nicht laut wär, um diese Tür aufzukriegen.«
»Hey«, unterbrach Elom, »für Small Talk haben wir nachher noch genug Zeit. Die Polizei ist gleich hier, okay? Gib mir deine Jacke! Na los.«
Phil steckte sich die Pistole hinten in den Hosenbund, um sich seine Daunenjacke auszuziehen, aber Chris kam ihm zuvor. »Meine ist dicker«, sagte er und knüllte seine Jacke zusammen. Dann drückte er das
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