Jacks Briefe
langsam voneinander lösten. Ganz gemächlich, bis seine Hand die ihre schließlich mit einem zärtlichen Streicheln verabschiedete.
„Die Kutsche ist da.“ William ging mit Jack hinaus.
Die Verliebten warfen sich einen letzten Blick zu, und als sich das Pferdegespann in Bewegung setzte, rief Jack: „Ich werde dir schreiben, Katelyn. Jeden Tag!“
Wehmütig sah sie der Kutsche nach, die langsam im Nebel verschwand, als würde sie allmählich von ihm verschlungen. Genauso fühlte sie sich, genauso empfand sie. Ihr Jack war fort und ihr Herz schmerzte sie, als steckten in ihm tausend Nadeln.
William legte seinen Arm um seine Tochter. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie er sie anblickte. Zuerst nur verständnisvoll, weil er selbst etwas Wehmut empfand, jetzt wo die Kutsche nicht mehr zu sehen war. Denn Jack würde sehr wahrscheinlich für eine lange Zeit fortbleiben und er würde seinen Sohn vermissen und sie ihren Bruder. Doch als ihr Vater sie näher betrachtete, erkannte er noch eine andere Wahrheit. Langsam wurde ihm klar, dass sich zwischen den beiden weit mehr entwickelt hatte, als er glaubte und er sah sich jetzt, da er Jack zur Armee geschickt hatte, als jemand der das Glück einer jungen Liebe gänzlich entzweit hatte. Er konnte an dieser Zuneigung, welche seine beiden Kinder füreinander empfanden, nichts Schlechtes finden. Er musste nur kurz in sich selbst forschte, um zu dieser Erkenntnis zu kommen. Nein, für ihn gab es da kein Problem. Schließlich waren sie ja nicht wirklich Bruder und Schwester und sollte es tatsächlich ihr Schicksal sein einander zu lieben, so würde es ihn sogar glücklich stimmen. Denn er würde die zwei Menschen, die ihm am meisten bedeuteten, für immer vereint sehen. Er konnte dem Schicksal jedoch nicht mehr auf die Sprünge helfen, jedenfalls nicht offensichtlich, aber er würde versuchen, Jack so schnell wie möglich zurück nach Haimsborrow zu holen. Es waren nur noch ein paar Monate bis Weihnachten und er nahm sich vor, Jack gleich morgen zu schreiben und auch dem Colonel, um ihm seinen Wunsch, Jack über die Weihnachtszeit zu sehen, zu unterbreiten. Sicher wäre es dann für Katelyn bereits zu spät. Sie würde in einigen Wochen die Frau des zukünftigen Herzogs von Frybury werden, daran konnte er jetzt nichts mehr ändern. Die vertraglichen Förmlichkeiten waren längst von einem Notar geregelt, die fünftausend Pfund bereits angelegt. Und wenn sie sich nicht gerade in den gesellschaftlichen Abgrund stürzen wollte, musste sie nun willenlos den Plan ihrer Mutter befolgen und einen Mann heiraten, den sie nicht liebte.
William schwieg gegenüber seiner Frau, wie er es immer tat. Er wusste, dass sie, wenn sie es erfahren sollte, dafür sorgen würde, dass Jack nie wieder einen Fuß auf Haimsborrow setzte. Es war ihre Lebensaufgabe ihre Tochter gut zu verheiraten und das würde sie auch tun und würde sich dieser Aufgabe irgendetwas in den Weg stellen, sie hätte keine Skrupel es zu beseitigen. Ganz egal was oder wer es war.
Der Abend des Debütantinnenballs rückte indes näher. Katelyn fuhr mit ihrer Mutter in die Stadt, wo sie festlich eingekleidet werden sollte. Eigentlich etwas, worauf sie sich gefreut hatte, aber bei all dem Trubel, der in diesen Tagen um ihre Person gemacht wurde, konnte sie nur daran denken, was ihr nach diesem Ball bevorstand.
Ihre Eltern hatten bereits am Morgen nach dem Ball, die Fryburys zu einem Brunch im Garten eingeladen. Natürlich würden auch all die anderen, feinen Menschen der Gesellschaft anwesend sein und jeder von ihnen wusste längst über den Anlass Bescheid. Katelyn versuchte tugendhaft ihre Pflicht zu erfüllen, während sie ein Kleid nach dem anderen anprobierte und ihre Mutter bei jedem sagte, dass es Duncan bestimmt gefallen würde. Katelyn sprach kein einziges Wort, aber der Lady Amalia war schon früher nie aufgefallen, wenn es jemandem in ihrem Umfeld schlecht ging, auch wenn es sich dabei um ihre einzige Tochter handelte. Einfühlsamkeit lag eben, neben so vielen anderen positiven Eigenschaften, nicht in dem Charakter der Lady Amalia. Am späten Nachmittag wurden sie endlich fündig. Katelyn würde ein cremefarbenes Seidenkleid mit Spitze tragen. Schuhe, die einzig für sie aus Paris geschickt wurden, in denen sie jedoch kaum laufen, geschweige denn tanzen konnte.
„Hauptsache sie sind schön und man sieht, dass sie teuer waren. Alles andere ist nicht so wichtig.“ Hatte ihre Mutter gesagt, als Katelyn mit
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