Jaegerin der Daemmerung
ins Gesicht geschrieben. Sie wirkte sogar ein wenig geschockt, so als hätte sie nicht erwartet, über die körperlichen Freuden hinaus etwas zu empfinden. Und schon gar nicht von einer derartigen Intensität. Es überraschte ihn immer wieder, dass eine furchtlose Kriegerin wie Ivory völlig unsicher war, wenn es um ihre Gefühle als Frau ging.
Er legte eine Hand an ihre Wange und fuhr mit der Daumenkuppe über ihre sanfte Haut. Im nächsten Moment erstarrte er.
Ivory, sieh dir deine Haut an.
Die wulstigen und knallroten Narben waren weiß und schmal geworden. Sie waren nicht völlig verschwunden, unterteilten ihren Körper noch immer in einzelne Segmente und würden nie ganz verschwinden, aber sie waren nahezu unsichtbar, eher ein Teil ihrer Haut als Narbengewebe.
Ivory berührte eine der Linien oberhalb ihrer Brüste. Das muss mit dem Heiler, dem karpatianischen Blut und dem Erdreich zusammenhängen. Unglaublich. Ich dachte schon, die scheußlichen Narben würden mich auf ewig entstellen.
Sie waren nicht scheußlich. Er neigte den Kopf und fuhr mit den Lippen über eine glatte weiße Linie, die ihren Körper in der Mitte teilte.
Ivorys Schoß zog sich zusammen. Sie wurde feucht. Die Berührung seines Haars auf ihrer Haut war die pure Sünde. Wie kam es, dass er so viel Macht über sie hatte? Indem er sich in ihr Herz gemogelt hatte, sodass sie sich schwach fühlte, wenn er ihr so nah wie jetzt war? Und das nach all den Anstrengungen, niemanden zu nah an sich heranzulassen, sondern nur das eine Ziel zu verfolgen: Xaviers Vernichtung.
Sie spürte, wie sich ihre Finger in den silbrigen Strähnen seines dunklen Haars bewegten. Das Dunkle darin ließ seine Augen kobaltblau erscheinen, während die weißen Strähnen ihn älter erscheinen ließen, mehr distinguiert als die meisten karpatianischen Männer. Sie fasste ihr Haar in ihrer Hand zusammen und ihr düsterer Blick glitt über sein Gesicht.
Razvan war so gelassen. Tief in seinem Innersten, wo eigentlich Wut hätte regieren müssen, nach allem, was ihm zugestoßen war, stieß sie nur auf Ruhe und Gelassenheit. Und obwohl sein Wille derart eisern war, wie sie es noch nie bei einem Krieger erlebt hatte, unternahm er nie den Versuch, ihn anderen aufzuzwingen. Seine hungrigen Augen sahen sie an, als wäre sie eine Göttin von unbeschreiblicher Schönheit. Sie konnte spüren, wie sein Körper sich nach ihr verzehrte, aber er hatte sich ihr nicht aufgedrängt. Er stellte keine Forderungen. Er war ein Felsen, den sie überraschenderweise friedvoll und sexy fand.
Sie standen so dicht beieinander, dass kein Haar mehr zwischen sie gepasst hätte. Sie konnte gar nicht sagen, wer an wen herangerückt war, aber sie musste ihn noch einmal schmecken. Sie wollte seine Hitze spüren und wie seine Zunge an ihrer entlangglitt, ein Feuerwerk in dem Moment auslösend, in dem sie sich berührten. Ihr Herz schmolz dahin, und ihr Magen schlug Purzelbäume. Ihr war klar, dass sie mit dem Feuer spielte, doch als sein Haar so verführerisch über ihre Haut strich und sein Körper hart und heiß wurde, während in seiner Seele nichts als Frieden existierte, ließ sie sämtliche Ängste hinter sich und gab sich dem sengenden Verlangen hin, das durch ihre Adern floss.
Sie hob ihre Lippen den seinen entgegen. Einen Augenblick lang schien die Welt in Flammen aufzugehen, sich von ihnen wegzubewegen und außer Kontrolle zu geraten. Sie brannten füreinander, heiß und wild, ihre Münder und ihr Bewusstsein verschmolzen miteinander, ihre Herzen schlugen im selben Takt.
Ihr war nicht bewusst gewesen, wie groß ihre Einsamkeit all die Jahre tatsächlich gewesen war. Bis sein Mund über ihren strich, ihn eroberte. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass ihr Körper so lebendig sein konnte, bis seine Finger damit begonnen hatten, sie so ehrfürchtig zu berühren, als wäre es unbedingt notwendig, sich an jeden Zentimeter ihres Körpers erinnern zu können. Ihr war nicht klar gewesen, wie groß ihre Angst davor war, wieder einmal jemanden zu verlieren.
Als Ivory zurückweichen wollte, umfingen Razvans Hände sie und hinderten sie daran. Unfähig, ihm in die Augen zu blicken, legte sie ihre Stirn an seine Schulter.
Ich hatte ja keine Ahnung, was für ein Feigling ich bin.
Razvan stieß ein leises Lachen aus. Du bist alles andere als ein Feigling, hän ku vigyáz sielamet - Hüterin meiner Seele. Du bist eine höchst außergewöhnliche Frau. Seine Lippen strichen über ihr Haar, verharrten dort
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