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Jäger und Gejagte

Jäger und Gejagte

Titel: Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nyx Smith
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summe ein Fliegenschwarm beständig um ihren Kopf herum. Sie will aufstehen und erneut brüllen, erkennt jedoch, daß es keinen Sinn hätte. Die Komverbindung funktioniert nur einseitig. Sie ist völlig abgeschnitten. Nichts, was sie tun könnte, würde eine sichtbare Wirkung haben.
    »Ich frage mich, ob du weißt, wie viele du umgebracht hast.«
    Tikki bleckt die Zähne und imitiert ein menschliches Lächeln.

57
     
    Als die U-Bahn aus dem Tunnel unter dem East River hervordonnert, wechselt die Welt hinter den drekverschmierten Fenstern des Zuges von Schwarz zu verschiedenen Braun- und Grautönen.
    Bandit betrachtet die dunklen Wolken, die vorbeihuschenden Häuser, die Menschenmenge, die sich in den U-Bahn-Wagen gequetscht hat. Alles, was er sieht und hört, verstärkt seine Befürchtungen. Der Nachmittag ist düster geworden. Die Stadt trägt die Narben und offenen Wunden von Jahrzehnten der Vernachlässigung und des heftigsten Mißbrauchs. Die Leute in seiner unmittelbaren Nähe bemühen sich, ihre Angst und Nervosität zu zügeln.
    Gefahr ist im Verzug. Bandit spürt sie förmlich warten, lauern, vielleicht hinter der nächsten Ecke. Bei Amys Problem geht es um viel mehr als nur darum, daß gewöhnliche Pinkel ihren Konzern betrügen.
    Der Zug fährt rumpelnd und kreischend in den Bahnhof Smith Street ein. Ein kurzer Spaziergang führt Bandit in die Brooklyner Hafengegend. Er biegt in eine Gasse zwischen zwei alten Häusern aus Ziegeln und Mörtel ein. Auf halbem Weg inmitten gärender Abfallhaufen und weggeworfener Überreste vergangener Generationen gelangt er zu einer Tür.
    Im Schatten der Tür steht eine große Gestalt, ein Ork. Sein Name lautet Grinder. Er folgt Hai. Sein Gesicht ist so hart und ausdruckslos wie ein Nagel. Sein Mantel ist lang und schwarz. Die in seinen Taschen verborgenen, auf der Astralebene jedoch deutlich sichtbaren Fetische glühen vor Macht. Seine Stimme klingt flach und monoton, als er sagt: »Warum bist du gekommen?«
    Bandit erwidert: »Ich muß mit dem Alten reden.«
     
    »Gefahr ist im Verzug.«
    »Ja.«
    Ein Augenblick verstreicht.
    »Du darfst eintreten.«
    Die Tür schwingt geräuschlos auf Angeln nach innen, die vor Schmutz und Schmier schwarz sind. Die Tür und die umliegenden Mauern sind mit mächtigen Schutzvorrichtungen versehen. Ein Schritt hinter der Schwelle befindet sich eine weitere Tür und links davon eine schmale Treppe. Diesen Ort ungebeten zu betreten, hieße selbst für jemanden wie Bandit, den sicheren Tod herauszufordern.
    Bandit wendet sich nach links und geht die Treppe hinauf. Er war erst ein paarmal hier, aber er weiß, daß es hier viele Geheimnisse und unzählige interessante und wertvolle Gegenstände gibt. Die Versuchung, diese Geheimnisse zu erforschen und vielleicht sogar gewisse Dinge mit in sein Medizinzelt zu nehmen, sie dort zu untersuchen und herauszufinden, was es herauszufinden gibt, ist groß, aber Bandit weiß, daß er ihr widerstehen muß. Diejenigen-Die-Wachen würden ihn sofort erwischen, wenn er auch nur die Hand ausstreckte. Auf lange Sicht wird er mehr erfahren, indem er sich in Geduld faßt.
    Vier Etagen höher endet die Treppe vor einer schmalen Tür. Bandit greift nach der Klinke, doch die Tür schwingt nach innen, bevor er sie berührt.
    Hinter der Tür befindet sich das Dach, das vielleicht fünfzehn Meter breit und doppelt so lang ist. Am Ende des Dachs steht eine kleine Baracke, die aus Einzelteilen von Makroplastkisten zusammengesetzt worden zu sein scheint. Die Baracke hat nur ein halbes Dach und drei Wände. Das Innere leuchtet im weichen orangefarbenen Schein eines kleinen Feuers. Eine Rauchfahne erhebt sich von dem Feuer in den dunklen bewölkten Himmel.
    Von innen sind die drei Wände der Baracke mit Fellen, Trommeln, Messern, Stäben aus Knochen, Masken und Medizinbeuteln behängen. Die Truhen und Kisten an der hinteren Wand sind mit allen möglichen Fetischen gefüllt: Mineralien, Kräutern, Tierteilen, Stücken von Fellen, Federn und Haaren, kleinen Steinen, Zweigen, Kristallen und mehr.
    Alter Mann sitzt mit gekreuzten Beinen auf einem kleinen Läufer mit dem Gesicht zum Feuer im hinteren Teil der Baracke. Sein dünnes graues Haar fällt ihm über die Schultern. Seine Kleidung scheint aus echtem Leder zu bestehen. Er trägt Halsketten und Perlen und Knochen und sieht vage amerindianisch aus. Das Medaillon an seinem Halsansatz hat Ähnlichkeit mit einem schwarzen Vogel. Es ist Rabe, der Umgestalter, der lebende

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