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Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallace Hamilton
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verheiratet sein und niemals Kinder haben? Erst ein Typ, dann noch einer, und wieder einer und das sein ganzes Leben lang? Aber vielleicht würde er mit Sam eine lange Zeit zusammenbleiben können. Das war es, was er wollte. Er lag auf seinem Feldbett und durchforstete in Gedanken alle Möglichkeiten. Er könnte seine Siebensachen packen und mitten in der Nacht abhauen. Das war eine Möglichkeit. Aber was würde Sam sagen, wenn er gestiefelt und gespornt in der Tür stände? Und was würde er mit der Schule machen? Könnte er sie wechseln, ohne daß Millie davon erführe? Plötzlich fühlte er sich in dem Netz verstrickt, das ihn mit Millie, seiner Schule, Miss Gotter und der ganzen Welt der Erwachsenen verband. Krampfhaft suchte er nach einer Lösung.
    Angenommen, er ginge die Sache sachte an, gewöhnte Millie an den Gedanken, daß er oft mit ‹Johnny› zusammen sein würde, und würde sich dann ganz allmählich ausklinken? Ja, aber vielleicht würde sie ‹Johnny› treffen wollen, und was würde er dann machen? Er wußte, daß sie niemals Sam treffen sollte. Sie würde dann Bescheid wissen, über ihn und Sam, und würde ihm die Hölle heiß machen und ihn vielleicht sogar ins Erziehungsheim stecken.
    Ihm kam der verrückte Gedanke, daß er einen großen Krach mit Millie herbeiführen und sich so unmöglich benehmen könnte, daß Millie von ganz allein zu Miss Gotter gehen und ihr sagen würde, daß sie mit dem Jungen nicht zurecht käme. Und dann könnte er sagen: Bringen Sie mich bei Sam unter. Aber... was würde Miss Gotter dazu sagen? Und was würde Sam sagen, wenn er es wegen eines 15jährigen Jungen mit dem Sozialamt zu tun bekäme?
    Warum war alles nur so verdammt kompliziert? Wo doch die Sache im Grunde ganz einfach war! Er wollte eben bei Sam sein! Sein ganzer Überlebenswillen kreiste um diesen einen Wunsch und schloß alles aus, was mit der Burkett Street zusammenhing. Warum konnten die Menschen das nicht verstehen?
    Er wälzte die Möglichkeiten zum dritten Mal in seinem Kopf herum, als Dennis die Treppe hochkam; sein Gesicht glühte unter dem wuscheligen Haar. Er stand in der Mitte des Zimmers und schüttelte seinen Kopf. «Mutti ist aber ganz schön auf Touren heut Nacht!»
    «Ich weiß.»
    «Ist sie auch mit dir zusammengerasselt?»
    «Ja.»
    Dennis kam zu Kevins Feldbett rüber. «Du hast es gut. Du kommst ungestraft davon.»
    «Manchmal.»
    Dennis nahm einen von Kevins neuen Schuhen vom Fußende des Feldbettes auf. Er strich prüfend über das Leder. «Ja, wirklich gut. Und dein Freier, der hat ganz schön Geld, was?» Er sah Kevin dabei aufmerksam an.
    Kevin spürte wieder das unbestimmte Gefühl der Angst. «Leg den Schuh zurück, Dennis.»

13. KAPITEL
     
    Bruce saß Amory im Restaurant am Tisch gegenüber und war bemüht, sich nicht wie eine Glucke zu verhalten. Aber innerlich war er besorgt. Amory ernährte sich nicht richtig. In der Tat aß er überhaupt kaum etwas. Er saß nur so da, trank Scotch und Soda und nahm zwischendurch ein Häppchen vom Hähnchenschnitzel.
    Vielleicht machte ihm die Schlägerei im Park zu schaffen. Vielleicht hatte er sich mit einem neuen Liebhaber gestritten. Was immer es auch war, Amory sah erbärmlich aus, und Bruce machte sich seinetwegen Sorgen. Amory hatte nicht soviel zuzusetzen, um nicht beim nächsten Windstoß weggeweht zu werden.
    Auf die Gefahr hin, albern zu klingen, sagte Bruce: «Iß zumindest deinen Rahmspinat.»
    Trotz seiner herunterhängenden Augenlider war Amory beherrscht und würdevoll. «Rahmspinat paßt nicht gut zu Scotch.»
    «Er tut dir gut.»
    «Ach, laß Bruce. Wenn du ein Kind willst, besorg dir eins.»
    Bruces Stimme war frostig. «Ich beabsichtige nicht, ein – wie sagt man am besten – ein ‹Muttertier› zu werden. Iß deinen verdammten Spinat.»
    Amory grinste übers ganze Gesicht. «Ja, Mutti.» Und er aß etwas Spinat und spülte ihn mit Scotch runter.
    Bruce gefiel das alles nicht. Er erwartete irgendeine dumme Bemerkung über die Hafenstraße. Aber nichts kam. Amorys Augenlider senkten sich wieder. Bruce kam sich mehr als je zuvor wie eine Glucke vor.
    Als sie das Restaurant verlassen hatten, legte Amory abstützend eine Hand auf Bruces Schulter. «Ich glaub’, ich nehm’ mir lieber ein Taxi, um nach Hause zu kommen.»
    «Mach dir keine Gedanken. Ich fahr’ dich.»
    «Es liegt nicht auf deinem Weg.»
    «Macht nichts. Na los.»
    In der bedrückenden Dunkelheit des Wagens sagte Amory mit nuschelnder Stimme: «Du brauchst

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