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Jäger

Jäger

Titel: Jäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Ausgaben in unserer Steuererklärung. Man
fängt an, jedem zu misstrauen, und irgendwann gesellt sich auch
noch die Paranoia hinzu und nimmt schließlich ganz von einem
Besitz. Es kann jederzeit wieder passieren! Gewöhnliche Leute
überall dort draußen warten nur darauf, dass die Orgie
beginnt. Sie lecken sich die Lippen und warten darauf, dass der Hass
sein Haupt hebt.
    Wenn Sie die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts lange genug
studieren, möchten Sie nicht mehr ohne Waffe auf die
Straße gehen.«
    Ich streckte die Arme aus und wedelte einen Moskito fort. Alte
Leute haben eine dünne Haut. Die Nachbarn dreihundert Meter
weiter die Straße hinunter hatten einen Teich mit japanischen
Zierkarpfen im Garten, für Moskitos ein Paradies. »Wie dem
auch sei«, bemerkte ich und leitete zu dem über, was ich
eigentlich sagen wollte: »Banning ist vom Geist Adolf Hitlers
besessen. Im übertragenen Sinn, meine ich.«
    »Ich glaube, er würde Ihnen in diesem Punkt Recht
geben«, erwiderte Cousins. Er hatte einen blauen Rucksack
mitgebracht, der bis oben voll gestopft war. Jetzt kramte er darin
herum.
    Ich betrachtete den Rucksack mit vager Sehnsucht, obwohl mir
bereits klar war, dass Cousins nicht der Typ war, der meinen
Problemen ein Ende setzen würde. Er zog keine Luger aus dem
Rucksack, sondern ein Bilderbuch mit dem Titel Blondi, der
Schicksalshund. Ich hatte es schon mal gesehen – in einem
Korb mit Sonderangeboten bei Wahrenbrock in San Diego, auf
fünfundzwanzig Cent reduziert.
    »Das hat Silk aus Banning gemacht«, erklärte
Cousins. »Er weiß gar nicht, wie verrückt er ist. Und
ich kann es ebenso wenig beurteilen.«
    Ich las das Impressum. »White Truth Press, Ojai, Kalifornien.
UFO-Opfer und Möchtegern-Arier. Erbärmlich.«
    »Aber das, woran ich interessiert bin, ist durchaus ernst zu
nehmen«, sagte Cousins. »1990 ist Banning in den
staatlichen Archiven auf bestimmte Akten gestoßen. Als er in
einer Zeitschrift von meinen Forschungen las, hat er mit mir Kontakt
aufgenommen. Sein Material war so interessant, dass ich ihn
aufsuchte. Seitdem sind viele merkwürdige Dinge
passiert.«
    Ich starrte ihm ein paar Sekunden lang ins Gesicht, so lange, dass
er allmählich nervös wurde.
    »Hören Sie«, sagte ich. »Ich habe Die Akte
Odessa gelesen. Ich wünschte, ich hätte das Buch selbst
geschrieben, dann wäre das Haus um einiges schöner.« Und vielleicht hätten wir uns eine bessere medizinische
Betreuung von Janie leisten können. »Aber ich halte
nicht viel von all den Verschwörungstheorien rund um die Nazis.
Und ich habe was dagegen, wenn wirkliche Gräuel mit
Skinhead-Fantasien trivialisiert werden.«
    Cousins wirkte geknickt, ließ sich jedoch nicht aus dem
Konzept bringen. »Es geht nicht um Nazis und auch nicht nur um
Kommunisten. Es geht um Biologen, um einige der klügsten
Köpfe auf der Welt. Um Wissenschaftler, die auf ihre Weise
Pioniere waren. Und es ist für mich wirklich sehr wichtig, Mr.
Bridger.«
    »Ben«, sagte ich.
    »Ich brauche lediglich eine Bestätigung für gewisse
Informationen. Das ist alles, worum ich Sie bitte. Ein wenig Hilfe
von dem Mann, der mich Geschichte gelehrt hat, als ich noch ein Junge
war.«
    Er klang überaus offen und aufrichtig. Und ich wollte nicht
allein im Haus herumsitzen. In der Küche spukte es, da war ich
mir sicher. Vielleicht war hier ja ich der Verrückte.
Außerdem erinnerte mich Cousins an meinen Sohn, der mir
wirklich sehr fehlte.
    »Einverstanden«, erklärte ich schließlich
seufzend. »Wir haben eine halbe Stunde, dann muss ich zu
Bett.«
    •
    Cousins erzählte mir, dass er Forschungen über
Lebensverlängerung betreibe. Sein Ziel sei die unbegrenzte
Lebensspanne für uns alle. Er habe einige Aufsätze
veröffentlicht und mit zwei pharmazeutischen Unternehmen
Verträge zur Entwicklung eines Präparats abgeschlossen, das
Hautkollagen wieder auffrische. Es klang durchaus vernünftig.
Biologie ist eine brandheiße Sache, habe ich mir sagen
lassen.
    Dann trat Rudy Banning in sein Leben. In einem Brief hatte er
angefragt, ob Cousins von Forschungen gehört habe, die in den
Dreißigerjahren in der Sowjetunion durchgeführt worden
seien.
    »Ich schrieb Banning und fragte ihn, was er selbst
darüber wisse. In seiner Antwort behauptete er, Wissenschaftler
in Russland seien beim Extrahieren von Substanzen aus primitiven
Organismen über so etwas wie die Unsterblichkeit des Menschen
gestolpert. Sie hätten dabei gleichzeitig auch einige
höchst effektive

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