Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)
fortbringen?«
»Von hier? Natürlich.«
»Gut.« Gabriele Holzner stand auf. »Weil, er hat mein Kind umgebracht, und als Nächstes bringt er mich um.«
»Was hältst du davon?«, fragte Hans Meirich.
Sie standen auf der Straße vor dem heruntergekommenen Haus. Sandy war mit Eddie Holzners Mutter nach Breisach zum Revier gefahren. Thomas Ilic telefonierte mit Marianne Andrele, der zuständigen Staatsanwältin, die offenbar Bedenken hatte. Das Gespräch zog sich hin, und sie hörte, dass Thomas Ilic den Sachverhalt mehrfach schilderte und immer wieder auf die Gefahrenabwehr verwies. Vorrang vor allem anderen habe doch das Leben von Eddie und Nadine, und möglicherweise …
Sie zuckte die Achseln. Was sollte sie davon halten? Sie sah noch immer keine Verbindung zwischen Eddie und Nadine, geschweige denn zwischen Eddies Vater und Nadine. Alles, was sie hatten, waren zwei vermisste junge Menschen aus unterschiedlichen Orten und Schichten und die Behauptung einer Frau, die offenbar jahrelang von ihrem Mann geschlagen worden war.
Zwei Streifenwagen tauchten auf der Durchgangsstraße auf, Kollegen vom Breisacher Revier, die Louise angefordert hatte. Sie fuhren schnell und mit Blaulicht. Kinder liefen hinter den Wagen her, waren schon auf der Brücke. Eine Handvoll Grezhausener stand in zwanzig Meter Entfernung und beobachtete, was da geschah, vor dem Haus der Holzners.
»Nein«, sagte Thomas Ilic schließlich und steckte das Telefon ein. »Kein Durchsuchungsbeschluss. Wir brauchen mehr.«
Ja, dachte Louise seufzend.
Eine Leiche.
Eddie Holzners Vater öffnete erst nach dem sechsten Klingeln. Er trug einen schwarzen Cowboyhut, Shorts und ein T-Shirt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und starrte sie aus geröteten Augen an. In der Hand hielt er eine brennende Zigarette. »Bullen«, sagte er verächtlich. »Und gleich sieben.«
Sie wiesen sich aus.
Eddie Holzners Vater zog an der Zigarette und wartete.
»Können wir uns drinnen unterhalten?«, fragte Louise. Sie roch den Alkohol, spürte die Aggressivität.
Sein Blick glitt gierig über sie. Doch von Blicken ließ sie sich schon lange nicht mehr einschüchtern. Von Männern.
»Sicher nicht.«
»Herr Holzner, Ihr Sohn wurde als vermisst gemeldet, und wir …«
»Herr Holzner.« Eddies Vater lachte. Er taxierte Thomas Ilic und Hans Meirich. »Muss ich mit der da reden?«, fragte er Meirich und nickte in Richtung Louise.
»Müssen Sie.«
Holzner lachte drohend. »Von wem gemeldet?«
»Von unbekannt.«
»Für’n Arsch, unbekannt . Wo ist die Sau? Habt ihr sie weggebracht?«
Louise antwortete nicht.
»Sprechen wir drinnen«, sagte Hans Meirich.
Holzner schnippte die Zigarettenkippe ins Gras. »Ihr kommt mir nicht ins Haus. Verpisst euch.«
»Wir holen uns einen Durchsuchungsbeschluss«, sagte Meirich.
»Für’n Arsch, dein Durchsuchungsbeschluss, du Scheißbulle.« Holzner grinste.
Louise hörte, dass sich Thomas Ilic hinter ihr warnend räusperte. Aber sie wusste, dass er ihr nicht dazwischenfunken würde. »Zwei Möglichkeiten«, sagte sie. »Entweder Sie reden, oder wir nehmen Sie wegen des Verdachts der Entführung zweier Personen in Untersuchungshaft.«
»Ich red nur mit meinem Anwalt.« Holzner rieb sich grinsend über den Bauch. Dann verstand er. »Zwei?«
»Ihr Sohn und eine Studentin aus Freiburg.«
»Bin ich jetzt an allem schuld, oder was? Und dass der Kerl mich umbringen wollte, das zählt gar nicht, wie? Mit einem Stein hat er nach mir geworfen, das kleine Arschloch.« Holzners Stimme war lauter geworden, und er war einen Schritt vorgetreten.
»Bleiben Sie, wo Sie sind«, sagte Louise.
»Scheißbullenschlampe.«
»Reißen Sie sich zusammen, Herr Holzner, sonst reden wir in der …«
Weiter kam sie nicht. Eddie Holzners Vater schlug so schnell zu, dass sie die Bewegung kaum wahrnahm. Aber sie war instinktiv zurückgewichen, und die Faust traf ins Leere. Thomas Ilic zog sie zur Seite, während Holzner vorstolperte. Er fing sich, hob die Hand erneut und begann, wild um sich zu schlagen. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Hans Meirich zu Boden ging, dann waren die Kollegen der Schutzpolizei vor ihr und rangen Holzner nieder. Schreie erklangen, Drohungen und Beschimpfungen wurden ausgestoßen; von wem sie stammten, war nicht zu erkennen.
»Scheiße«, stammelte Hans Meirich undeutlich. Er saß auf dem Hintern und hielt sich den Mund. Blut tropfte auf seine Jacke.
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Bist du in
Weitere Kostenlose Bücher