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Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Jäger in der Nacht: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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die Männer im Allgemeinen und den einen oder anderen im Besonderen.
    Was für eine Familie.
    »Willst du meine Mutter kennenlernen?«
    »Oh«, sagte Ben Liebermann verschlafen.
    »Ist das Bosnisch für ›ja‹?«
    »Nein, für ›ich bin überrascht‹.«
    »Je comprends.«
    »Französisch für ›ich bin enttäuscht‹?«
    »Nein. Für ›wir fahren am Wochenende runter‹.«
    Sie hörte Ben Liebermann leise lachen. »D’accord.«
    »Sie hasst Männer.«
    »Wer nicht?« Ben Liebermanns Bett knarzte und krachte. »Kommst du her?«
    »Nicht jetzt.« Sie erzählte von Grezhausen, von Colmar, nicht alles, nur das Nötigste. Nur so viel, dass Ben Liebermann sich keine Sorgen machte.
    Er machte sich Sorgen. Wollte ins Auto steigen, bei ihr sein, wie im November unten in Kroatien und Bosnien. Da hatte er, dachte sie, geholfen und gestört. Er hatte einen anderen Rhythmus gehabt als sie, andere Vorstellungen, hatte sich verpflichtet und ermächtigt gefühlt, ein wenig aufzupassen. Restbestände einer Gesellschaftstradition, in der die Frauen tun und lassen konnten, was sie wollten, am Ende aber doch immer die Männer brauchen sollten, damit es gut ausging.
    Doch er war auf einem vielversprechenden Weg. Hatte ihre Art, mit den Dingen umzugehen, akzeptiert, vor allem, dass sie über ihr Leben und ihr Tun entschied, niemand sonst.
    Schon gar nicht ein Mann.
    »Schlaf weiter, Ben.«
    »Ich wäre in einer halben Stunde da.«
    »Werd nicht lästig.«
    Ben Liebermann schwieg.
    »Du machst deinen Job, ich meinen. Wir sehen uns spätestens um Mitternacht.«
    »Kann ich mir was wünschen?«
    »Nein. Was?«
    »Heute mal ´Cevapc?ic´i.«
    Sie lachte.
    Im selben Moment hatte sie den Tuniberg passiert, war der Blick auf die Vogesen frei, die in der Ferne jenseits des Rheins stumm im Sonnenlicht lagen. Ein seltsames Gefühl flackerte für den Bruchteil einer Sekunde in ihrem Bauch auf, ein fremdes Gefühl, das sich klotzig und sperrig und unangenehm anfühlte da unten, so selten kam es vor, so unbeholfen machte es sich da gerade breit, um gleich wieder zu verschwinden.
    Die Vogesen und Ben Liebermann …
    Für einen Nanomoment war sie glücklich gewesen.
    Dann war wieder alles beim Alten, und vielleicht war das ja auch besser so. Das Alte war man wenigstens gewohnt.

    Als sie die Autobahn bei Bad Krozingen verließ, rief Thomas Ilic an. »Wo bist du?«
    Auch Thomas Ilic tendierte in diesen Tagen auf seine Weise dazu, lästig zu sein.
    Sie behalf sich mit einer Notlüge. In Grezhausen nachsehen, was die Suchtrupps so trieben, ein paar Kollegen für die Durchsuchung bei den Ettingers organisieren. So was halt.
    »Ah«, sagte Thomas Ilic zweifelnd.
    »Und du?«
    Er stand vor der Polizeidirektion und wartete auf Sandy. Sie würden, sobald die Genehmigung für die Durchsuchung vorlag, zu Haberles Praxis fahren, er und Sandy.
    Louise lächelte. »Sei nett zu ihr. Sag was Nettes über ihre Zöpfe.«
    Thomas Ilic lachte ohne Begeisterung. »Irgendwas ist im Busch. Rolf benimmt sich … merkwürdig.«
    »Wir haben zwei Morde. Soll er sich freuen?«
    »Na ja«, sagte Thomas Ilic zweifelnd.
    Sie schwieg. Illi, der Lieblingskollege, dem sie im letzten Jahr so viel zugemutet hatte. Dem sie so viel verdankte, unter anderem Ben Liebermann. Da hatte er seine Karriere aufs Spiel gesetzt, um ihr dabei zu helfen, ihre Karriere aufs Spiel zu setzen. Jetzt belog sie ihn. Fragte sich, ob er …
    Undenkbar.
    »Ach, Illi.«
    » Ihr benehmt euch merkwürdig.«
    Konsequenz, dachte sie, das war es doch, was sie auszeichnete, wenn es überhaupt etwas gab. Konsequenz dabei, zwischen den Paragraphen, Vorschriften, Regeln, Formalitäten, den starren Rastern aus Vernunft und Grenzen selbst zu entscheiden, was sinnvoll und notwendig war. Den Menschen, mit denen sie zu tun hatte, ein bisschen anders zu begegnen als immer nur hinter einer Funktion, einer Berufsbezeichnung versteckt.
    »Einer von den Tätern ist bei uns.«
    »Bei uns? Bei der Polizei?«
    »Bei der Kripo.«
    Für einen Moment herrschte Stille. Dann sagte Thomas Ilic: »Würde mich nicht wundern. Ich meine, schau dir die Typen doch an.«
    »Welche Typen, Illi?«
    »Ich mein ja nur. Die ganzen Schnurrbartträger und Machos und Halbaffen. Und du bist sicher?«
    »Ziemlich.«
    »Wer weiß davon? Rolf?«
    »Und Alfons und jetzt du. Und Almenbroich. Ich war heute früh bei ihm. Der Halbaffe Almenbroich, du erinnerst dich.«
    »Ah. Als du ›verschlafen‹ hast.«
    Sie schwiegen.
    Louise hatte Hausen an der

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