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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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aus Kabul eintraf, verflog die Müdigkeit der vorangegangenen Strapazen.
    Sir William las den Brief vor. »Er ist von Osman Khan«, verkündete er.
    »Das ist der Anführer, der gestern die Verfolgung abgebrochen hat«, meldete sich Colin.
    »Woher wissen Sie das, Mackenzie?« Der Kronbevollmächtigte zog bei dieser Unterbrechung ein zugleich überraschtes und ärgerliches Gesicht.
    Colin sah Kit unruhig an, der an die Decke starrte und deutlich machte, daß er nicht helfen würde. »Ich muß es wohl von jemandem aufgeschnappt haben, Sir«, antwortete er schließlich.
    Macnaghten schien ein wenig beleidigt, dann fuhr er fort: »Nun, nach dem, was in diesem Brief steht, weist Osman Khan darauf hin, daß der Verlust des Kantonnements und die Vernichtung unserer Truppe unvermeidlich gewesen wären, wenn er es seinen Kämpfern gestattet hätte, ihren Sieg endgültig zu machen.« Er blickte sich am Tisch um, sah in den Gesichtern nur grimmige Zustimmung zu dieser Behauptung und nahm den Faden wieder auf. »Das ist aber offenbar nicht der Wunsch der afghanischen Anführer. Sie wollen lediglich, daß wir ihr Land friedlich verlassen und seine Regierung ihren Sirdars und einem König ihrer Wahl überlassen.«
    Schweigen lag schwer in dem verräucherten Zimmer, als der Wintermorgen vor den Fenstern anbrach. General Elphinstone keuchte traurig aus der Tiefe seines Lehnstuhls. Sir William räusperte sich und fragte umständlich: »General, ist es Ihre Meinung, daß wir die militärische Stärke besitzen, um unsere Position in Afghanistan aufrechtzuerhalten?«
    »Es ist ausgeschlossen, unsere Position hier beizubehalten, Macnaghten«, entgegnete der General und klang ausnahmsweise ein wenig bestimmter. »Ich möchte Sie deshalb ersuchen, das Angebot zu weiteren Verhandlungen zu nutzen.«
    Nun, da die Entscheidung endlich ausgesprochen war, machte sich Erleichterung auf den Gesichtern breit. Wenigstens gab es jetzt einen Plan, selbst wenn er die schlimmsten Voraussetzungen hatte und alle falschen Hoffnungen jetzt der Vergangenheit angehörten.
    »Dann schlage ich vor, daß wir jetzt über die Bedingungen mit ihrer Abordnung sprechen«, sagte der Kronbevollmächtigte.
     
    »Eier, Butter, Zwiebeln und zwei Lammbruststücke, Harley«, teilte Annabel ihm mit und setzte ihren Korb auf dem Küchentisch ab. »Das sollte uns den Wolf noch ein paar Tage vom Hals halten.«
    »Ja, Miss«, stimmte Harley zu und dachte an die lautstarke Auseinandersetzung, die ausgebrochen war, nachdem die Miss heute morgen ihr Vorhaben, auf dem Basar einzukaufen, kundgetan hatte. Um die Wahrheit zu sagen, wenn der Hauptmann und seine Lady dieser Tage einander nicht anschrien, herrschte eisiges Schweigen zwischen ihnen. Gelegentlich versuchte der Hauptmann ihr zu schmeicheln, aber seinen Bemühungen begegnete sie mit einem spöttischen, stichelnden Ton, der ihn finster dreinblicken und türenschlagend aus dem Haus eilen ließ; die Miss ging dann gewöhnlich in die Reitschule und verbrachte dort Stunden damit, auf Charlie irgendwelche komplizierten Reitmanöver einzuüben.
    Im Eingang rührte sich etwas, und Harley sah, wie Annabel sich mit dem gewohnten, freudigen Gesichtsausdruck der Küchentür zukehrte, um ihn zu begrüßen, dann aber plötzlich leeren Blicks wieder ans Auspacken ging. Kit betrat die Küche. »Oh, da bist du ja.«
    »Heil und gesund zurückgekommen, wie du siehst«, sagte sie herausfordernd. »Ich habe ein paar Neuigkeiten auf dem Basar aufgeschnappt, aber vermutlich interessieren sie dich gar nicht. Der Feringhee weiß viel zu sicher, was er tut, als daß er es nötig hätte, sich die Meinung eines Besserinformierten anzuhören.«
    Harley räusperte sich und begann, mit Töpfen und Pfannen auf dem Herd zu klappern. Mit zusammengepreßten Lippen richtete Kit sein Kinn ruckartig zur Tür. Annabel trödelte hinüber ins Wohnzimmer.
    »Rede mit mir vor Harley nicht in diesem Ton«, sagte er wütend, die Tür krachte ins Schloß.
    »Das schadet deinem Ansehen, nicht wahr? Es darf den Dienern nicht gestattet werden –«
    »Schweig!«
    Sie verstummte, und einander wild musternd, standen sie eine lange Zeit da. Dann seufzte Kit: »Wie lange soll das noch so weitergehen, Annabel?«
    »So lange, bis du auf die Vernunft hörst.« Sie ließ sich auf der Armlehne des Sofas neben dem beißend schwelenden Feuer nieder und sah ihm fest in die Augen. »Zunächst einmal, Macnaghten lehnt mit Bestimmtheit die Bedingungen ab, die ihm von der Delegation der

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