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Jäger der Dämmerung

Jäger der Dämmerung

Titel: Jäger der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Eden
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lohnt sich.«
    Lillian.
    Sie räusperte sich. »Das will ich hoffen.« Denn nach Hause zu fahren, war hart. Dort lauerten zu viele Geheimnisse. Zu viel Schmerz. Bei Jude zu sein, ihn zu berühren, von ihm verwöhnt zu werden, würde ihr helfen, es durchzustehen.
    Sie zog ihre Hand zurück, und nach kurzem Zögern ließ er sie los. Erin lehnte sich an und bemühte sich, nicht auf seinen Schritt zu gucken. Sie könnte versuchen zu schlafen. Vorausgesetzt, es gelang ihr, nicht unentwegt an Jude zu denken. Oder sie …
    »Erzählst du mir von der ›handfesten‹ Erin?«
    Sie verzog das Gesicht und schloss die Augen. Klar hatte sie gewusst, dass das kommen würde. »Du hast sie bereits kennengelernt. Da gibt es nicht viel zu erzählen.«
    »Hmmm.«
    Sie öffnete erst das linke, dann das rechte Auge.
    »Du hast also mit Menschen gespielt, ja?« Er schüttelte den Kopf. »Und sicher hast du festgestellt, dass gewöhnliche Männer nicht das Stehvermögen mitbringen, das du brauchst.«
    Fast musste sie lachen. »Es war eigentlich keine Frage von Stehvermögen. Problematischer war, dass sie ausflippten, wenn ich zu, äh …«
    »Zu grob wurdest? Zu wild?«
    Beides.
    »Keine Bange. Ich mag es grob und wild.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf das Lenkrad. »Aber das weißt du ja schon.«
    Ein Zimmer.
    Diese Fahrt würde die Hölle.
    »Nur zur Info, ich kann es auch langsam.«
    Sie schluckte, weil ihr Hals scheußlich trocken war.
    »Und ich beherrsche auch die behutsame Variante. Ich kann es so langsam und vorsichtig angehen, wie du willst, dich die ganze Nacht durch küssen und streicheln.«
    Sie war entschieden zu warm angezogen. Oder aber im Wagen war es zu heiß, denn sie fing an zu schwitzen.
    »Was immer du willst, ich kann es dir geben.«
    Als ob sie das nicht wüsste!
    »Aber, Erin, du musst mir vertrauen.«
    Leichter gesagt als getan.
    Was wiederum Jude wissen dürfte.
    Sie überkreuzte die Beine und strengte sich an, nicht auf die wachsende Spannung in ihrem Bauch zu achten, während sie zu den Kiefern blickte, die an ihrem Seitenfenster vorbeirauschten.
    Die Stille im Wagen war nicht behaglich und erst recht nicht unbeschwert.
    Ähnlich ihrer Beziehung zu Jude.
    Unfertiges war die Pest.
    Er schritt den leuchtend weißen Krankenhausflur entlang, und bei jedem Schritt raschelte der gestärkte grüne OP-Anzug.
    Wäre Lee Givens ein folgsamer Mistkerl, hätte er längst sein Leben ausgehaucht. Aber nein, er lebte immer noch! Klammerte sich an seine erbärmliche Existenz.
    Und wozu?
    Es gab keinen Grund, weshalb dieses Stück Abfall weiterleben sollte.
    Eine Frau ging an ihm vorbei, hübsch, aber zu dürr. In ihren hageren Armen hielt sie ein sommersprossiges kleines Gör, dem dicke Tränen über die Wangen kullerten.
    »Das wird wieder gut, Tommy«, flüsterte sie dem Jungen zu. »Alles wird wieder gut …«
    Er bog um eine Ecke und sah das Zimmer, das er suchte. Nummer 409.
    Doch ein Polizist stand vor der Tür. Was soll das? Er blieb abrupt stehen. Wieso war da ein Cop?
    Unerledigtes kotzte ihn an!
    In Lillian hatte er gelernt, dass Dinge, die man nicht zu Ende brachte, einen irgendwann wieder einholten. Ihn hatten sie eines Nachts eingeholt. Lose Fäden gehörten abgeschnitten, ehe sie Schaden anrichten konnten.
    Givens hatte sein Gesicht nicht gesehen. Zumindest dachte er, dass der Anwalt ihn nicht gesehen haben konnte. Die Straße war dunkel gewesen, sicher zu dunkel für einen Menschen, und …
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte eine Südstaatenstimme hinter ihm, gefolgt von einem Tippen auf seiner Schulter. Ein bisschen zu fest.
    Er drehte sich um, sein Klemmbrett erhoben und bereit zum Schlag. »Ähm, wie bitte?« Zunächst riss er betont die Augen weit auf, um sie dann prüfend zu verengen, als er den Mann vor sich betrachtete.
    Ein Night-Watch-Jäger . Er hatte den Typen bei Donovan gesehen: groß, dunkel, mit zu scharfen Augen für einen Menschen.
    Wohl weil der Kerl kein Mensch war.
    Er schnupperte unauffällig und fing den Geruch ein. Kein Gestaltwandler.
    Womit noch mindestens ein Dutzend andere Möglichkeiten blieben.
    Er rang sich ein Lächeln ab. »Ich mache nur meine Runde«, antwortete er und nahm das Klemmbrett in die andere Hand, damit der Kerl hinsah.
    »Zimmer 409 gehört nicht zu Ihrer Runde, Doktor …« die grünen Augen fielen auf sein Namensschild, »Walters.«
    Neunmalkluger Idiot. »Nein.« Er zügelte seine Wut und sprach sehr ruhig. »Aber Zimmer 407.« Und genau vor der Tür stand er.

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