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Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallace Hamilton
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Aber besonders das grüne Ding. Es schien ins Taxi einzudringen, hereinzukommen wie der grüne Schleim in Horrorfilmen, schwabbernd und glühend in der Enge des Taxis.
    Er kroch in die Ecke und schüttelte sich, um die verrückten Sachen abzuwerfen, die ihm durch den Kopf gingen. Er fuhr mit einer Hand über die Seitenverkleidung der Tür, über den Türgriff, über die Fensterkurbel, um seine Sinne zu prüfen. Er atmete tief ein. Er zwinkerte mit den Augen und starrte auf das Lenkrad. Aber dann sah er die Hand mit dem Ehering auf dem Steuer und begann wieder zu zittern.
    Er hörte, wie sich die Fahrertür des Wagens öffnete. Er kommt! Kevin schrie auf, als die Tür zuschlug. Der Taxifahrer starrte auf den Rücksitz. «Was zum Teufel...!»
    Kevin wartete.
    «Was tust du denn hier drin, Söhnchen?» Es begann im Wagen nach Bier zu riechen.
    «Bringen Sie mich bloß hier weg!» sagte Kevin.
    «Haste Geld?»
    Kevin fuhr sich mit zitternder Hand in die Hosentasche und zog Harrys Zwanziger raus. Er hielt ihn dem Taxifahrer hin.
    «In Ordnung», sagte der Fahrer – er hatte ein breites, fleischiges Gesicht, aber er trug keine Brille. «Okay, du hast.» Er schnaubte.
    «Einige Typen, denen ist es egal, was sie mit ihrem Geld machen. Geben’s Kindern. Bah!» Er seufzte tief auf. «Nun... wo willst du hin?»
    «Houghton und Burkett. Genau an der Ecke.»
    «Okay», sagte der Fahrer und ließ den Motor an.
    Als das Taxi in die Houghton Street einbog, wußte Kevin, daß er nun in Sicherheit war; aber er haßte den Mann mit der Brille.

4. KAPITEL
     
    «Hey, los. Wir haben ‘nen neuen Treff.» Dennis zog Kevin am Hemdärmel. «Laß uns in die Hufe kommen.»
    Kevin war perplex. Es war das erste Mal, daß Dennis ihn aufforderte, überhaupt irgendwo mit ihm hinzugehen. «Was meinste denn damit, neuen Treff?»
    «Mutter stänkert doch wegen jedem kleinen Scheiß gleich rum. An unserem neuen Treff stänkert niemand mit uns.»
    «Wo’s denn das?»
    «Komm, los, ich zeig’s dir.»
    Es war dunkel, als Dennis Kevin die Burkett Street runter zur Houghton Street führte, dunkel, als sie die Houghton unter dem Schein der Straßenlaternen und im Licht der Autoscheinwerfer entlangtrotteten. Sehr dunkel, als sie über den Zaun am Friedhof kletterten und sich behutsam in die gespenstische Stille der Grabmale und Gräber hinabgleiten ließen.
    Dennis ließ einen leisen Pfiff ertönen. Zwei Gestalten lösten sich aus der Finsternis. Als sie näher kamen, fragte Dennis fast flüsternd: «Habt ihr die Tüten?»
    Eine der Gestalten sagte: «Ja. Haste die Dose?»
    «Logo», sagte Dennis. «Red Devil Gold.»
    «Das Beste.»
    Die beiden Gestalten vor Kevin waren kleiner als er, und er nahm an, daß sie jünger wären, ungefähr in Dennis’ Alter; aber sie hatten die markige Haltung der Gosse, und ihre Bewegungen waren katzenhaft.
    Dennis sagte: «Das ist mein Bruder Kevin. Ich hab’ euch von ihm erzählt. Cooler Typ. »Er wandte sich zu Kevin. «Das ist Joe.» Er zeigte auf den größeren der beiden. «Und das ist Rico.» Rico war plump untersetzt.
    Beide sagten «Hallo» zu Kevin mit wachsamen Stimmen.
    «Trabt los», sagte Joe. «Ich hab’ ‘nen Platz gefunden.»
    Joe und Rico gingen voraus, zwischen Grabsteinen, Grüften und Mausoleen, die gespenstisch schimmerten und in der Dunkelheit zum Leben zu erwachen schienen. Joe und Rico schlängelten sich gewandt zwischen den Steinhaufen hindurch, dicht gefolgt von Dennis und Kevin.
    Kevin sagte: «Wahnsinn, an so ‘nem Ort kann man wirklich verschüttgehen.»
    «Ja», sagte Dennis, «aber wenn uns die Bullen jagen wollten, würden sie hier verschüttgehen.»
    «Kapiert.»
    Sie kamen an einem kleinen, fensterlosen Steinbau vorbei. Dennis wisperte: «Alles, was sie da drin aufbewahren, sind Leichen.» Hinter dem Haus war eine Art freier Platz, in kleinen Abständen
    gepflastert mit sauber verlegten Platten vor einem gewaltigen Grabstein, an dessen Spitze man verschwommen einen Engel mit ausgebreiteten Flügeln erkennen konnte. An einer Seite war ein Grabmal, etwa 60 Zentimeter über der Erde. Joe und Rico setzten sich auf das Grabmal, und Dennis setzte sich neben sie. Joe nahm die braunen Papiertüten mit hebevoller Vorsicht aus seiner Jackentasche und breitete sie auf dem Grabmal aus. Dennis holte die Sprühdose Marke Red Devil Gold hervor.
    Kevin nahm eine der Tüten, öffnete sie vorsichtig und falzte etwa zwei Zentimeter vom Rand um. Er knitterte das Papier leicht, um es geschmeidig zu

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