Jäger der Schatten
die Enttäuschung bereits Spuren bei ihm.
»Die EDV-Abteilung konnte den Computer aufspüren, von dem aus das Video ins Netz gestellt wurde«, sagte er. »Wir haben ihn über alle Umwege zurückverfolg t – von hier nach Moskau und zurüc k –, bis wir in einem Internetcafé in East Village gelandet sind. Wir haben eine Liste von den Gästen erstellt, die an dem Nachmittag dort waren, als das Video abgeschickt wurde, und jeden überprüft. Es waren nur ganz normale Red-Blood-Kids darunter, die keinerlei Kontakt zur Vampirgemeinschaft haben.« Er seufzte. »Doch die gute Nachricht ist, dass wir Victoria in der Gedankenwelt erreichen konnten. Sie ist völlig verängstigt, aber noch am Leben. Das Problem ist nur, dass wir ihren Aufenthaltsort nicht bestimmen können. Wir bekommen ihn einfach nicht zu fassen.«
»Vielleicht benutzen sie einen Verschleierungszauber«, warf Mimi ein.
»Wir haben alle Gegenzauber ausprobiert, aber wenn es sich wirklich um einen Verschleierungszauber handelt, dann ist es einer, der uns noch nie untergekommen ist«, erwiderte Ted. Er lehnte lässig am Türrahmen und hatte einen skeptischen Gesichtsausdruck. »Wenn es ein Verschleierungszauber ist, dann hat derjenige, der ihn ausgesprochen hat, dafür gesorgt, dass wir Victoria da nicht rausholen können. Man muss den Bann erst brechen, um an sie heranzukommen. Wir vermuten, dass sie noch immer in dem Zimmer festgehalten wird, in dem das Video aufgenommen wurde. Wenn wir also herausfinden, wo sich dieser Raum befindet, wissen wir auch, wo sie ist. Wir haben das Video unzählige Male abgespielt, um zu sehen, ob es irgendwelche Hinweise gibt, die uns zu diesem Versteck führen könnten.«
»Und, habt ihr was gefunden?«
Ted schüttelte den Kopf und warf ein zerknülltes Stück Papier in den Mülleimer. »Bis jetzt noch nicht. Aber wir haben etwas anderes Interessantes entdeckt. Erinnerst du dich an den Rummel um die unterschwellige Werbung in den Fünfzigern? Nein? Dann warst du zu dieser Zeit in keinem Zyklus. Aber du hast bestimmt davon gehört, oder? Was wir gefunden haben, ist so etwas in der Art, außer dass niemand Cola oder Popcorn damit verkaufen will. Zeig es ihr, Sam. Es kommt gleich am Anfang.«
Sam startete das Video auf seinem Computerbildschirm und die beiden stellten sich neben ihn. Er spielte das Video in extremer Zeitlupe ab, nur ein Dreihundertstel der normalen Bildfrequenz pro Sekunde. Mimi sah, wie der Bildschirm schwarz wurde und für einen kurzen Moment das Foto eines Löwen auftauchte, der ein Weibchen bestieg.
»Es gibt noch mehr«, sagte Sam und ließ den Film schnell vorlaufen. Das nächste Foto erschien mitten in der Partyaufnahme. Es zeigte den Kopf eines Schafbocks, aufgespießt auf einen Pfahl, die toten Augen geöffnet und starr, mit heraushängender Zunge und Fliegen, die um den Kadaver kreisten. Das letzte Bild erschien eine Sekunde bevor das Video endete: eine Königskobra, eingerollt und zum Angriff bereit.
»Und?«, fragte Mimi ungeduldig. Sie rüttelte an den Handschellen und zog sie mit einem lauten Geräusch auseinander. Sie waren auf der Suche nach einem vermissten Mädchen und ihr Ermittlungsteam zeigte ihr Bilder von National Geographic .
»Wir glauben, dass es sich um eine Art Code handelt, eine Botschaft. Wir haben das auch Renfield gezeigt. Vielleicht findet das Archiv eine Erklärung dafür«, antwortete Ted.
»In Ordnung. Ich bin zwar nicht ganz sicher, wie uns das zu Victoria führen soll, aber es kann ja auch nicht schaden.« Mimi stieß sich vom Schreibtisch ab und sah die Jungs an. In ihren Augen würden sie immer Jungs bleiben, denn als Azrael, als eine der Erstgeborenen, war sie Jahrhunderte älter, auch wenn die beiden Unsterbliche waren und zu den Venatoren gehörten, die schon am längsten der Gemeinschaft dienten. »Gibt es noch etwas?«
»Ja«, sagte Sam. »Wir haben Evan Howe gefunden. Oder besser gesagt, wir wissen, wo er ist.«
Mimi legte die Handschellen beiseite. »Weiß er, wo Victoria sein könnte?«
»Das ist fraglich«, erwiderte Sam. »Aber wir haben uns gleich darum gekümmert, nachdem du uns aufgetragen hattest, nach ihm zu suchen. Wir wussten, dass er früher oder später auftauchen würde, wenn er sich von der Caeremonia erholt hat. Du weißt doch, der erste Biss ist immer der schlimmste.«
»Und?«
Ted zog eine Visitenkarte aus seiner Tasche. »Ein Zeuge hat ihn gesehen, wie er in ein Taxi nach Newark gestiegen ist.«
»Newark? Was könnte er dort
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