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Jacob beschließt zu lieben - Roman

Jacob beschließt zu lieben - Roman

Titel: Jacob beschließt zu lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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neuen Sturm erfasst würde.
    Bei der ersten Versammlung waren alle Schwaben ratlos und schweigsam gewesen, hatte Großvater Sarelo erzählt. Keinem wollte einfallen, wie man einem solchen Gewitter am besten ausweichen konnte, wenn es schon nicht aufzuhalten war. Einem Gewitter, gegen das kein Glockenläuten mehr half.
    Beim zweiten Treffen erhob sich Großvater gleich zu Beginn. Er hatte lange über seine Idee nachgedacht und sie mehrmals verworfen. Er hüstelte, bis ihm auch der Allerletzte aufmerksam folgte. Als es ganz still war und die Männer ihn erwartungsvoll anschauten, sagte er: «Anstatt dass uns die Russen oder die Rumänen irgendwohin deportieren, deportieren wir uns gleich selbst nach Lothringen zurück.» Er wusste, wie verrückt diese Idee war, wenn er sie nicht selbst gehabt hätte, so hätte er ebenso laut gelacht wie die anderen. Als man ihn aufforderte, seinen Vorschlag zu wiederholen, weil man befürchtete, sich verhört zu haben, tat er es.
    Man lachte ihn daraufhin wochenlang aus, denn sosehr man ihn auch respektierte, so wenig konnte man doch umhin, seine Idee für die eines verrückten, alten Mannes zu halten. Ging Großvater auf die Gasse, konnten die Menschen ihr Lachen kaum unterdrücken, aber bald wurde eine gequälte Grimasse daraus, denn die Zeiten wurden immer schwerer. Die ersten Enteignungen fanden statt, und die Abgaben und Strafen, welche die Kommunisten ihnen auferlegt hatten, waren erdrückend.
    Beim dritten Treffen gab es bereits mehr Zustimmung. Man ließ Großvater seine Idee ausführen, und die Ersten überlegten bereits, wie eine solche Aktion zu bewerkstelligenwäre. Doch dann kamen wieder Zweifel auf, ob man überhaupt die Mittel dazu hatte, um Züge für vierhundert Familien und ihr Hab und Gut wie auch für die Kirche zu besorgen. Denn dass die Kirche mitmusste, war allen klar. Man würde sie abbauen und dann alles, sogar die große Glocke, vor allem die, sorgfältig einpacken und irgendwo in der Nähe von Dieuse wieder aufbauen. Manche stellten sich schon vor, wie schön die Glocke auf dem lothringischen Plateau klingen würde. Wie sich der Klang bis nach Marsal fortpflanzen würde.
    Man musste auch Land kaufen, das zuerst. Doch obwohl niemand damit rechnete, dass die Bodenpreise nach dem Krieg in Frankreich wirklich hoch waren, schien es den meisten unmöglich, so viel Geld aufzutreiben. Denn man würde auch Leute bestechen müssen, den Bürgermeister, den Parteisekretär, die Verwaltung in Temeschwar, vielleicht sogar noch höhere Stellen. Sie müssten einem von ihnen die Ausreise bewilligen, damit der sich in Lothringen umschauen und die nötige Fläche kaufen konnte.
    So viel Geld konnten der Rosshändler, der Wirt und die wenigen anderen Reichen des Dorfes nicht auftreiben. Wieder waren sie ratlos, und man wollte die Pläne schon aufgeben, als Großvater aufstand und verkündete, er wisse, wo Geld zu holen sei, und zwar praktisch ums Eck. Die anderen blickten sich unschlüssig an, denn sie hätten es doch gewusst, wenn einer so viel besessen hätte.
    «Dann sag mal, wo, Niclaus», forderte ihn der Rosshändler auf.
    «Bei uns im Stall.»
    Sie zögerten, denn noch immer hatten sie vor Vater Angst. Er hielt sich immer von ihren Versammlungenfern, denn er sah darin nur einen Trick, um ihm fremde Interessen aufzudrängen. Ebenso wie die Parolen der Kommunisten war ihm auch jene Welt nicht geheuer, von der Großvater ständig sprach. Endlich setzten sich der Rosshändler und Großvater an die Spitze, und sie machten sich alle auf den Weg zu unserem Hof. Großvater schien seine Rache süß, meinte Sarelo, aber sie dauerte nicht lange.
    Sarelo sammelte die Gläser und die Flasche ein und brachte sie ins Haus zurück. Es dauerte seine Zeit, bevor er wieder herauskam, währenddessen hörte ich das nervöse Flüstern seiner Frau. Doch nach einer Weile tauchte er wieder auf und setzte seine Erzählung fort.
    Als alle vor dem Tor ankamen und nach Vater riefen, holte dieser sein Gewehr und ging, von Sarelo begleitet, auf die Gasse. «Was hat euch gebissen, Männer?», fragte er.
    «Du hast hier Gold versteckt», sagte der Rosshändler.
    «Die Gemeinschaft braucht es», fügte der Wirt hinzu, und alle machten einen Schritt aufs Tor zu.
    «Bleibt, wo ihr seid, sonst erschieße ich euch!», rief Vater ihnen zu. «Ich habe euch ganz am Anfang nicht gefürchtet, und ich fürchte euch auch heute nicht. Ihr seid nichts als Feiglinge. Fünfzig Männer braucht es, weil sich keiner allein

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