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Jäger der Schatten

Jäger der Schatten

Titel: Jäger der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa de la Cruz
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ihnen hatten kaum die Pubertät hinter sich.
    Mimi wusste natürlich alles über Bluthäuser, schließlich war sie nicht von gestern. Ein Bluthaus war ein Ort, an dem Vertraute, die verlassen worden waren, den Heiligen Kuss mit jedem beliebigen Vampir vollziehen konnten.
    Es war ein widerwärtiger Brauch, denn die Caeremonia war intim und heilig. Sie sollte nicht billig verkauft und verschwendet werden. Eigentlich sorgte der Heilige Kuss dafür, dass sich kein anderer Vampir einen Menschen nehmen konnte, der bereits benutzt worden war. Doch es gab einen uralten, dunklen Zauber, der das Gift entfernte. Es war ein gefährliches Verfahren, das die Menschen schwächte, doch das störte die schmutzigen Geschäftemacher nicht. Ein Bluthaus war der einzige Ort, an den sich nicht nur ehemalige Vertraute zurückziehen konnten. Es war auch ein Ort, der von Blue Bloods geschätzt wurde, denen es egal war, woher ihre Nahrung kam. Unnötig zu erwähnen, dass sie damit gegen den Kodex verstießen und das Ganze absolut illegal war. Die Venatoren gingen sporadisch dagegen vor, doch Bluthäuser auffliegen zu lassen, hatte keine besonders hohe Priorität im Vergleich zu anderen Problemen.
    Es roch nach Blut und Unheil, nach verschwendeter und verbrauchter Liebe. Die Gesichter der ehemaligen Vertrauten waren hohl und leer, ihre Augen wirkten tot und glasig.
    »Du«, sagte Mimi. Ihr wurde übel, als sie das jüngste Mädchen der Gruppe auswählte.
    »Das zweite Zimmer rechts«, bellte die Hausherrin und zeigte zum Treppengeländer.
    Sie liefen durch den Gang. Man konnte die Zimmer kaum als solche bezeichne n – die meisten Wände waren nur Vorhänge, die die Pärchen voneinander trennten. Sie fanden das ihnen zugewiesene »Zimmer« und setzten das Mädchen auf das Bett, das nur aus einer Matratze am Boden bestand.
    »Die leisten sich nicht einmal einen Futon von Ikea.« Mimi verzog den Mund.
    »Du bleibst einfach hier liegen«, sagte Oliver zu dem Mädchen und half ihm, sich hinzulegen. »Schlaf ein bisschen.« Dann wandte er sich zu Mimi um. »Sie dürfen sich hier kaum ausruhen.«
    Mimi nickte. Sie zeigte den gegenüberliegenden Gang entlang. »Du nimmst dir diese Zimmer vor, ich nehme die anderen.«
    »In Ordnung.«
    »Sei vorsichtig«, sagte sie zu ihm.
    »Es gibt hier nichts zu befürchten. Alle sind so weggetreten, sie werden uns nicht mal bemerken«, erwiderte Oliver grimmig.
    »Bist du schon einmal hier gewesen?«, fragte Mimi.
    Oliver antwortete nicht. »Ruf mich, wenn du ihn gefunden hast.«
    Mimi zog den ersten Vorhang zur Seite und fand einen Vampir, der sich gleich an zwei Mädchen satt trank. Alle drei lagen träge ausgestreckt auf dem Bett und umarmten sich. Der Vampir, ein blonder Junge, sah von dem weißen Hals eines der Mädchen auf. »Willst du mitmachen?« Er lächelte. »Sie ist großartig.«
    Mimi zog missbilligend die Stirn in Falten und schloss den Vorhang. In der nächsten Kabine schlief ein Blue-Blood-Mädchen zusammengerollt neben einem menschlichen Jungen. Doch es war nicht Evan, deshalb ließ Mimi die beiden wieder allein. Sie war gerade dabei, den nächsten Vorhang zu öffne n – mal sehen, was sich hinter Nummer drei befindet, dachte sie leicht hysterisc h –, als sie Olivers erbittertes Flüstern hörte, das die stöhnenden und schlürfenden Geräusche kaum übertönte.
    »Hier ist er.«
    Sie rannte bis ans Ende des anderen Ganges. Der Vorhang war zurückgeschlagen und Oliver stand über der schlaffen Gestalt von Evan Howe. Der Junge wurde noch nicht einmal seit einer Woche vermisst und war bereits kaum wiederzuerkennen. Er bestand nur noch aus Haut und Knochen, hatte schmutzige Haare, eingesunkene Wangen und seine Grübchen waren verschwunden.
    Das ist nicht mehr wirklich Evan, dachte Mimi. Nicht mit diesen toten, ins Leere starrenden Augen.
    Wenn zu viele Vampire am Blut eines Menschen saugten, konnte er schizophren werden. Mimi erinnerte sich an den toten Blick des Schafbocks und ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter.
    »Er ist am Leben«, sagte Oliver. »Evan, steh auf.«
    Der Junge setzte sich langsam auf. Er warf Mimi einen anzüglichen Blick zu. »Guten Tag, Schönheit.«
    »Mimi Force.« Sie schüttelte ihm die Hand. »Evan, wir wollen dir ein paar Fragen über Victoria stellen.«
    »Wen?«
    »Victoria Taylor. Dein e … Freundin?«, erinnerte sie ihn.
    »Oh, ja. Vic. Hab sie nicht mehr gesehen. Sie hat mich verlassen.« Durch den Klang ihres Namens kehrte etwas Leben in seine Augen

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