Jaeger
zurückgezogen.«
»Eine Schwester und ein Bruder? Zusammen in dem Haus? Seltsam.«
»Das ist noch nicht alles. Hören Sie sich das an: Jeff Hibbert, unser Toter von gestern, war einer der wichtigsten Vorarbeiter in Sloanes Firma.«
Trotz ihrer bohrenden Kopfschmerzen hatte Jessie ein Kribbeln im Nacken verspürt. »Ah. Na, das ist ja mal interessant. Ein geheimnisvoller Unbekannter gibt am Tatort eines Brandanschlags Hibberts Adresse statt seiner eigenen an und verschwindet dann spurlos. Kurz darauf wird Hibbert ermordet aufgefunden, und Michael Sloanes Wagen wird am ersten Tatort sichergestellt. Aufschlussreich …«
Sie hatten ihre Pläne für den Sonntag auf Eis gelegt und beschlossen, Michael Sloane erneut einen Besuch abzustatten.
»Ich habe nachgedacht«, verkündete Jessie nun. »Wissen Sie, was mir gestern Abend komisch vorkam?«
Deepak verneinte.
»Das Hausmädchen. Sie hat uns überhaupt nicht gefragt, was wir von Sloane wollten. Da stehen zwei Detectives vor deiner Tür, um mit deinem Boss zu sprechen, und du willst nicht mal wissen, wieso? Finden Sie das nicht eigenartig?«
»Vielleicht fand sie, dass ihr so was nicht zusteht«, meinte Deepak.
»Oder man hat mit unserem Kommen gerechnet«, konterte Jessie.
Sie hielten weiterhin Ausschau und berieten währenddessen über das beste Vorgehen.
Kurz darauf wurde ihnen die Entscheidung abgenommen. Sie sahen, wie ein Taxi, aus Richtung Ipswich kommend, vor dem Tor anhielt. Ein Fahrgast stieg aus, bezahlte den Fahrer, schaute dem davonfahrenden Taxi hinterher und drehte sich dann zum Tor.
»He«, sagte Jessie. »Sehen Sie, wer das ist?«
Deepak nickte und spähte in Richtung Haus.
»Helen Hibbert. Unsere trauernde Witwe. Was die da wohl will?«
Sie beobachteten Helen Hibbert, wie sie zum Tor ging, den Knopf der Gegensprechanlage drückte und etwas hineinsprach. Dann wartete sie.
»Keine Chance«, sagte Jessie.
»Sie hätte das Taxi besser nicht weggeschickt.«
Doch zu ihrem großen Erstaunen öffnete sich das Tor, und Helen Hibbert wurde eingelassen.
Jessie und Deepak wechselten einen Blick.
»Jetzt ist also jemand zu Hause«, sagte Deepak. »Sollen wir hinterher?«
Jessie überlegte kurz. »Warten wir erst mal ab«, beschloss sie. »Mal sehen, was passiert. Wir haben ja keine Eile.« Sie grinste. »Außerdem wollen wir doch nicht ihre Party sprengen, oder?«
57 Obwohl Michael Sloane einem Treffen zugestimmt hatte, hätte Helen Hibbert sich niemals träumen lassen, dass es so einfach werden würde. Sie war lediglich zum Tor spaziert, hatte ihren Namen genannt, und man hatte sie hereingelassen. Auf dem Weg zum Haus allerdings, während der Kies der Einfahrt unter ihren Absätzen knirschte, rief sie sich ins Gedächtnis, dass Verhandlungen mit den Sloanes nie einfach waren. Nach ihren bisherigen Erfahrungen war der Umgang mit ihnen immer anstrengend. Ihren Lügen etwas entgegenzusetzen und nicht in ihre Fallen zu tappen erforderte all ihre Konzentration und ihr gesamtes taktisches Geschick. Sie hatte schon öfter versucht, etwas von ihnen zu bekommen, und es war jedes Mal ein einziger Alptraum gewesen.
Aber wenigstens war sie nun bis zu ihnen vorgedrungen und würde tatsächlich mit ihnen sprechen können. Das war der erste Schritt. Jetzt durfte sie nur nicht den Mut verlieren. Sie musste dafür sorgen, dass sie bekam, weshalb sie gekommen war.
Wenn’s weiter nichts ist.
Sie hatte die Tür erreicht und wollte gerade klingeln, als von innen geöffnet wurde. Vor ihr stand, stumm und mit fragender Miene, das Hausmädchen.
Helen räusperte sich. »Ich bin hier, um mit Michael Sloane zu sprechen. Er erwartet mich.«
»Mr Sloane ist im Augenblick verhindert.«
»Sie meinen, er ist nicht da?«
»Er ist verhindert.«
Helen packte die Wut. Wieder mal die alten Spielchen. Die Sloanes versuchten sie zu schikanieren. »Nein«, sagte sie betont langsam, damit diese Ausländerin sie auch ja verstand. »Ich habe mit ihm telefoniert. Er hat gesagt, dass er da ist. Er erwartet mich.«
»Er ist verhindert.« Stimme und Gesicht des Hausmädchens waren völlig ausdruckslos. »Miss Dee ist bereit, Sie zu empfangen.«
Oh Gott , dachte Helen. Dee mit dem Dachschaden. Na, großartig.
Sie seufzte. »Also gut, dann muss ich mich eben mit ihr begnügen.«
Das Hausmädchen bat sie herein und schloss die Tür. Helen sah sich um. Sie war schon ein paar Mal hier gewesen, zu den seltenen Gelegenheiten, wenn Jeff und sie zu Partys eingeladen gewesen waren. Die
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