Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
Genen kodiert sind, welche,
wie ich glaube, ursprünglich aus den Chromosomen der
Mitochondrien stammen. Hades dockt an. Das Hades- Protein zieht Tage oder Wochen nach unserer Geburt eine
molekulare Uhr auf. Mit jedem Ticken der Uhr erhöhen die
Bakterien die Menge von Hades, die sie in unser Gewebe
einlagern. Hades verändert die Arbeitsweise der
Mitochondrien – es blockiert sie und bringt sie dazu, ATP
weniger effizient umzuwandeln. Wir akkumulieren die daraus
resultierenden Oxydantien und freien Radikale, Nebenprodukte der
Atmung, die unsere DNS schädigen. Unsere Zellen können den
Schaden nicht reparieren. Nach und nach verlieren wir unsere
jugendliche Spannkraft und werden alt.«
    Montoya hob die Hand und rieb über einige kleine braune
Flecken auf ihrem Rücken. »Altersflecken«, stellte er
fest. »Und ich bin noch gar nicht so alt. Und was haben die
Bakterien davon?«
    »Auf die wartet ein Topf voll Gold. Schließlich werden
wir so schwach und sind so voller genetischer Fehler, dass irgendeine
Krankheit oder der Krebs uns den Rest gibt. Dann feiern die Bakterien
eine Fressorgie. Sie schlemmen wie Vasallen, die einen toten
König verspeisen.«
    »Mein Gott«, stöhnte Montoya und ballte seine Hand
zur Faust.
    »Das ist in groben Zügen der Inhalt der Arbeit, die ich
in ein paar Monaten veröffentlichen werde – die
Kommunikation zwischen E. coli und Mitochondrien in
menschlichen Darmzellen. Die Information über Hades werde
ich vorerst beiseite lassen.«
    »Wir könnten doch alle unsere Bakterien einfach
töten. Sie durch Bestrahlung ausrotten – oder etwas in der
Art. Und in steriler Umgebung leben.«
    »Das hat man bereits im neunzehnten Jahrhundert versucht,
aber es funktionierte nicht«, sagte ich. »Es ist nun mal
eine unumstößliche Tatsache, dass wir dazu bestimmt sind,
zu sterben. Die molekulare Uhr fungiert auch als eine Art
Sicherheitsschalter, der dafür sorgt, dass die physiologischen
Abläufe nicht unterbrochen werden. Wir altern auch ohne
Bakterien – nur schneller. Eine bestimmte Menge von Hades kann uns in zweifacher Weise dienlich sein: Wenn wir aktiv und
produktiv sind, kann sie die molekulare Uhr sogar zurückstellen.
Außerdem ist uns Hades dabei behilflich, genetische
Schäden zu reparieren. Ohne Hades treten unter
Umständen alte Viren in unserer DNS in Erscheinung und
bekämpfen unser Immunsystem. Wir sind anfälliger für
Krebs oder Autoimmunkrankheiten. «
    »Das gleicht ja einer Zeitbombe«, sagte Montoya.
»Furchtbar. Ich nehme an, Sie haben eine Möglichkeit
gefunden, diese Bombe zu entschärfen?«
    »Ich bin nah dran. Die Lösung ist nicht einfach, es geht
nämlich darum, den Bakterien beizubringen, die genau richtige
Menge von Hades-Proteinen zum richtigen Zeitpunkt in unsere Zellen zu
pumpen – nicht zu viel und nicht zu wenig. Und wir müssen
die verräterischen Signale von unseren Mitochondrien an die
Bakterien blockieren. Ich bin ziemlich sicher, dass ich unsere
partnerschaftlichen Bakterien mit ein paar Tricks dazu bringen kann,
unsere molekularen Uhren zurückzudrehen. Und dann leben wir
länger – vielleicht sehr viel länger.«
    Montoya ballte seine Finger erneut zur Faust und presste die
Lippen mit einer, wie es schien, gewissen Befriedigung aufeinander.
»Warum sich gegen die Weisheit der Natur wenden?«, fragte
er leise und fixierte mich mit offenem Blick. »Warum sollten wir
länger leben, als die Richter es uns
zugestehen?«
    »Wir sind inzwischen schon recht selbstständige Kinder.
Wir haben gelernt, Feuer zu machen. Wir haben Antibiotika entwickelt.
Haben die Bakterien uns erlaubt, zum Mond zu fliegen? Wir sind so
weit, unser Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und
Verantwortung zu tragen. Zur Hölle mit den alten
Gewohnheiten.«
    Montoya grinste. »Ich hab noch nie versucht, wie ein
Bakterium zu denken.«
    »Ich tue das ständig«, erwiderte ich. »Es ist
sehr aufschlussreich.«
    Montoya verzog das Gesicht. »Eine völlig neue
Betrachtungsweise der menschlichen Existenz«, bemerkte er.
»Es macht mich ganz schwindlig.«
    »Nicht völlig neu.« Ich griff in meine Tasche und
zog eine Namensliste der Forscher heraus, deren Arbeiten mir geholfen
hatten. »Für diese Kollegen hier wird es in den
nächsten zehn Jahren jede Menge Nobelpreise hageln.« Ich
ging damit natürlich erneut ein Risiko ein, aber ich würde
nicht für einen Mann arbeiten, der ständig auf der Suche
nach jemand noch berühmterem war. Montoya musste davon
überzeugt werden, dass ich

Weitere Kostenlose Bücher