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Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallace Hamilton
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schnell geschehen würde. Die Jahre waren wie im Fluge vergangen und eins nach dem anderen im Nichts verschwunden.
     
    Das Pochen war gedämpft, aber unmißverständlich und schien von der Haustür zu kommen. Bruce blieb einen Moment horchend sitzen und beschloß dann, dem Geräusch nachzugehen. Er ging in die Eingangshalle und öffnete die Haustür. Der Körper fiel herein und sank stöhnend zu seinen Füßen nieder.
    Kevin.
    Sein Gesicht war totenbleich. Schweiß stand auf seiner Stirn. Seine Augen irrten ziellos umher. Aber dann fanden sie Bruces Gesicht. Der Hauch von einem Lächeln huschte über Kevins Lippen. Er murmelte: «Ich hab’s hierher geschafft.» Seine Augen schlossen sich. Sein Körper schien ohne Leben zu sein. Bruce hatte nur den einen Gedanken, Kevin in Sicherheit, in die Wohnung zu kriegen, aber ganz eindeutig hatte Kevin den Gedanken aufgegeben, überhaupt noch irgendwo hinzugehen. Bruce packte den schlanken Körper unter den Armen, zog ihn quer durch die Halle und in seine Wohnung.
    Schlapp und widerspruchslos ließ sich Kevin von Bruce auf das Bett legen. Aber als er erstmal da lag, huschte wieder dieses schwache Lächeln über seine Lippen. Er legte sich auf die Seite, vergrub sein Gesicht im Kissen und seufzte. Ganz offensichtlich hatte er beschlossen, sich nicht mehr von der Stelle zu rühren.
    Bruce war nicht blauäugig. Er wußte, wann er es mit Rauschgift zu tun hatte. Aber nach einem anfänglichen Gefühl der Angst schloß er aus der Tatsache, daß es Kevin von Gott‐weiß‐woher geschafft hatte, zum Gallatin House zu gehen, daß die Folgen des Rauschgiftes sich wohl ziemlich bald verflüchtigen würden. Wie er sich Kevins schmachtenden Körper ansah, hatte er Kevin im Verdacht, etwas zu übertreiben. Es störte ihn nicht. Solche dramatischen Auftritte waren ein Ausdruck von Sehnsucht, und diese Sehnsucht wurde von ihm erwidert.
    Er prüfte die Atmung, die gleichmäßig war. Er prüfte den Puls, der kräftig war. Die Haut war etwas feucht und blaß. Aber Kevin würde überleben. Als er ihn auszog, fragte er sich, in welche schwierige oder aussichtslose Situation Kevin geraten war, daß es ihn zum Gallatin House getrieben hatte, obwohl er doch kaum in der Lage war, überhaupt zu laufen. Warum hierher? Da mußte es doch noch Dutzende anderer Freier geben, die er kannte. Und wahrscheinlich hatte er ja wohl auch so etwas wie ein Zuhause. Waren die Bullen hinter ihm her? Würden sie gegen seine Tür hämmern, bereit, ihn wegen der Beherbergung eines flüchtigen Jugendlichen einzubuchten?
    Während er Kevins Körper mit einer Decke zudeckte, kam ihm der Verdacht, daß nun er übertriebe. Könnte es sein, daß Kevin – geplagt von kleinen Wehwehchen – hierhergekommen war, einfach, weil er gerade hierher kommen wollte? Die entspannte Gelassenheit, die im Licht der Nachttischlampe über seinem Gesicht lag, schien das auszudrücken.
    Bruce saß neben Kevin auf dem Bettrand, und er hatte so eine Ahnung, daß die Tagträume, denen er nachgehangen hatte, auf Gegenseitigkeit beruhten, daß an jenem Abend, an dem sie sich getroffen hatten, irgendetwas mit ihnen geschehen war, das sich erst noch herauskristallisieren mußte, und er war sich nicht sicher, ob das so einfach sein würde.
    War es nicht immer dasselbe mit den Strichern. Bargeld auf die Kralle, und man war sie los. Man bezahlt sie fürs Kommen, gewiß, aber man bezahlt sie auch dafür, daß sie wieder gehen, ohne daß man sich mit irgendeiner Verantwortung belastet. Dieser Vertrag war so einfach. Aber daß nun dieser Junge in seinem Bett lag, war keine einfache Sache. Er hatte das Gefühl, jetzt einen Brandy nötig zu haben.
    Aber als er sich vom Bett erheben wollte, öffneten sich Kevins Augen ganz weit, und er ergriff mit einer Hand Bruces Unterarm.
    «Wo gehste hin?»
    «Einen Augenblick ins Wohnzimmer.»
    Die Hand packte fester zu. «Verlaß mich nicht, Sam.»
    «Ich bin sofort zurück.»
    «Bleib bei mir, Sam.» Ein tiefer Seufzer. «Ich hab’s hierher geschafft.»
    «Ich weiß. Ich komm’ gleich wieder.»
    Bruce schob vorsichtig Kevins Hand beiseite, ging ins Wohnzimmer und kam mit einem Schluck puren Brandy zurück. Was sollte das ewige «Sam» und so. War Kevin so weggetreten, daß er nicht wußte, wo er sich befand? Dann erinnerte er sich daran, diesen Namen zum Schutz seiner Anonymität benutzt zu haben, an jenem Abend, als er Kevin das erste Mal getroffen hatte.
    «Was haste da?» fragte Kevin undeutlich

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