Jacks Briefe
Anblick rasch weiteten. „Ich muss wohl träumen!“, hauchte er, völlig verwundert darüber, sie hier zu sehen. Er richtete sich auf. Er war so überrascht, dass er es zunächst nicht über sich brachte, sie einfach anzunehmen.
„Was machst du hier?“, fragte er lächelnd, jedoch mit einem besorgten Unterton.
„Ich musste einfach zu dir!“, antwortete sie, „meine Mutter wollte mich erneut gegen meinen Willen mit Duncan verheiraten. Ich wusste nicht, wo ich sonst hingehen sollte.“ Jack blickte erstaunt. „Wer hat dich hergebracht?“ Suchend blickte er hinter sie. „Niemand!“, antwortete Katelyn, „ich bin alleine gereist!“ Er sah sie verwundert an. Es war unglaublich, dass sie es ganz alleine bis hier geschafft hatte. Dennoch konnte er ihre Entscheidung verstehen. Liebevoll nahm er sie in die Arme. Er war sogar irgendwie froh darüber, dass sie einfach weggelaufen war, dass sie die Heirat nicht hingenommen hatte. Aber nun hatte er auch Angst um sie. Sie gehörte nicht hierher, an diesen Ort, der sich mitten in einer entscheidenden Schlacht befand. Das Lager war nicht sicher. Sie war nicht sicher. Würden die Franzosen hier einfallen, könnte niemand für ihr Leben garantieren.
„Man hat mir gesagt du wärest krank?“, fragte Katelyn besorgt. „Es ist nichts, nur eine leichte Grippe. Mir geht es schon viel besser“, antwortete Jack und lächelte sie beruhigend an.
Wieder dämmerte es draußen. Er konnte sie nicht einfach ziehen lassen, sie irgendwo übernachten lassen, wo jemand ihr womöglich ein Leid zufügte. „Warte hier kurz“, sagte er und rannte hinaus. Kurz darauf kehrte er zurück mit etwas Brot und Käse und einer Flasche Wein. „Du bleibst heute Nacht hier. Ich habe die Erlaubnis von Perry. Morgen werden wir für dich etwas anderes finden müssen“, sagte Jack und reichte ihr den Wein. Katelyn trank einen Schluck. Seit Tagen hatte sie gegessen wie ein Spatz, sie hatte nicht einschätzen können, wie lange ihr Proviant reichen würde und so hatte sie es sich, Tag für Tag, in kleine Häppchen eingeteilt. Der Wein zeigte seine Wirkung deshalb rascher als ihr lieb war.
Zur großen Freude beider, blieben sie in jenem Zelt ungestört. Sie aßen und tranken und erzählten einander. Jack hatte vieles zu berichten, von seiner Zeit hier und auch Katelyn sprach sich die Dinge von der Seele. „Ich bin so froh bei dir zu sein!“, flüsterte sie, während sie einander ansahen. In tiefem Blick versunken kamen sie sich endlich näher. Sie küssten sich innig. Zärtlich liebkoste er ihren Nacken, strich sacht ihr Haar zurück. „Ich liebe dich, Katelyn!“, sagte er. Sie schloss ihre Augen, um diesen Moment zu genießen wie sie nichts, nach ihm, je genießen würde. Er drückte sie an sich, langsam und ohne jegliche Kraft. Sie wollte es, sie liebte ihn so sehr. Sie gab sich ihm hin, mit all ihren Sinnen. Sie lagen Herz an Herz. Sie fühlte seine warme Haut an der ihren und wünschte sich, dass es für immer so wäre wie jetzt.
Plötzlich fing Jack verkrampft an zu husten. Katelyn half ihm, sich aufzurichten. „Alles in Ordnung?“ Der Husten hörte sich schlimm an. Sie füllte einen Becher mit Wasser und reichte ihn Jack. Mit zitternder Hand nahm er ihn entgegen und setzte ihn an seine Lippen. Nur langsam erholte er sich von dem Anfall. „War ein Arzt bei dir?“, fragte Katelyn. Jack schüttelte den Kopf. „Nein! Die haben Wichtigeres zu tun, als eine harmlose Grippe zu behandeln.“
„Der Husten hört sich nicht harmlos an!“, erwiderte Katelyn. „Morgen früh gehe ich zu Colonel Perry. Er soll nach einem Arzt schicken.“ Jack nahm ihre Hand. „Das ist wirklich nicht nötig. Mir geht es gut!“ Katelyn war sich dessen nicht so sicher, aber sie wollte ihm eine Behandlung, zu dieser Zeit, nicht aufdrängen. Vielleicht würde der Husten von allein vergehen. Sie hoffte es.
Die Erschöpfung der langen, beschwerlichen Reise holte sie schließlich ein. Es war, als würde all die Müdigkeit, welche sie vorher so standhaft versucht hatte zu verdrängen, nun auf sie einstürzen. Sie legte sich zu ihm. Er küsste ihre Stirn. Den Klang von Geschossen, im Hintergrund, schlief sie in seinem Arm ein. Zufrieden war sie und glücklich.
Ein tiefer Schlaf überkam sie. Traumlos und fest, jedoch die Art von Schlaf, welchen man als erholsamsten bezeichnete. Am Morgen weckte sie das Geräusch der Kanonen, es klang viel näher als in der Nacht. Jack saß vor ihr und streichelte ihre Schulter.
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