Jäger der Nacht
wünschte, der nächste würde sich beeilen und anhalten.
Ein neuer Chevy fuhr vor, und die Tür sprang vor Kevin auf. Kevin sah sich um. Er war der einzige Junge in Sichtweite. Der Mann im Wagen mußte ihn haben wollen. Langsam bewegte er sich zum Wagen und spähte rein. Ein Mann in mittleren Jahren mit Brille. Nicht schlecht aussehend. An der Hand, die auf dem Lenkrad lag, sah Kevin einen Ehering aufblitzen.
«Sie wollen was?» fragte Kevin vorsichtig.
«Jawoll.» Die Stimme des Fahrers war kurz angebunden. «Dich.»
«Das kostet aber was.» Kevin versuchte, so wie Dennis zu klingen.
«Ich zahl’ ‘nen Zwanziger.»
Kevin stieg ein und schloß die Tür hinter sich.
Der Mann ließ seine rechte Hand in den Schoß fallen, begann sich zwischen den Beinen zu reiben und sah Kevin scharf an. «Ich hab’ dich hier noch nicht gesehen.»
«Ich bin neu hier.»
«Gut. Ich steh’ auf Frischfleisch.»
«Geh’n wir in ein Lokal?»
Der Mann lachte leise. «Tja, sagen wir mal... du wirst was zum Kauen kriegen.» Er ließ den Motor an und legte seine Hand zurück zwischen die Beine. Aber er fuhr nur ein paar Blocks weiter, parkte in einer Gasse und stellte den Motor ab.
Kevin bekam plötzlich Angst. «Und wohin jetzt?»
«Wir sind da.» Die Stimme des Mannes klang irgendwie keuchend.
«Sie meinen... im Auto?»
«Woll.» Der Mann machte seinen Hosenschlitz auf, und heraus kam dieses Ding, groß und steif und grünaussehend im Licht des Armaturenbrettes. Er schob den Sitz zurück und wichste.
Kevin wurde unruhig. Dann fiel ihm ein, was Harry mit ihm gemacht hatte. Vielleicht war dieser Mann ja gerade dabei, sich selbst auf Touren zu bringen. Er fragte: «Wollen Sie’s mir machen?»
«Nein», sagte der Mann. «Du sollst es mir machen.»
Kevin war so erschrocken, daß es ihm fast den Hals zuschnürte.
«Nein... ich kann nicht. Ich hab’ nie...»
Die Stimme des Mannes klang barsch, sein Gesicht sah brutal aus in dem grünen Licht. «Hör zu, Kleiner, ich bezahl’ dich, kapiert?»
Kevin sah auf das Glied. Es schien gespenstische Ausmaße anzunehmen. «Nein!» Seine Stimme erstickte fast. «Dafür nicht!»
Der Mann packte Kevin im Genick und drückte seinen Kopf nach unten. «Mach schon, laß den Scheiß. Runter und ran mit dir.» Kevins Gesicht war nur Zentimeter vor dem grünen Ding, und ein beißender Geruch stach ihm in die Nase. Kevin geriet vor Ekel in Panik. «Nein!» Er riß sich los.
«Dämliche Votze!» schnaubte der Mann.
Kevin stürzte aus dem Wagen, mit jagendem Puls, und rannte die Gasse entlang zur Hafenstraße. Er raste zur Haltestelle, aber kein Bus war in Sicht. Er sah zurück, voller Angst, der Mann könnte ihn mit seinem Auto verfolgen. Während er sich suchend umblickte, schien jeder Wagen plötzlich zu finsterer, gefährlicher Größe anzuwachsen, bereit, seine Türen wie ein Haifischmaul zu öffnen und ihn zu zerfleischen. Die Lichter, die sich die Hafenstraße runter bewegten, schienen nach ihm zu suchen, ihn an die Mauer der Lagerhalle zu nageln, ihn aus der Dunkelheit zu zerren, die ihn bedeckte, und ihn nackt zurückzulassen. Tunte! Schwuler! Schwanzlutscher!
Nein! Das bin ich nicht! Mir geht’s nur ums Geld! Geld, verstehste? Hab’ ‘ne kranke Mutter... oder so was.
Aber die Scheinwerfer der Wagen forschten weiter nach ihm. Unbarmherzig und blendend wie die Brille des Mannes.
Kevin rannte los, die Hafenstraße runter Richtung Houghton Street. Die Wagen rauschten immer noch an ihm vorbei; ihre Scheinwerfer tasteten seinen Rücken ab und ließen Kevin nur noch als Schatten auf dem Bürgersteig erscheinen. Hallo, Junge, einen Zwanziger für deinen Schatten!
Kevin sah plötzlich ein Taxi, dessen Schild wie ein Leuchtfeuer strahlte, vor einer Kneipe stehen. Er sprintete auf das Taxi zu. Als er es erreichte, klammerte er sich keuchend an den Türgriff und sah durch die Seitenscheibe. Das Taxi war leer, noch nicht mal ein Fahrer saß hinterm Steuer. Kevin rüttelte am Griff, und die Tür ging auf. Er glitt auf den Rücksitz, schlug die Tür hinter sich zu und rutschte immer tiefer, bis die Strahlen der Scheinwerfer, die durch die Heckscheibe drangen, über seinen Kopf hinweggingen.
In der Dunkelheit des Taxis, der Lärm des Verkehrs nur noch ein Grummeln, schauderte Kevin zusammen. Er konnte den Gedanken an das grüne Glied nicht verdrängen. Den Druck der Hand in seinem Genick. Das Schimmern der Augen hinter den Brillengläsern. Das Keuchen der Stimme, so dicht an seinem Ohr.
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