Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallace Hamilton
Vom Netzwerk:
unglaublich einsam. Kevin wurde in seinen Gedanken zu etwas Verklärtem, ein überirdisch schöner ‹Engel der Stadt›, unerreichbar wie die Elfen in der Sagenwelt. Er wußte, daß er sich einer Selbsttäuschung hingab, daß die Wirklichkeit auf keinen Fall so unbefleckt rein sein konnte, und dennoch hielt er mit Freuden an diesem Gedanken fest.
    Aber jetzt war das Heute und die trostlose Stille. Er wendete den Wagen auf der Hafenstraße und machte sich auf die Suche nach dem flüchtigen Vergnügen mit einem jungen Schwanz und Arsch.
    Er fand es.
    Der Junge trug enge weiße Hosen, die sich unübersehbar an der richtigen Stelle ausbeulten, und ein rotweiß gestreiftes Hemd. Sein blondes, kurzgeschnittenes Haar war lockig. Er hatte eine große Nase, einen Schlafzimmerblick und schmale Lippen. Er sagte, er hieße Jerry, käme für dreißig mit und sei sein Geld wert. Bruce war nicht in der Laune, sich auf ein Geplänkel einzulassen. Der Körper sah aus, als ob er noch bettwarm wäre.
    Es war nicht das erstemal, daß Bruce einen gefährlich aussehenden Typ nach Hause abgeschleppt hatte, aber Jerry sah gefährlicher als die meisten aus. Naßforschen Schrittes, als ob er Al Capone persönlich sei, betrat er die Wohnung und besah sich mit taxierendem Blick die Möbel.
    «Nette Sachen haste hier.»
    «Danke.»
    Er wandte sich um, legte eine Hand auf die Beule zwischen seinen Beinen und sah Bruce direkt in die Augen. «Hab’ nicht viel Zeit. Wie soll’s ablaufen?»
    Bruce zuckte mit den Achseln. «Möchtest du ein Bier? Eine Brause?»
    «Brause ist okay.»
    Bruce ging in die Küche, nahm das abgezählte Geld für den Stricher aus der Brieftasche und deponierte die Brieftasche hinter der Mehldose. Dann öffnete er den Kühlschrank und nahm eine Cola für Jerry und ein Bier für sich raus. Das war kein Anlaß für Brandy.
    Als er ins Wohnzimmer zurückkam, fand er Jerry vor, wie er einen faustgroßen, gläsernen Briefbeschwerer prüfte, den er von einem der Beitische hochgenommen hatte. Während er Jerry die Cola gab, hielt der Junge das Glasgewicht gegen das Licht. «Wie ist die Blume in all das Glas reingekommen?»
    «Die Blume besteht aus farbigem Glas.»
    «Soll wohl ‘n Witz sein...»
    Bruce stand dicht neben ihm, als Jerry das Glas näher ans Licht hielt. Der Junge strömte eine animalische Urwüchsigkeit aus, die Bruce sexuell erregte, zusammen mit dem schwachen Geruch nach Schweiß und einem billigen Rasierwasser.
    «Ja...», sagte Jerry. «Du hast wohl recht . Weißte, als ich das Ding sah, dachte ich, man kann das Glas zerdeppern und die Blume rausnehmen.» Er wog das Stück Glas in seiner Hand. «Ganz schön schwer. Wo hastes denn her?»
    Bruce sagte unverbindlich: «Liegt schon so lange hier rum, daß ich’s nicht mehr weiß.» Er wollte Jerry unter keinen Umständen den leisesten Hinweis auf den Wert geben.
    Jerry legte den Briefbeschwerer auf den Tisch zurück und sah sich wieder im Zimmer um. «Mensch, du hast ganz schön ausgefallene Sachen hier.»
    «Sammelt sich im Laufe der Zeit so an.»
    «Wahrscheinlich. Wenn man alt wird.»
    «Wenn du es so ausdrücken willst.»
    Jerry warf Bruce einen kurzen Blick zu. «Sollte keine Beleidigung sein, Mensch.» Ein schwaches Lächeln. «Manchmal fühle ich mich alt. Absolut alt!»
    Bruce erwiderte das Lächeln. Der Junge hatte einen gewissen Liebreiz. Aber plötzlich wurde Jerry wieder ganz geschäftsmäßig.
    «Ich bin keine Tunte, klar?»
    «So?»
    «Nee. So ‘n Scheiß bin ich nicht. Ich hab’ ein Mädchen. Wir werden heiraten. Wülste ihr Foto sehen?»
    «Sicher.»
    Jerry griff in seine Gesäßtasche, zog sein Portemonnaie raus, öffnete es und zeigte Bruce ein lächelndes, leicht übergewichtiges, braunhaariges Mädchen mit einem Grübchen auf dem Kinn.
    «Sehr hübsch», sagte Bruce.
    «Laß dir gesagt sein, sie ist ‘ne geile Muschi, echt geil. Darum schaff’ ich auch an, verstehste? Damit ich’s mir leisten kann, sie jede Nacht durchzuknallen!» Er trat einen Schritt von Bruce zurück. «Weißt du, was Möbel heutzutage kosten?»
    «‘ne ganze Menge, nehm’ ich an.»
    «Jesus, Maria und Joseph... ein Vermögen! Aber das wird es wert sein. Für diese Muschi immer.» Er sah Bruce neugierig an. «Schon mal ‘ne Muschi gehabt?»
    «Ein paar Mal.»
    «Magst Ärsche lieber, was?»
    «Im allgemeinen.»
    Jerry schüttelte seinen Kopf. «Versteh’ ich nicht. Ich versteh’ euch Typen nicht. In Muschis gleitet man so leicht rein... verstehste, was ich meine?

Weitere Kostenlose Bücher