Jaegerin der Daemmerung
schrie danach, sich Ivory zu schnappen und mit ihr gemeinsam an die Oberfläche aufzusteigen, doch die Flammen waren längst vor ihnen auf dem Weg nach oben. Dabei fraßen sie sich in jedes Loch, jeden Tunnel und jeden noch so kleinen Spalt, den die Fledermäuse gebaut hatten. Es fühlte sich an, als ob sie auf ewig im Zentrum eines Vulkans gefangen wären. Er unterdrückte das Bedürfnis, Luft zu holen, auch wenn sich sein Körper noch im Molekülzustand befand.
Obwohl er wusste, dass es so gut wie sinnlos war, hüllte er Ivory ein in dem Versuch, sie vor der größten Hitze abzuschirmen. Als die Flammen erstarben, begannen sie mit dem Aufstieg an die Erdoberfläche.
Komm möglichst in unmittelbarer Nähe der anderen heraus. Ich werde sie vorwarnen. Gemeinsam setzen wir unseren Kampf dort oben fort. Es wäre sinnlos gewesen, sie zu bekämpfen, ohne vorher ihren Bau ausgeräuchert zu haben.
Noch nie in seinem Leben hatte Razvan einer anderen Person so viel Bewunderung entgegengebracht. Sie tat, was getan werden musste, ohne auch nur einen Gedanken an ihre eigene Sicherheit zu verschwenden. Obwohl sie gerade erst einen Angriff von fleischfressenden Fledermäusen hinter sich gebracht hatte, zögerte sie keine Sekunde, sich mit kühlem Kopf in den nächsten Kampf zu stürzen. Plötzlich öffnete sich in seinem tiefsten Inneren eine Tür, und mit einem Mal war er bereit, sein Schicksal anzunehmen. Er war für diese Frau bestimmt. Er war ein geborener Drachensucher, ein Kämpfer - und nicht das grausame Monster, zu dem Xavier ihn hatte machen wollen.
Freudige Erregung erfasste ihn, als er durch die letzte Schicht verbrannter Erde preschte, wo er sogleich von schnappenden Mäulern und Feuerregen empfangen wurde. Nie zuvor in seinem Leben hatte er sich so lebendig und frei gefühlt. Mit jeder Hand fing er eine Fledermaus, schlug ihre Köpfe aneinander und warf sie beiseite. Wie unter der Erde wurden sie auch hier von allen Seiten angegriffen und auch hier brachen sie fast unter dem Gewicht der Fledermäuse zusammen, die ihr Bestes gaben, sie bei lebendigem Leib aufzufressen.
»Beschütze Gary. Hüll dich in eine luftdichte, hitzebeständige Blase«, sagte Ivory und warf Razvan eine weitere Granate zu.
Das Wissen, ihr Partner zu sein, hatte etwas ausgesprochen Befriedigendes. Er war der Einzige, den sie an ihrem Kampf teilhaben ließ. Ihn, ihren wahren Gefährten. Sie hatte ihn zu ihrem Partner gemacht. Sie vertraute ihm mehr als den anderen, und das, obwohl er lange nicht über die Kampferfahrung wie sie verfügte. Seit seiner Trennung von seiner Schwester war es das erste Mal, dass ihm jemand sein Vertrauen schenkte.
»Wehrt alle ab, die versuchen, euch zur Hilfe zu eilen. Dies ist der einzige Weg, den ich kenne, um eine Kolonie wie diese auszurotten.« Sie wusste, dass die anderen die aus dem Boden austretenden Rauchfahnen und die Hitze gespürt hatten. »Ihr werdet gleich etwas erleben, das euch so noch nicht widerfahren ist.« Ihr Blick glitt zu Gary, der in der Mitte der anderen stand und heldenhaft kämpfte. Ihm war anzusehen, dass er den Umgang mit Karpatianern gewohnt war und wusste, dass er sich auf seine Freunde verlassen konnte.
»Die Viecher reißen sie auseinander«, rief Razvan ungehalten. »Tut, was sie sagt. Sofort!«
Der Anblick, wie die Fledermäuse ihre Arme und Beine zerfleischten, schmerzte ihn mehr, als er es je für möglich gehalten hätte. »Zieh den Zapfen heraus und beginne zu zählen.«
»Hülle sie ein, Gregori«, wiederholte Ivory. »Ihr dürft nicht atmen. Für Gary musst du das übernehmen, und sorg dafür, dass kein Wild in die Nähe kommt, falls du kannst.«
»Tu es«, befahl Mikhail.
Kaum hatten sie die Zapfen gezogen, entwich zischendes Gas. Razvan würdigte die anderen keines Blickes, hatte nur Augen für seine tapfere, stoisch dreinblickende Ivory. Er spürte nicht einmal die scharfen Zähne, die an ihm rissen. Für ihn gab es in diesem Moment nur Ivory. Mit einem zaghaften Lächeln und einem weichen Ausdruck in den Augen zählte sie, bis beide die Granaten mitten in die wogende Masse warfen.
Obwohl Razvan wusste, was ihn erwartete, erschien ihm die Explosion schlimmer als die in der Höhle. Eine pilzartige-orangefarbene Wolke schoss in den Himmel. Die Druckwelle, schwer wie ein Berg aus Felsen, raste durch sie hindurch.
Das Gefühl, etwas verändern zu können, ein gewaltiger Drang, um etwas zu kämpfen, mit einem Körper, der ihm ganz allein gehörte, durchströmte
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